Ibiza-U-Ausschuss: "Ein Sackbauer geht nicht unter"

Ibiza-U-Ausschuss: "Ein Sackbauer geht nicht unter"
Der erste Tag des Ibiza-U-Ausschusses beginnt mit enormem Medienandrang und der Befragung eines Journalisten.

"Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung". Mutmaßlich wird es im "Ibiza-U-Ausschuss" um viel gehen. Die Themen sprechen jedenfalls dafür.

Ein Jahr, nachdem das Ibiza-Video das Aus der ÖVP/FPÖ-Regierung und der FPÖ-Karrieren von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus brachte, machte heute, Donnerstag, allerdings ein Journalist den Anfang.

Falter-Chefredakteur Florian Klenk wird als Erster befragt. Grund: Er hat das Ibiza-Video bereits in voller Länge gesehen. Die Fraktionsführer müssen darauf noch warten.

Kottan, Sackbauer und Pulp Fiction

Die Befragung beginnt und Klenk spricht sogleich von einem "Korruptionstanz", der auf dem Video zu sehen sei. Strache betone zwar im Video immer wieder, dass alles legal sein müsse. Gleichzeitig lasse er sich aber auf Absprachen ein.

Klenk beschreibt das Video weiter: "Es gibt sehr groteske Momente." Manchmal habe es Hausmeister-Momente gegeben, in denen man in der Ecke sitze und an den Fingernägeln kaue, dann wieder Momente höchster Anspannung. Das Video sei "eine Mischung aus ‚Kottan ermittelt‘, Edmund Sackbauer und ‚Pulp Fiction‘".

Die Verlockungen seien nicht von der Oligarchen-Nichte ausgegangen, sondern von Strache selbst. Es sei, so Klenk, Strache gewesen, der Vorschläge gemacht habe. Als Strache von den Spendern gesprochen habe, habe er, so Klenks Eindruck, "ein bisschen dick aufgetragen".

"Popcorn oder das Speibsackerl?"

"Das Video ist insgesamt sehr schwer zu verstehen, weil Gudenus über längere Passagen ins Russische übersetzt. Es sind auch sehr schlechte Tonaufnahmen, wo die Personen durcheinander reden“, sagt Klenk. Es gebe weiters noch Gespräche über Orban, wie Strache den Westen sieht, wie er sein Geld anlegt und dass ihm beispielsweise Christian Baha von Superfund zu Goldanlagen geraten habe. Zudem groteske Momente wie: "Ich bin der Red Bull Brother from Austria“.

SPÖ-Fraktionsführer Krainer will als letzte Frage in der ersten Fragerunde wissen, ob er "Popcorn oder das Speibsackel“ bei sich haben soll, wenn er das Video sieht?

Klenk antwortet darauf: "Wenn David Schalko das Script schreiben würde, dann würden wir sagen: Das gibt es gar nicht. Manchmal gibt es Momente, wo Regierungskriminalität mit einer Frau vorbereitet wird, die völlig unbekannt ist. Es gibt Momente, wo Strache eigentlich ein paar Mal aufstehen müsste und die Villa verlassen müsste. Das tut er aber nicht.  In der Küche sagt er dann zu Gudenus mehrfach: Joschi bring das zu einem Ende.“

Gute Beziehungen zu Orban

Der Neos-Abgeordnete Helmut Brandstätter will von Klenk wissen, was Strache über Viktor Orban und Russland auf dem Video sagt. Klenk schildert, dass sich Strache im Ibiza-Video damit  damit brüstet, dass er ein sehr enges Verhältnis zu Orban hätte. Strache erzählt der vermeintlichen Oligarchin: "Orban sagt immer, wenn ich etwas brauche, dann brauche ich nur anrufen.“ Und auch Johann Gudenus bekräftigt: "Wir haben mit Orban sehr gute Beziehungen."

Ibiza-U-Ausschuss: "Ein Sackbauer geht nicht unter"

Heinz-Christian Strache

"Sackbauer" Strache geht nicht unter

Nach Klenk hat Ex-Vizekanzler Strache seinen Auftritt. Gleich zu Beginn kündigt er an, sich bei Antworten öfter "entschlagen" zu wollen, weil er keine Einsicht in die Ermittlungsakten bekommen habe. Der "heutige Zeitpunkt" sei "nicht gerade günstig zur Befragung", sagt Strache. "Aber ich gehe zu einem späteren Zeitpunkt auf diese Vorwürfe auch hier im U-Ausschuss ein."

In der Befragung betont er, sich immerzu auf dem "Feld der Rechtsstaatlichkeit" bewegt zu haben und stellt ein weiteres Mal fest: "Es war mit Sicherheit kein philosophischer Abend." Strache ist weiterhin überzeugt, dass er an jenem verhängnisvollen Abend betäubt worden sei.

Und: Strache repliziert auf eine Aussage von Florian Klenk, der sich beim Ansehen auf des Videos an eine Mischung aus Kottan ermittelt, Sackbauer und Pulp Fiction erinnert fühlte, in Anspielung auf die legendäre TV-Serie "Ein echter Wiener geht nicht unter", wie folgt: "Ein Sackbauer geht nicht unter."

