Das Netz rüstet zum Hypo-Widerstand

"Wer wird gerettet?" - Hypo-Protest vor dem Bundeskanzleramt im Februar.
Immer mehr Menschen rufen im Internet zum Protest gegen den Hypo-Kurs der Regierung auf.

Sei es, um zum Hupen gegen die Hypo aufzufordern oder zu Demonstrationen einzuladen: Selten war Protest so einfach und gleichzeitig so leicht zu verbreiten, wie mit Facebook, Twitter und Co.

Und die Causa Hypo Alpe Adria scheint viele zu erregen: Bereits über 40.000 Menschen haben die Online-Petition für einen U-Ausschuss unterschrieben. Hunderte organisierten sich auf Facebook, unter dem Motto "Es reicht" Dienstagabend in der Wiener Innenstadt zu demonstrieren. "Wir möchten den Menschen eine Möglichkeit geben, der Regierung ihre Wut und Enttäuschung zu zeigen", sagt der Initiator der Demonstration, Tommi Enenkel, zum KURIER. Seine Forderungen sind klar: Ein U-Ausschuss muss her, es sollen nicht "Gewinne privatisiert" und "Verluste kollektiviert" werden. Von Beruf her ist Enenkel Software-Entwickler, auf Facebook wird er dann auch mal zum Veranstalter. "Nur wenn die Zivilgesellschaft das richtige Selbstbewusstsein entwickelt, kann sie sich gegen ungerechte Entscheidungen wehren", sagt er.

Selfie gegen Hypo-Lösung

Nicht auf die Straße, dafür in die virtuelle Blase wagen sich andere Hypo-Kritiker. Sie posten Fotos, hauptsächlich Selfies, auf einem Tumblr-Blog und zeigen auf, was sich mit den Hypo-Kosten alles finanzieren ließe. "Mit 19 Milliarden Euro könnte man die U1 bis nach Graz verlängern", rechnet ein junger Mann vor. "Mit 19 Milliarden Euro könnte man 8200-mal die gesamte Regierung ins Weltall schießen," schreibt ein anderer. Dieser Selfie-Protest ist unter dem Stichwort #Hypo auch auf Twitter zu finden. Darunter auch bekannte Gesichter wie Rudi Fußi, Julian Schmid oder Wolfgang Moitzi.

Zu den prominenten Hypo-Kritikern reiht sich auch der Kabarettist Roland Düringer. Er nutzt einen Videoblog, um Kritik und Unmut loszuwerden. "Wenden Sie weiteren Schaden ab und lehnen Sie einen U-Ausschuss nicht weiter ab", fordert er auf seiner Website in einem offenen Brief an Finanzminister Michael Spindelegger.

Keine Massenbewegung

Noch ist der Hypo-Protest aber keine Massenbewegung: 600 Teilnehmer verzeichnete die Demo am Dienstag. Und auch die 40.000 Petitionsunterstützer sind angesichts des großen Aufschreis in der Bevölkerung doch eine überschaubare Zahl. Die Tendenz scheint allerdings stark steigend.

Er bezeichnet sich als "konservativ und unverbesserlicher Idealist" - und offenbar hat er auch keine Scheu davor, gegen die Parteilinie aufzutreten: Norbert Holzhauser, stellvertretender Obmann der JVP Salzburg - hat sich auf seinem Blog nun für einen U-Ausschuss zur Hypo ausgesprochen. Wie schon der Kärntner VP-Chef Obernosterer oder Vorarlbergs Landeshauptmann Wallner sieht er auch die Vorteile einer Untersuchung; sein "Outin" begründet er so: "Es besteht bei den Regierungsparteien die Angst, dass die Opposition die Regierung in einem Hypo-U-Aschuss auf vor sich hertreiben würde, aber was das angeht, kann ich Entwarnung geben: Hey, das passiert bereits! Es passiert, weil die Regierung keinen vernünftigen Grund gegen einen U-Ausschuss nennen kann! Es passiert, weil die Bevölkerung – zurecht – extrem sauer ist!", schreibt der JVPler.

Meist sind die Oppositionsparteien nicht eines Sinnes. In Sachen Hypo sind sie es: Ein U-Ausschuss müsse her, um zu klären, wer für das Milliarden-Desaster verantwortlich ist. Am Dienstag werden sie bei der Sondersitzung den dazugehörigen Antrag im Nationalrat einbringen. Rote und Schwarze werden sich an die Vorgabe ihrer Oberen halten – und dagegen stimmen. Eine schert aus. Die SP-Abgeordnete Daniela Holzinger. "Ich halte mich an den demokratischen Beschluss im Klub, nicht mit der Opposition zu gehen. Ich werde mich aber auch nie gegen einen U-Ausschuss stellen. Deshalb werde ich bei der Abstimmung den Saal verlassen", sagt sie dem KURIER. Schon beim letzten Oppositionsantrag zur Causa hat es Holzinger so gehalten. Dass ihre Partei einen U-Ausschuss ablehnt, missfällt ihr: "Das ist falsch, schaut aus, als würden wir etwas zudecken. Es gibt nichts zuzudecken. Aus Angst vor der FPÖ bei einem U-Ausschuss spielen wir ihr mit dem Nein dazu erst recht in die Hände. Als SPÖ müssen wir sagen: Volle Aufklärung!"

Prozedere ändern

Darauf drängt auch Burgenlands SP-Landeshauptmann Hans Niessl. Vorerst sei einiges zu tun – von der "Qualifizierung des Hypo-Schadens" bis zum Beitrag der Bayern –, hernach "hat das Parlament die politische Verantwortung zu klären". Sein Vorarlberger VP-Pendant Markus Wallner begehrt ebenfalls weiter einen U-Ausschuss: "Ich würde alles tun, was zur Aufklärung beiträgt." Auch VP-Mandatar Gabriel Obernosterer ist einer Polit-Untersuchung nicht abgeneigt: "Jetzt muss die Bank abgewickelt werden. Danach müssen wir überlegen, ob ein U-Ausschuss nicht angebracht wäre." Das Procedere sei aber zu ändern: "Ein U-Ausschuss darf nicht länger Show-Bühne für die Opposition sein."

Bundeskanzler Werner Faymann sagte gegenüber dem KURIER, er sei nicht grundsätzlich gegen einen U-Ausschuss, zuerst brauche es aber neue Ausschuss-Regeln, damit es wirklich nur um Aufklärung geht, und nicht um eine Show der Opposition. Zudem solle der Verfassungsdienst prüfen, ob der U-Ausschuss auch die Vorgänge in Kärnten durchleuchten kann.

Druck auf SP und VP gibt es auch von Bürgern: Über 39.000 haben mittlerweile eine Petition für einen Hypo-U-Ausschuss unterzeichnet. Der Kabarettist Roland Düringer appelliert in einem offenen Brief an VP-Finanzminister Spindelegger: "Wenden Sie weiteren Schaden ab. Und lehnen Sie einen U-Ausschuss nicht länger ab."

Kommentare