Hypo-Zeugin: "Konnte Desaster nicht verhindern"
"So können wir nicht arbeiten." Die heutige Runde im Hypo-U-Ausschuss begann mit einem Eklat. Auslöser war ein Stapel geschwärzter Akten. Die Opposition zeigte sich geeint, die Schwärzungen müssen unterbunden werden. Eigentlich sei das durch die neue Verfahrensordnung sowieso untersagt.
Zu Beginn gab es daher eine kurze Debatte über die Geschäftsordnung unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit.
Aufsicht hat nicht reagiert
Kurz vor 11 Uhr begann schließlich die Befragung von Monika Hutter, ehemalige Stellvertreterin jener beiden Staatskommissärinnen, die vergangene Woche ausgesagt haben. Ihr Name darf genannt werden, sie wollte aber keine Fotos.
Sie sei als Hypo-Aufseherin durchaus kritisch gewesen. Die positive Gewinnaussicht für das Geschäftsjahr 2008 "war absurd". Tilo Berlins Einschätzung sei nicht nachvollziehbar gewesen. Das habe sie auch so in einem Bericht kommuniziert und sich dabei durchaus "aus dem Fenster gelehnt". Von der FMA habe sich aber anschließend niemand bei ihr gemeldet. Auch die OeNB reagierte nicht, im Gegenteil: einige Wochen später sei die Gewinnprognose sogar als "plausibel" bezeichnet worden, zitiert Werner Kogler (Grüne).
"Unterstellen mir Mittäterschaft"
Robert Lugar (Team Stronach) kritisierte: "Sie hätten tiefer graben können."
Auch Rainer Hable (NEOS) fragte, warum sie generell nie Einspruch erhoben habe. Das sei totes Recht, so Hutter. Hable widersprach ihr. "Sie unterstellen mir Mittäterschaft an kriminiellen Machenschaften", empörte sich daraufhin die Zeugin.
"Müssen lauter schreien"
Sie habe in ihrer Funktion nicht mehr tun können, um das Desaster zu verhindern. Was man künftig besser machen müsse?
"Vielleicht müssen wir noch lauter schreien."
Der KURIER hat live aus dem Parlament berichtet. Der Tag zur Nachlese:
Pünktlich beendet Vorsitzende Doris Bures die Befragung. Nun wird hinter verschlossenen Türen erneut zur Verfahrensordnung debattiert.
Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Die Befragung geht jetzt übrigens ins Finale. Um 15:40 Uhr soll Schluss sein, so Bures.
Kogler (Grüne) schießt sich auf die Nationalbank ein. Er zitiert aus einem OeNB-Bericht, wonach die damaligen Gewinneinschätzungen der Hypo nach Ansicht der Nationalbanker "realistisch" gewesen seien. Auch Hutter hatte die Prognose als "absurd" bezeichnet.
"Sie haben Ihren Job also so gemacht wie es in Österreich Standard ist. Sie sind sich keiner Schuld bewusst?", kommentiert die ÖVP.
"Ich habe meine Arbeit mit der notwendigen Sorgfalt gemacht und bin auch darüberhinaus gegangen", sagt die Zeugin. Es ändere leider nichts an dem Desaster, da habe sie auch nichts präventiv tun können.
Hutter stellt klar, dass sie keine Analysen gemacht hat. Ihre Berichte seien aber durchaus richtig gewesen.
Gernot Darmann (FPÖ) fragt zu einem konkreten Fall von Kreditvergaben der Hypo, den Hutter allerdings nicht kommentieren kann, da sie bei der Sitzung nicht dabei war.
Was müsse getan werden, damit die Staatskommissäre effizienter sind, fragt Kai Jan Krainer. "Ich würde den Titel ändern, der ist irreführend", sagt Hutter. Die Frage richtig beantworten, kann sie allerdings nicht. Krainer wiederholt die Frage.
"Wir müssen wohl lauter schreien", so die ehemalige Staatskommissärin.
