U-Ausschuss: "Totschnig ist in meinen Augen kein Anzeigenkeiler"
Wenn der Wiener Bezirkspolitiker Johannes Pasquali heute, Mittwoch, im parlamentarischen ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss aussagt, dann sind vorab zumindest zwei Dinge klar: Mit Pasquali wird eine der zentralen Auskunftspersonen in der Inseraten- und Umfragen-Affäre vorstellig; und zweitens: Im Unterschied zu anderen Schlüsselfiguren hat Pasquali schon jetzt einen materiellen Preis für die Affäre bezahlt.
Gleich zu Beginn stellte er klar, dass gegen ihn noch ermittelt werde, er zu en betreffenden Causen also nichts sagen werde. Aber: „Ich habe niemals Kenntnis von allfälligen Sschfremden Vereinbarungen gehabt“, hielt er fest.
Entsprechend wenig ergiebig war die Befragung. Bei der Vergabe von Inseraten habe man sich stets an dierechtlichen Vorgaben gehalten, sagt Pasquali. Was er meint: Entgeltliche Schaltungen eines Ministeriums dürfen nur zur Deckung des Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit erfolgen.
Warum man nach fünf Jahren Pause plötzlich wieder in der Bauernzeitung inseriert habe (Direktor des Bauernbundes war damals der nunmehrige ÖVP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig) weiß Pasquali nicht. Er sei nur ausführendes Organ gewesen. Mit Toschnig sei er zwar Mittagessen gewesen, um Inserate sei es dabei aber nicht gegangen. „Toschnig ist in meinen Augen kein Anzeigenkeiler“, sagt Pasquali.
Vor dem gefallenen Beamten war Sektionschef Dietmar Schuster ins Parlament geladen. Der Sektionschef ist dem eigentlichen Auslöser der Chat-Affäre, Ex-ÖBAG-Boss Thomas Schmid, als Generalsekretär im Ministerium nachgefolgt.
Generell merkte Schuster an, wie viele hundert Mittelverwendungsüberschreitungen, Budgetzubuchungen und Einvernehmensherstellungsakte pro Jahr über seinen Schreibtisch gingen. Angesichts dieser Informationsflut sei es seine Aufgabe gewesen, die grundsätzliche Plausibilität von Themen und Forderungen zu hinterfragen. Darauf angesprochen, dass PR-Ausgaben von 2015 bis 2020 von knapp 3 auf mehr als 13 Mio. Euro gestiegen seien, nannte er die ihm gelieferten Begründungen: Die Kommunikationsabteilung habe sich auf Informationsverpflichtungen berufen, es habe ein Doppelbudget gegeben und auch die Covid-Maßnahmen spielten hier mit.
Zum "Beinschab-Österreich-Tool", also jenem Instrument, durch das mutmaßlich auf Kosten des Finanzministeriums dem damaligen ÖVP-Aufsteiger Sebastian Kurz dienliche Umfragen in der Tageszeitung "Österreich" platziert wurden, betonte Schuster, er habe den Namen Beinschab erstmals anlässlich der Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Oktober 2021 gehört. Er verwies auf die in der Folge vom Ministerium unter Magnus Brunner (ÖVP) gezogenen Konsequenzen - inklusive der Auflösung seines eigenen Generalsekretariats.
Von Neos-Mandatarin Stepahnie Krisper wurde Schuster dann unter anderem zur Besetzung der Leitung für das Amt für Betrugsbekämpfung befragt. Schuster war damals in der Begutachtungskommission. Eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums (BMF) hatte bei der WKStA ausgesagt, dass Bewerber aus politischen Grünen vorgezogen wurden, und Schuster wollte, dass eine Bewerberin zum Rückzug ihrer Bewerbung überredet werden sollte.
Das weise er aufs Schärfste zurück, entgegnete Schuster.
Bei der Befragung durch SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer war dann zu erfahren, dass man im BMF "ein Thema hat, gute Mitarbeiter zu finden". Nach der Hausdurchsuchung am 6.10. 2021 wollten nämlich sechs Personen aus dem Kabinett in Schusters Sektion wechseln, drei sind tatsächlich gwechselt. "Haben Sie für diese Stellen damals Personen gesucht?", will Krainer wissen. Es habe generell Bedarf gegeben, erklärte Schuster. Viele Mitarbeiter würden von Banken, Versicherungen, Finanzämtern usw. abgeworben.
Nach der Hausdurchsuchung gab es einen Bericht der internen Revision. Der Originalbericht umfasst fast 150 Seiten. Die den Medien präsentierte Version hingegen nur 20 Seiten. Im Originalbericht kommt Schuster 14 Mal vor, im präsentierten gar nicht, hielt Krainer fest und schlussfolgert: Zahlen und Verbindungen zur politischen Ebene wurden aus dem Bericht genommen.
Krainer bemängelte auch, dass es so wirke "als ob Sie vorgefertigte Antworten hätten und die runterratschen auch wenn die Frage in eine ander Richtung geht". Er habe sich mit seiner Vertrauensperson, seiner Ehefrau und einem vom BMF zur Verfügung gestellten juristischen Berater unterhalten, sagte Schuster.
Im Vorfeld der Befragung erklärte die FPÖ, man glaube, einem Deal zwischen Sebastian Kurz und Ex-Finazminister Hans-Jörg Schelling auf die Spur gekommen zu sein. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker präsentierte am Mittwoch einen Sideletter vom April 2015, abgeschlossen von Schelling und dem damaligen Außenminister und späteren ÖVP-Chef und Kanzler Sebastian Kurz. Darin festgeschrieben wurde eine Mittelverschiebung zwischen den Ministerien, unter anderem die Auflösung von Rücklagen und zusätzlich fünf Mio. Euro. Für Hafenecker war das "die Gründungsurkunde für das Projekt Ballhausplatz (das Sebastian Kurz in das Kanzleramt bringen sollte, Anm.)".
Dazu würde auch die Chat-Nachricht von Schmid passen, dass "der Sebastian jetzt Geld scheißen" könne, sagte Hafenecker. Bures bemängelte die Wortwahl. "Warum konnte Sebastian Kurz Geld... absondern?", formulierte Hafenecker also um. Schuster, sichtlich amüsiert über die Debatte, erklärte, nichts darüber zu wissen.
Auch Pasquali hatte übrigens angegeben, den Sideletter erst heute zum ersten Mal gesehen zu haben.
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