Österreich sichert Geld und Personal für Grenzschutz zu
An der türkisch-griechischen Grenze überschlagen sich die Ereignisse – und Österreich reagiert. Innenminister Karl Nehammer wurde von Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) beauftragt, Vorbereitungen für den Grenzschutz zu treffen.
Dieser spricht von drei Sicherheitsnetzen: Erstens müsse man Griechenland "personell, materiell und finanziell“ dabei unterstützen, die EU-Außengrenze zu sichern.
Sollten die Grenzen durchbrochen werden, müsse man zweitens die Länder entlang der Route unterstützen, illegale Migranten zu stoppen und ein "Weiterwinken“ nach Mitteleuropa zu verhindern.
Und drittens: "Im Notfall sind wir auch bereit, unsere Grenzen eigenständig zu schützen." Österreich habe die Lehren aus 2015 gezogen, betont Nehammer: "Es steht mehr Personal mit besserer Ausbildung und Ausrüstung zur Verfügung, die auf die Herausforderungen im Grenzschutz vorbereitet sind.“
Grenzen hochfahren?
Wie das konkret aussehen soll – da lässt sich der Minister auf KURIER-Nachfrage nicht in die Karten schauen. Allerdings: "Wenn Menschen versuchen, gewaltsam die Grenze zu überwinden, dann greift das Gesetz, dann werden sie aufgehalten", erklärte Nehammer in der ZiB2.
Denkbar wäre etwa, dass das Grenzmanagement am Brenner in Tirol, in Spielfeld in der Steiermark oder beim Karawankentunnel in Kärnten hochgefahren wird. In Spielfeld wurden 2016 ja Zeltlager und Container errichtet, um bei einem Ansturm für einen geregelten Ablauf zu sorgen.
Im Burgenland werden die Grenzen zu Ungarn schon seit Längerem kontrolliert, die Polizei wird vom Bundesheer dabei unterstützt.
Die Soldaten dürfen aber nicht selbstständig Personen und Fahrzeuge kontrollieren – dazu bräuchte es einen Erlass, kritisiert FPÖ-Klubchef und Ex-Innenminister Herbert Kickl. Österreich müsse für den Ernst- bzw. Verteidigungsfall vorbereitet sein.
Seinen Nachfolger qualifiziert Kickl als "Lage-Beobachter“ ab. "Für eine eigenständige Migranten-Abwehr an den österreichischen Grenzen fehlt ihm jeder Plan", sagt er über Nehammer.
EU-Türkei-Deal muss halten
Es sei jedenfalls ganz wichtig, dass das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei halte, so Nehammer Sonntagabend in der ZiB2. Derzeit seien rund 18.000 Menschen aufgrund von "falschen Versprechungen" an der türkisch-griechischen Grenze. Es sei "generell bedenklich, wenn mit dem Schicksal von Menschen Politik gemacht wird", kritisierte der Innenminister Sonntagabend.
Bisher seien von sechs Milliarden Euro, die die Türkei im Rahmen des Abkommens von der Europäischen Union bekommt, erst 3,3 Milliarden Euro ausgezahlt worden, sagte Nehammer weiters. Angesichts von Forderungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach mehr Geld, meinte Nehammer, er verstehe, dass die Europäische Kommission die Auszahlung der Gelder sehr streng kontrolliere und wissen wolle, "was mit dem Geld gemacht" werde.
Dass Österreich Griechenland und die anderen von Migration betroffenen Balkanländer "personell, materiell und finanziell" unterstützen wolle, sagte Nehammer auch am Montag an der österreichisch-ungarischen Grenze in Nickelsdorf nach einem Treffen mit seinem ungarischen Amtskollegen Sandor Pinter.
Nehammer übergab Pinter symbolisch eine Gruppe von Polizistinnen und Polizisten, die in Zukunft an der ungarisch-serbischen Grenze Dienst tun sollen. Zu den 19 Beamten sollen in weiterer Folge noch zwei Hundeführer und ihre Tiere dazustoßen. Beide Minister betonten, dass die Polizisten aus Österreich nicht nur die Grenzen Ungarns schützten, sondern auch für Österreichs Sicherheit sorgten.
Innenminister Karl Nehammer
"Menschen als Spielball der Politik"
Für die Grünen haben indes "humanitäre Hilfe“ und eine "europäische Friedensinitiative" oberste Priorität, so Europasprecher Michel Reimon: "Es sind einfache Menschen, darunter sehr viele Kinder und ihre Eltern, die an den türkischen Grenzen als Spielball der Politik missbraucht werden."
"Wir können nicht weiter so tun, als ginge uns das nichts an“, sagt auch die Chefin der deutschen Grünen, Annalena Baerbock. Griechenland müsse "mit allen Mitteln“ unterstützt und an den Außengrenzen müssten "mit Hochdruck“ Erstaufnahmezentren errichtet werden.
Für jene Flüchtlinge, die an der türkisch-griechischen Grenze sind, schlägt Baerbock eine Kontingentlösung zur Aufnahme vor, an der sich auch Deutschland beteiligen solle.
Die EU-Staaten konnten sich bisher aber weder auf solche Zentren, noch auf eine Verteilungsquote einigen.
Frontex-Alarmstufe "hoch"
Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex schickt zusätzliche Beamte und Ausrüstung nach Griechenland. Die Alarmstufe für alle EU-Grenzen zur Türkei wurde auf "hoch“ angehoben.
Am Donnerstag beraten die EU-Außenminister beim informellen Rat in Zagreb die Lage.
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