Impfpflicht, Hofburg-Wahl, U-Ausschuss: Was auf Österreich 2022 zukommt
Die Grünen wollen keine Neuwahlen. Zu viele Elemente ihrer Prestigeprojekte bestehen nur auf dem Papier und müssen erst Realität werden. Allen voran der Klimabonus, den Ministerin Gewessler höchstselbst ab Mitte des Jahres an jeden Bewohner des Landes überweisen will – in welcher Form, darüber wird noch getüftelt.
Auch die ÖVP will nicht wählen gehen. Der Aufprall in Folge ihrer Skandale wäre zu hart. Und überhaupt müsste die ÖVP damit rechnen, so wie ihre deutsche Schwesterpartei in der Opposition zu landen. Oder als Juniorpartner das Kanzleramt und einflussreiche Ministerien abgeben zu müssen.
Und dennoch: Obwohl die Koalitionsparteien durchhalten wollen, sind Neuwahlen nicht ganz auszuschließen.
Aufarbeitung der Ära Kurz
2022 beginnt erst die Aufarbeitung der Skandale, die 2021 publik wurden und zum Rücktritt von Kanzler Sebastian Kurz geführt haben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wertet immer noch Chats aus, der neue U-Ausschuss startet mit seinen Zeugenbefragungen erst im März. Wer weiß, was da noch alles zum Vorschein kommt, und ob es den Grünen dann nicht doch zu belastend wird, die Macht der ÖVP weiterhin abzustützen.
Die Pandemie ist allerdings auch ein fester Kitt für die Regierung. Solange Krisenmanagement angesagt ist, Spitalsüberlastungen und Lockdowns drohen, sind Neuwahlen nicht zu verantworten. Sogar die Opposition hält sich aufgrund der Pandemie mit Neuwahlforderungen zurück. Laut Einschätzung vieler Wissenschafter könnte jedoch Omikron ein letztes, kräftiges Aufbäumen der Pandemie bedeuten, bevor sie in flacheren Wellen abebbt. Das ist natürlich die größte Hoffnung an das neue Jahr, dass die Pandemie endlich vorbei wäre. Aber sicher ist auch diesbezüglich nichts.
Kandidiert Van der Bellen erneut?
Die Unvorhersehbarkeit der Ereignisse schlägt sich auch in den Plänen der Parteien nieder. Sie bereiten sich intern auf Neuwahlen vor, um nicht davon überrascht zu werden. Und weil Wahlkämpfe Geld kosten, wollen ÖVP, SPÖ und Neos am liebsten keinen Kandidaten gegen Alexander Van der Bellen ins Rennen schicken. Die drei Millionen, die ein Bundespräsidentenwahlgang kostet, werden lieber für die Nationalratswahl aufgespart, als sie in einen aussichtslosen Kampf gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt zu investieren. Doch gibt es, zumindest in der SPÖ, auch Gegenargumente: Wenn die SPÖ nicht kandidiert, ist sie im ganzen Wahlkampf weder personell noch inhaltlich präsent. Die FPÖ wird jedenfalls einen Kandidaten ins Rennen schicken. Ob das wieder Norbert Hofer sein wird, ist offen.
Offiziell ist noch nicht entschieden, ob Van der Bellen ein zweites Mal antritt. Van der Bellen wird im Jänner 78, aber er fühle sich fit, war im Sommer bergwandern und sei nicht amtsmüde, heißt es. Bekanntgeben dürfte er seine Entscheidung im Mai.
Der erste Wahlgang dürfte Ende Oktober stattfinden, fünf oder sechs Monate vorher wird als angemessene Zeitspanne erachtet, um den Entschluss des Staatsoberhaupts der Öffentlichkeit mitzuteilen.
Inhaltliche Schwerpunkte
Die ÖVP-Grünen-Koalition hat sich intern vorgenommen, möglichst bald in Klausur zu gehen. Immerhin sind vom neuen Bundeskanzler Karl Nehammer abwärts mit Bildungsminister Martin Polaschek, Finanzminister Magnus Brunner und Innenminister Gerhard Karner Schlüsselressorts neu besetzt worden. Einen Termin für die Regierungsklausur gibt es aber noch nicht – wegen der unsicheren Corona-Lage.
Ungeachtet dessen stehen die Arbeitsschwerpunkte für das erste Halbjahr fest:
- Susanne Raab, die die Medienagenden übernommen hat, bereitet ein größeres Medien-Paket mit Neuregelung der Inseratenvergabe vor.
- Zwei große Brocken aus dem Jahr 2021 bedürfen noch einer Menge von Umsetzungsschritten: die Steuerreform und der Klimaschutz mit Energiewende.
- Kindern und Jugendlichen widmet die Regierung einen Arbeitsschwerpunkt, weil diese unter der Pandemie besonders gelitten haben.
- Von Arbeitsminister Martin Kocher wird eine große Arbeitsmarktreform inklusive Neugestaltung des Arbeitslosengeldes erwartet.
Spannende Parteitage
2022 stehen interessante Parteitage auf dem Programm. Karl Nehammer muss sich formal zum ÖVP-Obmann wählen lassen. Im Vergleich zu den pompösen Kurz-Inszenierungen dürfte Nehammers Wahl ein eher schlichtes Zeremoniell werden. Aufgrund der Corona-Situation werde der Parteitag vermutlich „hybrid“ stattfinden, heißt es in der ÖVP. Der Obmann und einige wenige Gäste werden physisch, das Gros der Delegierten virtuell dabei sein.
FPÖ-Chef Herbert Kickl muss sich einer Wiederwahl stellen – die Abstimmung wird ein Test, ob die FPÖ-Delegierten seine schrille Corona-Linie mittragen.
Auch die Führung der Grünen muss sich auf einem Bundeskongress der Wahl stellen. Derzeit geht man davon aus, dass Werner Kogler erneut als Grünen-Chef kandidiert, dass aber mit Leonore Gewessler als neuer Stellvertreterin die Weichen für seine Nachfolge gestellt werden.
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