Ibiza-U-Ausschuss startet wieder - mit Befragung des eigenen Vorsitzenden
Wolfgang Sobotka wechselt die Seiten. Bei der heutigen ersten Sitzung nach der Sommerpause wird er vom Vorsitzenden des Ibiza-U-Ausschusses zur Auskunftsperson. Der Präsident des Nationalrats soll insbesondere die Verbindungen zwischen dem Alois-Mock-Institut und der Novomatic aufklären. Bei letzterem fungiert Sobotka als Präsident, was ihn in den Augen der Opposition als Vorsitzenden eigentlich disqualifiziert. Die Aufforderungen, die Funktion niederzulegen, ließen Sobotka bislang allerdings kalt.
Während erklärt, das Institut habe nichts mit der ÖVP zu tun und jedwede Verbindungen zu Glücksspielkonzernen zurückweist, vermuten die Oppositionsparteien, dass Sobotka an der Vorstandsbestellung rund um Peter Sidlo mitgearbeitet hat – immerhin hat er sich mehrfach mit Novomatic-Boss Johann Graf getroffen und schon als Finanzlandesrat in Niederösterreich mit dem Glückspielkonzern zu tun.
Eine – personelle – Verbindung stellt diesbezüglich Bernhard Krumpel dar. Krumpel war Ende der 1990er Jahre Pressesprecher von Sobotka und arbeitete zuletzt als Sprecher des Novomatic-Konzerns. Um seine und Sobotkas Rolle zu klären, ist Krumpel heute ebenfalls als Auskunftsperson geladen.
Aufregung um Ibiza-Video
Für Aufregung hatte im Vorfleld des U-Ausschuss-Starts nach der Sommerpause am gestrigen Dienstag die Lieferung des so genannten Ibiza-Videos an die Ausschuss-Mitglieder gesorgt. Der Zeitpunkt sie nicht zufällig, glaubt die Opposition. SPÖ, FPÖ und Neos äußerten eine bemerkenswerte These: Um von Sobotkas Befragung abzulenken, hätten die Oberstaatsanwaltschaft bzw. Justizministerin Alma Zadic das Video einen Tag vor Sobotkas Einvernahme an den U-Ausschuss geliefert.
Als Beleg dafür gilt der Opposition der Umstand, dass Aktenlieferung generell immer am Ende des Monats stattfinden. Nur diesmal nicht.
Die ÖVP sieht in dieser Behauptung eine mehr als krude These.
Unbestritten ist freilich, dass das Ibiza-Video weiter für Erregung sorgen wird. Denn der U-Ausschuss hat nicht das komplette Material, sondern eine auf 4:40 Stunden gekürzte, an manchen Passagen geschnittene und geschwärzte Version des Materials bekommen. Und das wollen SPÖ, Neos und FPÖ auf keinen Fall akzeptieren.
Ihr Argument ist ziemlich einfach: Seit dem Hypo-U-Ausschuss sei höchstgerichtlich ausjudiziert, dass weder Justiz noch Verwaltung vorab Material für Untersuchungsausschüsse sichten, kontingentieren oder zensieren dürfen, wenn eine „abstrakte Relevanz“ für den Ausschuss und seine Untersuchungen gegeben sei.„Da wir den politischen Vorwurf einer politischen Einflussnahme auf Ermittlungen zum Ibiza-Video klären wollen, ist es klar, dass wir den Ausgangspunkt der Ermittlungen – nämlich das Video – unzensiert und umfassend bekommen müssen“, sagt Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper.
Als dritte Auskunftsperson ist am Mittwoch Sigma Investment-Vorstand Markus Braun geladen. Er war in FPÖ-nahen Vereinen aktiv, mit deren Hilfe die FPÖ und ihre Funktionäre mit fragwürdigen Geldern versorgt worden sein sollen.
Am Donnerstag wollen die Abgeordneten dann Ex-Finanzminister Hartwig Löger, die Generaldirektorin der Casinos Austria Bettina Glatz-Kremsner und Casinos-Austria-Prokurist Peter Erlacher befragen.
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