Die Befragung geht weiter.
Rainer Hable geht erneut auf das Thema Kreditausschuss ein. "Hat es Gutachten in der Causa Hilltop gegeben?" Hutter bleibt vage und stellt wieder klar, dass sie bei diesen Sitzungen nicht war.
Die Fragerunde dreht sich langsam im Kreis. Hable will von dem Thema nicht abrücken. "Herr Abgeordneter, das haben wir bereits geklärt."
Die dritte Fragerunde wurde eingeläutet. Lugar schießt sich nun darauf ein, dass Hutter Dienstnehmerin des Finanzministeriums ist. Er will mehr über Hutters Verhältnis zum BMF wissen. "Ich wurde vom Finanzministerium bestellt und war weisungsgebunden gegenüber der FMA", stellt Hutter klar. Ihr Vertrauensanwalt werde vom Ministerium bezahlt.
Bures unterbricht die Befragung. Kurze Besprechung.
Warum hat die FMA nicht mehr getan? Hutter: "Ich hatte schon den Eindruck, dass Maßnahmen gesetzt wurden."
Mit der Finanzkrise seien das Problembewusstsein als auch die Befugnisse der FMA gewachsen - und hätten sich positiv auf die Kontrolltätigkeit ausgewirkt.
Darmann (FPÖ) weist auf einen Widerspruch hin. Schließlich habe Hutter zuvor gesagt, dass ihre Berichte keine WIrkung bei der FMA gezeigt haben.
Sie habe generell gemeint, so die Zeugin. Ihre Berichte haben das Debakel nicht verhindern können.
Karin Greiner (SPÖ) hat übernommen. Sie legt einen Nationalbankbericht aus dem Jahr 2004 vor. Darin heißt es, dass Bilanzierungsfragen nicht Thema im Aufsichtsrat sein sollen.
Hutter kennt den Bericht nicht, findet die Gesprächsnotiz aber "interessant", da es sich um das Jahr der Swap-Verluste handelt.
Greiner kommt auf Geldwäsche innerhalb der Hypo zu sprechen. Sei die FMA dafür gerüstet gewesen? Die Zeugin bejaht.
Lugar fragt jetzt wieder. Habe sie gar nicht genau hinschauen wollen? Ihre Tätigkeit hätte sonst eine Sekretärin auch geschafft, so der Team Stronach-Politiker.
Könnte man die Funktion streichen?
Hutter sagt, ihre Arbeit und ihre Berichte seien erwünscht gewesen. Ihre Tätigkeit sei also von Interesse für die FMA gewesen.
Werner Kogler ist wieder dran. Warum hat die FMA auf ihren kritischen Bericht nicht reagiert? An wen ging der Bericht? Hutter kann sich an keine Namen erinnern.
Gabriel Obernosterer von der ÖVP fragt nun. Sind Ihnen Interventionen seitens der Kärntner Landesregierung bekannt? Nein, sagt Hutter. "Was hätte man auch von uns haben wollen?"
Das war die erste Fragerunde. Fünf Minuten Pause, dann geht es weiter.
Elmar Podgorschek von der FPÖ ist an der Reihe. Er will über das Pouvoir der Aufsichtsräte sprechen. Warum wollten die ihre Zugriffsrechte selbst beschneiden? Diese Grenzen seien bei der FMA kein Thema gewesen.
Nun ist Kai Jan Krainer von der SPÖ dran. Auch er will nachvollziehen, warum Hutter nie Einspruch erhoben habe. Sie habe Stellung genommen, aber Einspruch gegen das Geschäftsmodell der Bank sei nicht möglich gewesen. "Die Hypo war auf Expansion ausgelegt gewesen, es gab keinen Blick auf das Risiko."
Die Haftungen waren im Aufsichtsrat kaum ein Thema. Sie war aber auch nicht immer dort.
