Kurz will sich nach wie vor mit Astra Zeneca impfen lassen

Kurz will sich nach wie vor mit Astra Zeneca impfen lassen
Dass nicht jedem Impfwilligen bis Ende Juni ein Impfangebot gemacht werden kann, bringt der Regierung heftige Kritik ein.

Um die Osterzeit wandte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz in einer Videobotschaft an die Österreicher und versicherte darin, dass "in den nächsten 100 Tagen jedem, der sich impfen lassen möchte, zumindest die erste Impfung" angeboten werde. 

Nun werde man noch schneller sein, meinte der Kanzler dann rund zwei Wochen später - kurz nachdem bekannt wurde, dass Biontech/Pfizer eine Lieferung aus dem vierten Quartal vorziehen und Österreich früher mit Impfstoff beliefern könne, immerhin eine Million Dosen. "Die Freiheit ist schon greifbar nahe", meinte Kurz damals.

Wie nun bekannt wurde, werden in den meisten Bundesländern jedoch nicht alle Impfwilligen bis Ende Juni ihr erstes Jaukerl bekommen, ergab ein Rundruf der APA. Einzig Niederösterreich und Salzburg versichern, das bewerkstelligen zu können.

500.000 Menschen mehr zu impfen, als angenommen

Kanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sehen den Impffortschritt dennoch weiter gut auf Kurs, wie sie bei einer PK um 17.30 Uhr betonten. Einerseits sei die Impfbereitschaft angestiegen: Lag sie im letzten Jahr noch bei knapp über 30 Prozent, ist sie mittlerweile auf über 70 Prozent gestiegen.

Andererseits wurde nun der erste Impfstoff auch für 12- bis 16-Jährige zugelassen. "Das bedeutet, dass wir den Impfplan jetzt adaptieren werden", sagte Mückstein und stellte eine Impfung der 12- bis 16-Jährigen ab Juli in Aussicht - jedenfalls vor Schulbeginn.

Kurz sprach von einem "sehr optimistischen Update der Corona-Situation". Die Öffnungsschritte am 10. Juni seien nicht in Gefahr. In der EU sei man beim Impffortschritt unter den "Top 10", sagte Kurz. Die "generell höhere Impfbereitschaft in Österreich" sei auch erfreulich.

Gegenüber den Planungen im April bedeutet das, dass über 500.000 Menschen mehr geimpft werden, als noch vor wenigen Wochen angenommen.

Auch für den Juli zeigen sich Kanzler und Gesundheitsminister optimistisch: "Für die im Juli zusätzlich zu Impfenden ist ausreichend Impfstoff vorhanden. Jeder der will, wird also eine Impfung erhalten."

Gegenseitige Aversionen seien ausgeräumt, betonte Mückstein, nachdem es zuletzt ordentliches Gezanke zwischen ihm und Kurz gab: "Da hat es einen Rumpler gemacht, wir haben uns ausgesprochen", freute sich Mückstein. Der Kanzler bejahte und stellte auch bezüglich seiner eigenen Impfung eine wichtige Sache klar: "Es wird bei Astra Zeneca bleiben." Er sei im letzten Drittel der Personen, die geimpft werden, aber "in freudiger Erwartung".

Ärger in Tirol über Lieferausfälle

In Tirol werde es laut Gesundheitslandesrätin Annette Leja "schwer", allen Impfwilligen bis Ende Juni ein Impfangebot zu machen. Verzögerungen und Ausfälle zugesagter Lieferungen würden die Planung erschweren. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) übte Kritik am Bund und sprach von "einigen Irritationen".

Manche Lieferungen seien "plötzlich" ausgeblieben, so Platter - "ein Ärgernis", erfordere die Durchführung der Impfungen doch eine "genaue Planung". "Natürlich gibt es gewisse Aspekte, auf die die Bundesregierung auch keinen Einfluss hat", schränkte Platter ein. "Wir gehen davon aus", zeigte sich der Landeshauptmann aber zuversichtlicher als seine Landesrätin, dass alle Impfwilligen bis Ende Juni auch tatsächlich geimpft werden.

Im Juni sei zwar "eine große Menge an Impfstoffen" angekündigt worden, informierte Leja, plötzliche Lieferausfälle hätten aber in der Vergangenheit die Abhängigkeit des Impffortschritts von "den Lieferungen des Bundes" gezeigt. 

Kucher: "Der nächste Wortbruch des Bundeskanzlers"

Der Gesundheitssprecher der SPÖ, Philip Kucher, kritisiert in einer Aussendung den "Wortbruch" des Kanzlers. "Wir alle haben inzwischen genug von der Dauerinszenierung des Bundeskanzlers auf Kosten von hunderttausenden Menschen. Er soll sich endlich auf seine Arbeit konzentrieren“, so Kucher.

Dass das Impfversprechen nicht halte, wertet Kucher als einen von mehreren "PR-Schmähs" der Türkisen, die der Realität nicht standhielten: "Von der Impfung aller über 65-Jährigen bis Ende April über die Impfung aller über 50-Jährigen bis Ende Mai bis hin zur Beschaffung zusätzlicher Impfdosen in Millionenhöhe – nichts davon gab es jemals. Wenn Sebastian Kurz etwas verspricht, gleicht das eher einer Drohung.“

"Die vielen Versprechen des Kanzlers haben sich allesamt in Luft aufgelöst", kritisiert Christian Deutsch, SPÖ-Bundesgeschäftsführer und fordert Vorbereitungen seitens der Regierung für den Herbst: "Die Regierung hat schon den letzten Sommer verschlafen und ist unvorbereitet in den Herbst gestolpert – das hatte schwere gesundheitliche, wirtschaftliche und soziale Folgen. Das darf sich heuer nicht wiederholen."

NEOS: Ein Versprechen nach dem anderen gebrochen

"Wenig überrascht" zeigt sich NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker: "Seit Beginn der Pandemie hat diese Bundesregierung ein Versprechen nach dem anderen gebrochen. Es wurden nicht, wie versprochen, alle Über-80-Jährigen bis Ende Jänner geimpft. Es wird keinen österreichischen digitalen Grünen Pass ab dem 4. Juni geben. Und es wird keinen Erststich für alle noch in diesem Monat geben. Welches Versprechen wird als nächstes platzen? Und wer wird diesmal schuld sein? Kanzler und Gesundheitsminister, ihrer Ansicht nach, bestimmt nicht.“

Das Impfen, so Loacker, hätte Bundeskanzler Kurz nur medial zur Chefsache erklärt. Zahlreiche NEOS-Anfragebeantwortungen würden das Gegenteil zeigen: "Angefangen bei der Impfstoffbeschaffung über das Einhalten des nationalen Impfplans bis hin zu einer Strategie für die Jungen und die nächsten Impfrunden ab Herbst – für keinen dieser Bereiche fühlt sich der Kanzler zuständig“, kritisiert der NEOS-Gesundheitssprecher. 

Kanzler Kurz und Gesundheitsminister Mückstein müssten ihrer Verantwortung "endlich nachkommen und wirklich halten, was sie versprechen.“

Hinweis: Der Artikel wird laufend aktualisiert.

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