Hypo: Opposition feiert Bürger-Rekord

Ungewöhnliches Bild: Stronachianer, Neos, Grüne und Blaue halten den Regierungsfraktionen nicht nur ihr Nein zu einem U-Ausschuss, sondern auch die Unterstützung der Bürger für einen solchen vor
Mehr als 100.000 Menschen haben die U-Ausschuss-Petition unterzeichnet – Opposition fordert jetzt auch von Fischer Druck.

Es ist ein Rekord. Mehr als 104.000 Bürger haben bis dato die Online-Petition für einen Hypo-U-Ausschuss unterzeichnet. Noch nie haben so viele Österreicher ein solches Begehren signiert. Die Opposition, die die Petition initiiert hat, jubiliert – und macht die Sache plastisch: Legte man die Unterstützungserklärungen aufeinander, wäre der Stapel so hoch wie die Pallas Athene vor dem Parlament.

Hypo: Opposition feiert Bürger-Rekord
APA17661166 - 27032014 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Matthias Strolz (NEOS), Werner Kogler (Grüne), Heinz Christian Strache (FPÖ) und Robert Lugar (Team Stronach) während einer improvisierten PK zur Petition für einen Hyo-Untersuchungsausschuss im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates am Donnerstag, 27. März 2014, im Parlament in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Ob des steigenden Drucks könnten Rot und Schwarz einen U-Ausschuss wohl nicht mehr lange verweigern, meint der grüne Vize-Klubchef Werner Kogler: "Diese mehr als 100.000 Unterschriften können sie nicht wegwischen. Die Fürsten der Finsternis auf ihren hohen Rössern werden mit ihrem Hochmut einen tiefen Fall erleben." Neos-Klubchef Matthias Strolz urteilt: "Jene, die Landtagswahlen haben, haben die Hosen schon voll. Zum Glück haben wir fünf Landtagswahlen in den nächsten 18 Monaten." Tatsächlich bröckelt die rot-schwarze U-Ausschuss-Abwehrmauer – in jenen Ländern, in denen demnächst gewählt wird.Wie vom KURIER berichtet, plädiert nicht nur Vorarlbergs ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner für einen U-Ausschuss; auch alle ÖVP- und SPÖ-Landtagsabgeordneten begehren einen – aus Angst, im Herbst wegen des Hypo-Desasters stellvertretend für die Bundeskoalitionäre abgestraft zu werden. Und so ist auch der schwarze Ländle-Nationalratsabgeordnete Norbert Sieber für einen U-Ausschuss, ebenso sein SPÖ-Pendant Elmar Mayer.

VP-Steindl schert aus

Erstmals "grundsätzlich Ja" zu einem U-Ausschuss sagt auch ein burgenländischer Schwarzer. ÖVP-Chef Franz Steindl zum KURIER: "Justiz und U-Kommission sollen zügig arbeiten. Wenn sich dann noch offene Fragen ergeben, kann ich mir durchaus einen U-Ausschuss vorstellen."

Die Klubchefs von SPÖ und ÖVP sagen angesichts des Drucks zwar nicht mehr kategorisch Nein zu einem U-Ausschuss. Dass sie keinen wollen, ist aber nach wie vor evident. Die Hypo sollte abgewickelt, der Bericht der U-Kommission abgewartet werden; dann könne man diskutieren, ob ein U-Ausschuss noch nötig sei, sagen Andreas Schieder und Reinhold Lopatka.Auch das Staatsoberhaupt meint, die U-Kommission sei das richtige Mittel, um die Hypo-Causa aufzuklären.

Hypo: Opposition feiert Bürger-Rekord
Austrian Peoples Party OeVP leader and Vice Chancellor Michael Spindelegger, President Heinz Fischer and Social Democratic Party SPOe leader and Chancellor Werner Faymann (L-R) leave a meeting in Vienna December 13, 2013. Austria's mainstream pro-European parties, in power since 2006, have agreed to extend their coalition government for a second five-year term. REUTERS/Heinz-Peter Bader (AUSTRIA - Tags: POLITICS)
Das missfällt der Opposition. "Der Bundespräsident hilft mit, die parlamentarische Kontrolle auszuhebeln. Seine Aufgabe als einstiger Nationalratspräsident wäre, die Opposition als Kontrollorgan zu stärken", befindet FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Replik aus der Hofburg via KURIER: "Der Bundespräsident lässt sich nicht vor den Karren des Herrn Strache spannen."

Im Nationalrat brachten die Oppositionellen am Donnerstag erneut einen Pro-Hypo-U-Ausschuss-Antrag ein; die Regierungsmandatare stimmten ihn wieder nieder. Für Grüne & Co ist die Sache damit nicht erledigt. Auch in den kommenden Sitzungen wollen sie einen U-Ausschuss beantragen – in der Hoffnung, letztlich durchzukommen.

KURIER-Gespräch zum Thema "Hypo-Schuld. Wie viel zahlen wir noch?" Do, 3. 4., 18 Uhr, Raiffeisen Forum, 1020 Wien. Podium: Werner Kogler, Christian Ragger, Andreas Zakostelsky, Kai Jan Krainer. Moderation: Helmut Brandstätter. Eintritt frei.

