Bereits am Wochenende hatte der renommierte Medienrechtsexperte Hans Peter Lehofer in diese Richtung argumentiert: Es sei zwar Aufgabe des ORF, in Krisen- und Katastrophenfällen Sendezeit freizumachen, damit Bundes- und Landesbehörden Aufrufe im Sinne der Allgemeinheit erledigen. Auf Wunsch der Regierung Lotterien zu organisieren, gehöre aber nicht zu den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, so Lehofer.
Durch das ORF-Gesetz ist die Impflotterie nicht nur nicht gedeckt. Eigentlich müsste man Projekte dieser Art und Größe sogar mit der EU-Kommission absprechen. Der Grund sind die GIS-Gebühren. Sie sind aus wettbewerbsrechtlicher Sicht marktverzerrend. Die Kommission hat den Gebühren unter bestimmten Vorbehalten zugestimmt. Allfällige Lotterien standen damals nicht
zur Debatte – insofern müsste man das nachverhandeln.
Abgesehen von den juristischen Gründen gibt es finanzielle und journalistische Probleme. Welche? Die Bundesregierung wird den mit der Impflotterie verbundenen Organisations- und Arbeitsaufwand bezahlen. Das wiederum macht es aber Journalisten im ORF nicht gerade einfacher, Distanz zum Projekt zu wahren. Wie soll man kritisch über ein politisches Projekt berichten, wenn das eigene Unternehmen damit gutes Geld verdient?
In einem Statement des ORF hieß es am Dienstag trocken: Man nehme das Vorhaben der Impflotterie „zur Kenntnis“. Nachsatz: „Die Unabhängigkeit des ORF muss jedenfalls in vollem Umfang gewahrt sein.“ Begeisterung klingt anders.
In der Bundesregierung will man den ORF als Abwickler trotz allem nicht ganz abschreiben. „Es gibt rechtlich noch einige Herausforderungen, und wir prüfen verschiedene Lösungen – darunter auch Alternativen
zur ORF-Variante“, sagt ein Sprecher des Bundeskanzlers.
Ausschließen kann und will der Sprecher vorerst nichts. Nur eines, nämlich: „Dass wir das ORF-Gesetz nur zur Abwicklung der Lotterie ändern. Das ist derzeit eher unwahrscheinlich.“
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