"So kann man nicht arbeiten"
Die Opposition sah am Dienstag schwarz – im wahrsten und im übertragenen Sinn des Wortes: Zahlreiche Akten, etwa vom Finanzministerium, der Finanzmarkt-Aufsicht (FMA) und der FIMBAG (Finanzmarkt-Beteiligungs AG des Bundes) seien geschwärzt worden, monierten Neos, Grüne & Co. Die Zeugenbefragung wurde also wieder von rechtlichen Streitfragen überschattet.
"Unter diesen Voraussetzungen können wir nicht aufklären", sagte Elmar Podgorschek (FPÖ) anlässlich der geschwärzten Akten. "So kann man nicht arbeiten. Wenn das so weitergeht, muss man die Zeugenbefragungen einstellen", meinte Robert Lugar (Team Stronach) gar. Diese "Vertuscherei" dürfe nicht fortgesetzt werden, wetterte Rainer Hable (Neos).
Dass Aktenteile unlesbar gemacht worden sind, ist insofern bemerkenswert als die seit Jahresbeginn geltenden neuen Regeln für Untersuchungsausschüsse genau das verhindern hätten sollen – so wurde es von der Politik zumindest angekündigt.
Geheim und geschwärzt
Schwärzungen waren ja in früheren U-Ausschüssen immer wieder ein Problem. Um das künftig auszuschließen, wurde eine "Informationsordnung" beschlossen. Diese sieht vor, dass Unterlagen von Ministerien und Behörden klassifiziert werden. Es gibt vier Geheimhaltungsstufen ("eingeschränkt, vertraulich, geheim, streng geheim"). Akten, die nicht derart eingestuft werden, können von den Abgeordneten in öffentlichen Sitzungen verwendet werden. Bei der Stufe eins ("eingeschränkt") muss im U-Ausschuss entschieden werden, ob aus den Akten zitiert werden darf. Ab Stufe zwei sind die Unterlagen geheim. Und nun hat die Opposition also Akten gefunden, "die klassifiziert und geschwärzt sind", beklagt Hable.
SPÖ und ÖVP gestanden immerhin ein, dass Schwärzungen grundsätzlich nicht zulässig seien. SPÖ-Mann Kai Jan Krainer sah darin aber nur ein "Randthema" – und sagte, er habe bisher "nur eine Schwärzung gesehen".
ÖVP-Fraktionschef Gabriele Tamandl sagte, der Ausschuss gebe aufgrund der vielen Debatten um Schwärzungen, Geheim-Akten und die Nennung von Zeugennamen "ein verheerendes Bild ab".
Nicht verboten
Finanzministerium und FMA erklärten, man habe nur Informationen geschwärzt, die nicht den Untersuchungsgegenstand beträfen. "Stimmt nicht", behauptet Hable.
Was sagt der Experte? "Schwärzen ist nicht ausdrücklich verboten, sollte aber grundsätzlich nicht erfolgen", sagte Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus dem KURIER.
Ausschuss-Chefin Doris Bures hat angekündigt, von den Behörden genau begründen zu lassen, warum geschwärzt wurde. Das Ergebnis soll kommende Woche schwarz auf weiß vorliegen.
Ein Staatskommissär habe kaum Macht und Einfluss. Er sei nur „Auge und Ohr“ der Finanzmarkt-Aufsicht (FMA) im Aufsichtsrat einer Bank, „ein kleines Rädchen“ also, erklärte Zeugin Monika Hutter im Hypo-U-Ausschuss.
Die Ministerialrätin aus dem Finanzressort war 16 Jahre lang Vize-Staatskommissärin in der Hypo – und verteidigte gestern die beiden Staatskommissärinnen, die vergangene Woche befragt worden waren. Die zwei staatlichen Aufpasserinnen hatten ja keine Einsprüche erhoben und keine kritischen Berichte der Nationalbank (OeNB) gelesen. Hutter hat auch nie etwas beeinsprucht, das sei rechtlich sehr eng gefasst („totes Recht“).
Die Beamtin hat aber trotz geringer Kompetenzen und mickriger Entlohnung (250 Euro/Monat) Kritik geäußert – etwa nach einer „denkwürdigen Aufsichtsratssitzung“ im November 2008. In ihrem Bericht hatte die Volkswirtin festgehalten, dass sie die vom Hypo-Vorstand rund um Tilo Berlin verfassten Gewinnannahmen nicht teile, weil diese zu optimistisch seien. „Es hat sich abgezeichnet, dass man den Plan um 550 Millionen verfehlen wird“, schilderte Hutter gestern. Die Hypo hatte eine Gewinnprognose von 250 Millionen ausgegeben, im November 2008 habe sich aber schon ein Minus von 300 Millionen abgezeichnet. Die Zuversicht sei also „absurd“ gewesen. Warum ist der Vorstand so daneben gelegen ist? Hutter: „Berlin hatte keinen Blick für makroökonomische Zusammenhänge.“
Verheerende Folgen
Hutters Bericht blieb allerdings ohne Folgen. Sechs Wochen später habe die Nationalbank die Gewinnprognose „als plausibel erklärt“, berichtete der Grüne Werner Kogler. Aufgrund der „Not distressed“-Beurteilung erhielt die Hypo 900 Millionen vom Staat. Wäre das Gutachten negativ ausgefallen, „hätte ein Restrukturierungsplan vorgelegt werden müssen“, sagt Kogler. Ein Teil der Bank hätte abgebaut werden müssen, „der Schaden wäre geringer ausgefallen“.
Was kann man künftig besser machen? Hutter: „Vielleicht müssen wir noch lauter schreien.“
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