Identitäre sorgen für "massive Unruhe" in der FPÖ

Identitäre sorgen für "massive Unruhe" in der FPÖ
Im Umgang mit der rechtsextremen Gruppierung zeigen sich die Freiheitlichen gespalten, sagt Politik-Experte Thomas Hofer.

So deutliche Worte wählte der Bundeskanzler bisher nicht. „Widerlich“ seien die Enthüllungen der "Kleinen Zeitung", dass der Chef der rechtsextremen Identitären Bewegung (IBÖ), Martin Sellner, 2006 Hakenkreuze auf eine Synagoge in Baden klebte.

Seitens der FPÖ, Kurz' Partner in der Bundesregierung, wartet man freilich nach wie vor vergeblich auf Ansagen dieser Art, eine eindeutige Linie gegenüber den Identitären gibt es bei den Freiheitlichen nicht.

Auf der einen Seite gibt es Funktionäre wie den Grazer FPÖ-Chef und Vizebürgermeister Mario Eustacchio, der „die Hysterie“ nicht versteht und keinen Grund sieht, auf Distanz zu den Identitären zu gehen, gebe es doch keine rechtskräftigen Verurteilungen.

Identitäre sorgen für "massive Unruhe" in der FPÖ

Herbert Kickl und Mario Eustacchio

Auf der anderen Seite stehen Vertreter wie der oberösterreichische FPÖ-Chef und stellvertretende Landeshauptmann Manfred Haimbuchner. Der hielt im ORF-Morgenjournal am Freitag zwar auch eine Distanzierung für unnötig ­– auf Distanz zu den Identitären ging er aber sehr wohl. Er habe „keine Gemeinsamkeiten“ mit der IBÖ, und es gebe diesbezüglich auch eine „eindeutige Beschlusslage“ in der Partei. Wer sich bei den Identitären engagiere, könne kein FPÖ-Mitglied sein, das sei „glasklar“.

Vielfältige Verbindungen

Grundsätzlich befinden sich Eustacchio und Haimbuchner in ähnlichen Konstellationen, gibt es doch bei den steirischen und den oberösterreichischen Freiheitlichen besondere Berührungspunkte mit Identitären.

So ist etwa der Grazer FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl Vermieter des Identitären Zentrums in Graz. Und Jan Ackermaier, Referent der oö. Landespartei, ist gleichzeitig ein Eigentümer der rechten Online-Publikation „Info-Direkt“, die sich aktuell explizit mit Sellner und den Identitären solidarisiert. Nur zwei von zahlreichen Querverbindungen.

„Entscheidung der Regierung schafft Klarheit für alle Beteiligten“: Haimbuchner

Manfred Haimbuchner

Am jeweiligen Umgang mit der Thematik zeigt sich nun das aktuelle Problem der FPÖ.

So sei Haimbuchners Ansage am Vortag des am Samstag stattfindenden oö. Landesparteitags auch als Positionierung in Richtung der dortigen Landtagswahlen 2021 zu verstehen, meint der Politologe Thomas Hofer. Um den Anspruch auf den Landeshauptmann zu erheben, wolle und müsse Haimbuchner verhindern, mit der extremen Rechten in Verbindung gebracht zu werden.

Freiheitliches Dilemma

In der Vergangenheit hätten die Freiheitlichen die Identitären aber oftmals auch umarmt, um zu verhindern, dass „rechts von ihnen eine Konkurrenz erwächst“, sagt Hofer. Nun gebe es „massive Unruhe“ in der Partei – und zwar auf allen Seiten.

Denn während die einen sich den Identitären ideologisch durchaus verbunden fühlen, würden andere Teile der Basis diese Nähe zum Rechtsextremismus überhaupt nicht goutieren. Intern ein heikles Thema, besonders kurz vor dem EU-Intensivwahlkampf. Bestehe laut Hofer doch durchaus die Gefahr aus Sicht der FPÖ, dass Wähler wegen der unzureichenden Abgrenzung nach rechts zur ÖVP abwandern.

Strategisches Kalkül?

Der Rechtsextremismus-Experte Bernhard Weidinger meint hingegen, FPÖ-Versuche, sich von den Identitären abzugrenzen, seien schlicht „nicht ernst zu nehmen“. Zwar gebe es das strategische Kalkül, diese Distanzierung „demonstrativ vorzunehmen, weil es politisch Sinn macht“. Inhaltlich würden Freiheitliche und Identitäre jedoch dasselbe Programm teilen. Insofern ortet Weidinger momentan einen Konflikt zwischen „Pragmatikern der Macht“ und „ideologischen Tiefwurzlern“.

Folglich findet Weidinger an der aktuellen Debatte die Konzentration auf die personellen Überschneidungen „auffällig“. Diese sei „im Interesse der FPÖ und der Regierung insgesamt“, könne man durch ein paar personelle Konsequenzen „leicht Distanz suggerieren“. Bei den inhaltlichen Übereinstimmungen fällt die Distanzierung laut dem Experten jedoch deutlich schwerer.

Und die Identitären selbst? Finden sich weiter ungerecht behandelt. In einem am Freitag veröffentlichten Video gab sich Sellner geläutert und flüchtete sich gleichzeitig in Verharmlosungen, er habe doch nur provozieren wollen. Zugleich stellte er die Frage, ob man nicht „mit Kanonen auf Spatzen schießen“ würde und ortete eine Kampagne gegen sich. Das „mediale Nazi-Trommelfeuer“ werde weitergehen, bis die FPÖ in Sebastian Kurz' Händen „Wachs geworden ist“.

 

Am übernächsten Samstag, den 13.4., haben die Identitären darüber hinaus eine Demonstration vor dem Justizministerium angekündigt, „um diese Repression und dieses Unrecht sichtbar zu machen“. Zwei Gegendemonstrationen sind ebenfalls bereits angemeldet.

 

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