Krainer will wissen, ob es einen Plan B für das Geschäftsmodell gegeben habe. Der Börsegang war wohl die Strategie, sagt Hutter. Aber sie habe sich darüber nicht den Kopf zerbrochen.
Rainer Hable von den NEOS hat das Wort. Er betont, dass eine Staatskommissärin durchaus einen Einspruch erheben kann. Wie sei das vereinbar mit ihrer Darstellung einer passiven Funktion?
"Sie unterstellen mir Mittäterschaft an kriminellen Machenschaften"
Der Einspruch sei totes Recht, dazu komme es nie, sagt Hutter. Es sei zudem in Österreich nicht verboten, schlechte Geschäfte zu machen. Das Risiko sei die Entscheidung der Bank, da könne sie keinen Einspruch erheben. Dem widerspricht Hable.
"Sie unterstellen mir Mittäterschaft an kriminellen Machenschaften", empört sich die Zeugin.
Das Team Stronach fragt jetzt. Auch Robert Lugar zitiert kritische Aussagen Hutters. Sie habe Kennzahlen beanstandet, aber sich mit einer einfachen Antwort zufrieden gegeben, sagt Lugar.
Die Protokolle seien keine Wort-Protokolle, so Hutter. Sie habe sicher nachgefragt. Warum gibt es dann keinen Bericht von ihnen an die FMA, will Lugar wissen. Es gab zu diesem Zeitpunkt keine einzelnen SItzungsberichte, sagt Hutter.
Lugar wird emotional. "Sie sollten die Gläubiger schützen und haben dies unzureichend erfüllt. Sie hätten tiefer graben können."
Sie habe sich oft genug aus dem Fenster gelehnt, sagt hingegen die ehemalige stv. Staatskommissärin. Sie verweist zudem erneut auf ihr limitiertes Tätigskeitsprofil.
Nun sind die Grünen an der Reihe. Werner Kogler hat das Wort. Er will Details aus Aufsichtsratsitzungen wissen und zitiert aus einem Protokoll von Hutter an die FMA aus dem November 2008. "Ich teile diese optimistische Einschätzung nicht", heißt es darin in puncto Osteuropa ein, wo die Hypo stark engagiert war.
"Wie wurden Schritte argumentiert?" Tilo Berlin habe stets betont, dass man am Balkan gesund sei, so Hutter, dies aber nicht vernünftig argumentiert. Die FMA habe sich nach dem kritischen Bericht nicht bei ihr gerührt, so Hutter.
Politische Interventionen von Landeshauptmann Jörg Haider habe sie nicht mitbekommen, sagt Hutter.
Es gab auch Aufsichtsratsitzungen wo keine Staatskommissärin dabei gewesen war, hält die Zeugin fest.
Die erste Fragerunde beginnt die ÖVP-Fraktion. Gabriele Tamandl will wissen, ob Hutter genug Zeit für ihre Tätigkeit gehabt habe. Diese bestätigt, meint dann aber: "Ich weiß nicht, ob man das auch die Männer fragen würde."
"Ich wurde oft im Unklaren gelassen. Ich wusste 2009 z.B.: nicht, dass die Verstaatlichung ansteht", hält Hutter zudem fest. Ein Raunen geht durch die Journalistenreihe.
Tamandl will wissen, was sich durch die Änderung der Bankenaufsicht zur FMA geändert habe. Modernisiert und professionalisiert wurde die Aufsicht, sagt Hutter.
"Man hat sich nicht gerissen um diese Funktion", hält Hutter zudem fest auf die Frage, ob sie gerne mehr als Stellvertreterin gewesen wäre.
Wann wurde der Zustand in Kärnten besorgniserregend? "2006 durch das Bekanntwerden der Swap-Verluste", sagt Hutter. Der Wirtschaftsprüfer habe die Bestätigung zurückgezogen, da habe "man schon gesehen, es gibt Probleme". Dass Finanzministerium habe keine Kenntnis von ihren FMA-Berichten gehabt? "Das weiß ich nicht." Damit ist die Erstbefragung durch den Verfahrensrichter abgeschlossen.
