Darf der ORF die Impflotterie organisieren?

Darf der ORF die Impflotterie organisieren?
Welche Gründe dagegen sprechen, dass das öffentlich-rechtliche Unternehmen die Lotterie organisiert.

Als Karl Nehammer, Sigrid Maurer und Pamela Rendi-Wagner vor gut einer Woche im Parlament verlautbarten, dass sich Regierung und SPÖ neben dem Impfpflichtgesetz auf eine große Lotterie geeinigt hatten, da schien eines klar: Der öffentlich-rechtliche ORF wird diese Lotterie abwickeln – nicht von ungefähr stand genau das in einem von allen Klubobleuten unterfertigten Entschließungsantrag.

Wenige Tage später scheint es nun, als sei das Unterfangen vorerst nicht mehr als ein politischer Wunsch. Denn tatsächlich gibt es eine ganze Reihe an guten Gründen, die gegen die Organisation durch den ORF sprechen. Das wichtigste Argument ist wohl dieses: Im ORF-Gesetz gibt es keine rechtliche Grundlage dafür, dass das öffentlich-rechtliche Medien-Unternehmen – noch dazu im Auftrag der Politik – eine Hunderte Millionen schwere Lotterie abhält.

Bereits am Wochenende hatte der renommierte Medienrechtsexperte Hans Peter Lehofer in diese Richtung argumentiert: Es sei zwar Aufgabe des ORF, in Krisen- und Katastrophenfällen Sendezeit freizumachen, damit Bundes- und Landesbehörden Aufrufe im Sinne der Allgemeinheit erledigen. Auf Wunsch der Regierung Lotterien zu organisieren, gehöre aber nicht zu den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, so Lehofer.

Durch das ORF-Gesetz ist die Impflotterie nicht nur nicht gedeckt. Eigentlich müsste man Projekte dieser Art und Größe sogar mit der EU-Kommission absprechen. Der Grund sind die GIS-Gebühren. Sie sind aus wettbewerbsrechtlicher Sicht marktverzerrend. Die Kommission hat den Gebühren unter bestimmten Vorbehalten zugestimmt. Allfällige Lotterien standen damals nicht

zur Debatte – insofern müsste man das nachverhandeln.

Abgesehen von den juristischen Gründen gibt es finanzielle und journalistische Probleme. Welche? Die Bundesregierung wird den mit der Impflotterie verbundenen Organisations- und Arbeitsaufwand bezahlen. Das wiederum macht es aber Journalisten im ORF nicht gerade einfacher, Distanz zum Projekt zu wahren. Wie soll man kritisch über ein politisches Projekt berichten, wenn das eigene Unternehmen damit gutes Geld verdient?

In einem Statement des ORF hieß es am Dienstag trocken: Man nehme das Vorhaben der Impflotterie „zur Kenntnis“. Nachsatz: „Die Unabhängigkeit des ORF muss jedenfalls in vollem Umfang gewahrt sein.“ Begeisterung klingt anders.

Herausforderungen

In der Bundesregierung will man den ORF als Abwickler trotz allem nicht ganz abschreiben. „Es gibt rechtlich noch einige Herausforderungen, und wir prüfen verschiedene Lösungen – darunter auch Alternativen

zur ORF-Variante“, sagt ein Sprecher des Bundeskanzlers.

Ausschließen kann und will der Sprecher vorerst nichts. Nur eines, nämlich: „Dass wir das ORF-Gesetz nur zur Abwicklung der Lotterie ändern. Das ist derzeit eher unwahrscheinlich.“

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