Die US-Ratingagentur Moody's honoriert die Hypo-Lösung mit einer Bestätigung der Kreditwürdigkeit des Landes Kärnten. Wie Moody's am späten Donnerstagabend mitteilte, wird Kärnten weiter mit A2 bewertet, mit stabilem Ausblick. Mitte Februar hatte Moody's die Kreditwürdigkeit des Landes Kärnten von A1 auf A2 heruntergestuft, in Reaktion auf die Diskussion über eine mögliche Insolvenz der Hypo.

Die Bestätigung erfolgt "in Anschluss an die Entscheidung der österreichischen Regierung, eine Insolvenz für die verstaatlichte Hypo Alpe-Adria-Bank International AG auszuschließen und eine Bad-Bank-Lösung zu verfolgen", heißt es in der Moody's-Mitteilung. Damit seien "Wochen der Unsicherheit über die Zukunft der Bank" beendet worden, was auch das Risiko von Belastungen für das Land Kärnten minimiere.

Moody's verweist diesbezüglich auf die Landeshaftungen für die Hypo, die mit knapp zwölf Milliarden Euro das Sechsfache des Landesbudgets 2013 ausmachen. Zwar plane die österreichische Regierung eine Lastenteilung mit dem Land Kärnten bei der Abwicklung der Hypo, doch geht Moody's davon aus, dass die finanzielle Belastung aus diesem Titel weit unter den bestehenden Haftungen liegen werde.

Die Hypo-Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen: Erstmals gibt es aus Bayern Signale, dass München doch an Vergleichsverhandlungen mit Wien über den milliardenschweren Rechtsstreit rund um die Hypo Alpe-Adria interessiert ist. Ohne sich näher in die Karten schauen zu lassen, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im ORF: "Alles was gelingen soll, können sie nicht öffentlich behandeln."

Bedeutet das Geheimverhandlungen mit Finanzminister Michael Spindelegger über die gegenseitigen Forderungen von 4,6 Milliarden Euro? Am Ende gar die Zustimmung zur Hypo-Abbaugesellschaft und das Ende der laufenden Gerichtsverfahren? Vielleicht.

In Wien wird zwar hartnäckig dementiert, dass es bereits politische Verhandlungen gibt. Auch ein kolportiertes Treffen zwischen Spindelegger und Bayerns Finanzminister Markus Söder auf dem Salzburger Flughafen habe nicht stattgefunden. Aber, immerhin: "Es laufen Gespräche auf Anwaltsebene. Erst wenn die größten Probleme gelöst sind, wird man sich auf politischer Ebene zusammensetzen", heißt es im Finanzministerium.

Noch Ende Jänner war die Tonlage eine ganz andere: "Vergleichsverhandlungen finden nicht statt." Man könne nicht auf Milliarden verzichten, nur damit beim Grenzübertritt "Schönwetter" herrsche, polterte Seehofer damals. Und auch in der ÖVP ist man sich trotz der traditionell guten Beziehungen zur bayerischen CSU bewusst, dass "niemand allein wegen der guten Freundschaft ein paar Milliarden Euro hergibt." Bevor es ans Eingemachte geht, müssen überhaupt drei Bremsklötze beseitigt werden:

ChefetageDie Bayerische Landesbank ist derzeit wegen des Wechsel an ihrer Spitze mehr oder weniger lahmgelegt. Mit 1. April löst Johannes-Jörg Riegler Gerd Häusler als BayernLB-Chef ab. Häusler vertrat gegenüber der früheren Auslandstochter Hypo Alpe-Adria (2007 bis 2009) stets eine sehr harte Haltung. Mit Riegler könnte sich das ändern, hofft man in Wien.

GutachtenZweitens ist das Gerichtsgutachten des Banken-Experten Peter Mülbert (Uni Mainz) ausständig. Es soll klären, ob das österreichische Gesetz, auf das sich die Hypo beim Nicht-Auszahlen der bayerischen Kredite beruft, in Deutschland anwendbar ist. Hier wird ein Punktesieg für Österreich erwartet.

Verfahren Drittens wird das Urteil im Prozess BayernLB gegen die Hypo-Mitarbeiterstiftung abgewartet. Hier geht es um den Vorwurf der Bayern, man sei beim Kauf der Bank im Jahr 2007 betrogen worden. Hier wird nach dem jüngsten Kulterer-Urteil mit einem Punktesieg für Bayern gerechnet.

Allein die sogenannte Hypo-Lösung reißt ein Riesenloch von vier Milliarden Euro ins Budget 2014, bestätigten die Experten von WIFO und IHS am Donnerstag bisherige Befürchtungen. Dadurch steigt das Budgetdefizit Österreichs heuer auf mindestens drei Prozent. Hier noch nicht eingerechnet ist eine weitere Milliarde Euro, die der Bund laut IHS heuer für die Bad Bank der Kommunalkredit "KA Finanz" sowie die teilverstaatlichte Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) braucht. Im Jahr 2015 dürfte das Defizit wieder kräftig auf 1,4 Prozent sinken, weil dann kaum neue Budgetmittel für die Hypo benötigt werden. "Das Budget wird durch die Hypo durcheinandergeworfen", sagt IHS-Chef Christian Keuschnigg.

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