Wenn sich Abgeordnete darauf gefreut hatten, am heutigen Montag im Parlament eine Filmvorstellung zu bekommen, wurden sie enttäuscht: Das Ibiza-Video kann noch nicht gezeigt werden - es gibt weder im Ausweichquartier in der Hofburg, noch in den Pavillons auf dem Areal einen geeigneten Raum für eine Vorführung.
Bild, Ton und Transkript wurden vergangene Woche vom Justizministerium in ungekürzter und ungeschwärzter Fassung ans Parlament geliefert. Zur Verfügung steht den Mandataren des Ibiza-U-Ausschusses heute, Montag, aber erst das mehrere hundert Seiten lange Transkript des ominösen Abends auf Ibiza im Sommer 2017.
Abhörsicherer Raum
Die Mandatare des U-Ausschusses können seit heute also nachlesen, was die FPÖ-Männer Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus mit der vermeintlichen Oligarchennichte besprochen haben, sie können es aber (noch) nicht sehen und hören.
Für die Filmvorstellung braucht es einen abhörsicheren Raum, der rundherum mit einem sogenannten Verrauscher beschallt wird. Durch diese äußeren Störgeräusche stellt man sicher, dass nur die Person, die im Raum sitzt, wahrnimmt, was da gezeigt wird.
"Wir sind gerade dabei, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen", sagt Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck zum KURIER.
Und auch die räumlichen: Denn rechtlich wäre es möglich, dass mehrere Mandatare des U-Ausschusses oder sogar alle gleichzeitig das Video schauen. Es gibt zwar einen großen Sitzungssaal in der Nationalbibliothek für den U-Ausschuss, nur ist dieser offenbar (noch nicht) abhörsicher.
Höchste Sicherheitsstufe
Die Sache ist deshalb so kompliziert, weil das Material vom Justizministerium mit der höchsten Sicherheitsstufe klassifiziert wurde - Stufe 4, "streng geheim". Und das sind die Regeln:
- Der Mandatar darf nichts mitnehmen - nicht einmal Stift und Papier.
- Notizen sind also nicht erlaubt, er muss sich alles merken.
- Es gibt keine zeitliche Begrenzung, er darf dort sitzen, so lange er will.
- Während der Sichtung ist ein Parlamentsmitarbeiter anwesend, der aufpasst.
- Der Mandatar darf außerhalb des abhörsicheren Raums über den Inhalt mit niemandem sprechen, nicht einmal mit den Kollegen der eigenen Fraktion.
- Wenn der Mandatar doch Informationen über den Inhalt weitergibt, drohen Strafen von bis zu drei Jahren Haft.
Diese Regeln gelten für das Anschauen des Videos, aber auch für das Sichten des Transkripts, das heute bereits läuft.
Und wie geht's weiter?
Fragt sich: Was tun die Mandatare des U-Ausschusses dann mit den Informationen? Wie verarbeiten sie das Gesehene, wie und wem können sie dazu Fragen stellen? Das hat, so Grundböck, der Verfahrensrichter zu beurteilen.
Bei der nächsten Sitzung am 12. Jänner könnte das Prozedere besprochen werden - bis dahin sollten auch die Video-Vorführungen schon möglich gewesen sein.
Klingt nach mühsamen Arbeitsbedingungen - und genau deshalb wollen die Neos auch eine Abstufung von Stufe 4 auf Stufe 2 ("vertraulich") beantragen. Laut Fraktionsvorsitzender Stephanie Krisper würde das ausreichen, um die Persönlichkeitsrechte der Protagonisten und auch jener, über die Strache und Gudenus sprechen, zu schützen.
Die beiden FPÖ-Männer haben an dem Abend ja teilweise üble Gerüchte über andere Politiker erzählt, zum Beispiel über Ex-SPÖ-Kanzler Christian Kern und ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz.
Diese Abstufung müsste Nationalratspräsident und U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka beim Justizministerium beantragen.
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