Der Verfahrensrichter stellt nun die ersten Fragen. Es geht um den Werdegang und die Tätigkeiten der Zeugin. Ab 2006 bis 2014 habe die Sitzungstätigkeit für die Hypo immens zugenommen, sagt Hutter. Zuerst war die Vergütung angemessen, dann sei der Arbeitsaufwand zu stark gestiegen. Etwa 250 Euro habe sie als Stellvertreterin im Monat bekommen.
Nun beginnt die Zeugenbefragung. Die ehemalige stv. Staatskommissärin Monika Hutter hat zugestimmt, dass ihr Name genannt wird. Bild darf keines gemacht werden.
Hutter beginnt ihr Eingangsstatement mit einer Erklärung bezüglich der Funktion eines Staatskommissärs: " Die Staatskommissärin hat ihre Tätigkeit erfüllt."Die Tätigkeit beschränke sich auf den Aufsichtsratsitzungssaal und die Berichterstattung für die FMA, betont Hutter. Die Kompetenzen seien also sehr eingeschränkt.
Was tun also Staatskommissäre? Die vom Finanzministerium eingesetzten Kontrollore verfolgen Aufsichtsratssitzungen, sitzen in Ausschüssen von Banken und liefern der Finanzmarkt-Aufsicht Infos. Die bisher befragten Hypo-Staatskommissärinnen gaben an, nie Einspruch gegen Entscheidungen der Bank erhoben zu haben, weil dies rechtlich eng definiert sei. Sie hatten sich auch nie mit den Landeshaftungen befasst und keine (kritischen) Hypo-Berichte der Nationalbank bekommen und gelesen. Die Entlohnung ist mit 500 Euro im Monat gering.
Werner Kogler hat im Vorfeld erneut kritisiert, dass nur fünf Prozent aller Akten für den U-Ausschuss elektronisch erfasst und bearbeitbar sind. Dass Behörden pauschal alle Akten klassifizieren und damit diese nur eingeschränkt für die Öffentlichkeit zugänglich sind, beklagt er ebenso.
Wie erwartet, beginnt auch der heutige Tag mit einem Eklat. Die Opposition empört sich geschlossen über zahlreiche klassifizierte Akten, die zusätzlich geschwärzt wurden. Dabei wäre das eigentlich durch die neue Verfahrensordnung untersagt. "Die Aufklärungsarbeit wird systematisch behindert", kritisiert Rainer Hable von den NEOS. Robert Lugar vom Team Stronach. "So kann man nicht arbeiten. Wenn das so weiter geht, müssen wir die Zeugenbefragungen einstellen."
Der Grüne Werner Kogler sagt: "Das ist empörend und unzulässig. Das Parlament verhüllt sich selbst."
Elmar Podgorschek (FPÖ) stimmt ein: "Unter diesen Voraussetzungen können wird nicht aufklären."
Selbst ÖVP-Fraktionsführerin Gabriele Tamandl gesteht ein, dass die Schwärzungen "nicht richtig" seien. Der U-Ausschuss gebe ein "verheerendes Bild in der Öffentlichkeit" ab. Kai Jan Krainer von der SPÖ hingegen spielt die Schwärzungen als "Randthema" herunter. Er habe bis dato nur eine geschwärzte Seite gesehen. Aber auch er gibt zu, dass dies eigentlich "rechtlich unzulässig" sei.
Nun wird erneut hinter verschlossenen Türen über die Geschäftsordnung verhandelt, die Medien müssen draußen warten.
Die Finanzmarktaufsicht FMA hat sich gegen den Vorwurf der unberechtigten Schwärzungen gewehrt.
Guten Morgen aus dem Parlament! Wir hoffen heute auf tiefere Einblicke ins Hypo-Drama und weniger Wirbel in puncto Medienöffentlichkeit als vergangene Woche. Geladen ist erneut eine Staatskommissärin.
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