"Ich hab dich lieb!": Chatten mit Heinz-Christian Strache

Heinz-Christian Strache ist kurz angebunden. "Ich bin guter Dinge, meine Unschuld beweisen zu können", spricht er Dienstagvormittag leise in die Mikros und sucht das Weite.
Das Weite liegt allerdings nahe. Strache nimmt als Angeklagter im großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht Platz. Ein kurzes Nicken in Richtung der zahlreichen Zuhörer, dann rückt er sich die Brille zurecht und macht sich eifrig Notizen, als die Staatsanwältin ihren Strafantrag ausführt.
Einladung nach Dubai
Dem ehemaligen FPÖ-Vizekanzler wird Bestechlichkeit vorgeworfen. Neben ihm hat Siegfried Stieglitz, Unternehmer aus Oberösterreich, Platz genommen. Laut Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft kommt ihm die Rolle des Bestechers zu. So soll Stieglitz 10.000 Euro an den FPÖ-nahen Verein "Austria in Motion" gespendet haben – für seine Bestellung zum Asfinag-Aufsichtsrat. Auch eine teure Einladung zum Essen und nach Dubai (die allerdings nicht angetreten wurde) sind Thema.
"Waren die beiden ziemlich beste Freunde oder ging es um eine von Geltungsdrang, Machtspielen und Eitelkeit getragene Zweckgemeinschaft?", fragt die Staatsanwältin. Sie ist von Letzterem überzeugt. Und beruft sich dabei vor allem auf gesicherte Handychats.
Echte Freunde?
Strache und Stieglitz lernten sich bereits im Jahr 2011 kennen. "Als Vizekanzler hat man unzählige vermeintliche Freunde. Aber nur eine Handvoll sind zu ihm gestanden in seiner schwersten Stunde (das Bekanntwerden des Ibiza-Videos, Anm.) und darüber hinaus", sagt Straches Anwalt Johann Pauer.
Stieglitz sei so ein Freund gewesen. Zum Beweis liefert auch er Chats. Da schreibt Stieglitz etwa an Strache nach seinem Rücktritt als Vizekanzler: "Ich hab dich lieb! Auf meine Hilfe kannst du jederzeit bauen."

Strache und Stieglitz teilen sich die Anklagebank
Doch wie tief ging die Freundschaft wirklich? Als Stieglitz (nach Urgenzen von seiner Seite) endlich in den Aufsichtsrat bestellt wurde, bedankt er sich bei Strache: "Lieber Christian, danke für meine Entsendung."
Strache erwidert: "Sehr gerne. Bist auch exzellenter Jurist."
Kein echter Doktor
Allein: Stieglitz ist kein Jurist, auch kein Akademiker. Er trägt einen Ehren-Doktortitel, den er in Mazedonien wegen seines karitativen Engagements verliehen bekam. "Das war ein Scherz. Strache hat mir bei juristischen Themen oft gesagt, mach du das, du bist der bessere Jurist", sagt Stieglitz im Gericht.
Aber war er überhaupt qualifiziert für die Aufgabe? Die Anklägerin hat daran Zweifel. Der Lebenslauf, den Stieglitz damals geschickt hatte, umfasste vier Absätze. Darin ergibt sich, dass er AHS-Matura hat, als Journalist jobbte, schließlich in die Immo-Branche wechselte und den maroden Eishockey-Verein Black Wings Linz übernommen hatte.
"Bei der Asfinag werden Straßen gebaut. Da sollten nicht nur Juristen drin sitzen", versucht Anwalt Andreas Pollak zu relativieren.
Hofer soll am Freitag aussagen
Fortsetzung am Mittwoch. Am Freitag soll zudem der ehemalige Verkehrsminister Norbert Hofer aussagen.
Für Strache ist es übrigens nicht das erste Mal, mit solchen Vorwürfen konfrontiert zu werden. Im Vorjahr war er wegen Bestechlichkeit in der Causa "Prikraf" - nicht rechtskräftig - zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Strache hat dagegen berufen.
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