Nie angenommen habe er Geldleistungen, betont Strache. Man könne sich mit Geld keine Gesetze kaufen.

Milliardäre fehlen am Freitag

Kraft der Stimmen von Neos und SPÖ werden für Freitag Innenminister Karl Nehammer und Justizministerin Alma Zadic vorgeladen. Grund: Die Verzögerung bei Beweismitteln. Zudem: Milliardärin Heidi Goess-Horten, Waffenproduzent Gaston Glock, Novomatic Eigentümer Johann Graf und der ehemalige Casino-Vorstand Dietmar Hoscher werden aus gesundheitlichen Gründen am Freitag nicht Rede und Antwort stehen.

"Geht um die Moral"

Was erwarten die im Parlament vertretenen Parteien von dem U-Ausschuss? Sie äußerten sich vor Klenk.

Nina Tomaselli von den Grünen sagte, "wir sind bei einer Zwischenstation. Eine Reise hat begonnen in den finstersten Ecken". In diese Ecken wollen die Grünen Licht bringen. "Waren das entsetzliche Behauptungen oder Tatsachen", fragte Tomaselli sich selbst. Wenn letzteres der Fall ist, so hätten wir in Österreich ein "Problem". Die Fragestellung laute zudem: "Können sich Reiche Gesetze kaufen."

Eröffnungsstatement Nina Tomaselli von den Grünen

Danach gefragt, ob der U-Ausschuss Probleme mit dem Regierungspartner ÖVP nach sich ziehen könne: "Für uns Grüne ist Aufklärung wie bei keiner anderen Partei in der DNA." Es spiele deshalb auch keine Rolle, "ob wir auf der Oppositions- oder Regierungsbank sitzen".

Eröffnungsstatement Wolfgang Gerstl, Fraktionsführer der ÖVP

Als nächstes am Wort war Wolfgang Gerstl, Fraktionsführer der ÖVP im U-Ausschuss.

"Fassungslos" sei man vor einem Jahr vor den Bildschirmen gesessen. "In Ibiza wurden Dinge geredet, die es gilt heute lückenlos aufzuklären", so Gerstl. Es handle sich um den "größten Vertrauensbruch der II. Republik. Die FPÖ hat sich um Kopf und Kragen geredet".

Es gehe nicht nur um "kleinkriminelle Handlungen", sondern es gehe um "Moral". Es gelte das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Repräsentanten wieder herzustellen, so Gerstl. Das Kontroll-Instrument des U-Ausschuss solle auch nicht von der Opposition dazu verwendet werden, "um Kleingeld zu machen".

Eröffnungsstatement Stephanie Krisper (Neos) und Jan Krainer (SPÖ)

"Kleinwalsertal Zwei"

Es solle eine "neue Moral in die Politik" Einzug halten. Dem von Nina Tomaselli unterstellten Gesetzeskauf unter Türkis-Blau konterte Gerstl. "Wir sehen keine Hinweise,dass es zu Rechtswidrigkeiten seitens der Regierung gekommen ist." Das Ibiza-Video habe die zwei Seiten der FPÖ gezeigt. Auf Nachfrage stellte Gerstl fest: "Ich bin kein Mitarbeiter des BKA." Selbiges wurde zuvor von der FPÖ in den Raum gestellt.

Für Stephanie Krisper von den Neos  war es ein "guter Morgen", weil der U-Ausschuss beginne. "Heinz-Christian Strache war nicht der korrupteste, sondern der plumpeste", so Krisper. Ein Jahr lang soll aufgeklärt werden. "Mit der korrupten Verhaberung in diesem Land muss Schluss sein." Krisper kritisierte zudem die Platzverhältnisse beim Ausschuss. Es handle sich um ein "Kleinwalsertal Zwei", so Krisper, man sei bestrebt, eine andere Raumlösung zu finden.

"Amputation der Aufklärungsarbeit"

Die Akteneinsicht fördere zu Tage, meinte Jan Krainer von der SPÖ, "es wurde bestellt, es wurde geliefert". Es handle sich um eine "Geschichte der Torpedierung und Amputation der Aufklärungsarbeit".

Eröffnungsstatement Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsführer

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker sagte, Beweismittel seien selektiv weitergegeben worden. "Sowohl Heinz-Christian Strache als auch Sebastian Kurz bilden eine Einheit mit ihrem Handy." Hafenecker hielt ein Schild in die Kameras, auf dem zwei Fotos zu sehen sind: ein Bild von Sebastian Kurz mit "SMS nicht im Akt", ein Bild von Heinz-Christian Strache "SMS im Akt".

Der Vorsitzende Wolfgang Sobotka hielt sich kurz: "Der U-Ausschuss ist kein Gericht, schon gar kein Strafgericht". Es solle bewusst damit umgegangen - Auskunftspersonen sollen als solche behandelt werden.

Vorsitzende Wolfgang Sobotka: "Der U-Ausschuss ist kein Gericht, schon gar kein Strafgericht"

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