Hunderttausend wollen U-Ausschuss zur Hypo

Vier Oppositionsfraktionen, ein gemeinsames Taferl: 100.000 Unterstützer für die Hypo-Petition.
Über 100.000 Bürger unterschrieben Petition. Auch Vorarlberger ÖVP macht zu Hause und in Wien Druck; Ablehnungsfront im Hohen Haus bröckelt.

Die Unterstützungserklärungen sind in den vergangenen Tagen regelrecht explodiert, am Donnerstag kurz nach 10 Uhr war es dann soweit: Über 100.000 Menschen fordern nun per Petition einen Untersuchungsausschuss zur Causa Hypo – und die Zahl steigt rasant weiter. Damit ist die von den Oppositionsparteien getragene Initiative die bisher erfolgreichste Petition (nur die Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" hatte in der Vergangenheit ähnlich viele Unterstützer).

Bis Juni laufen die Online-Petitionen nach einem Entscheid im Petitionsausschuss des Nationalrates noch. Schönheitsfehler hat die Abstimmung über die Parlamentswebsite jedoch: Ob des großen Andrangs war der Server wiederholt nicht erreichbar, hinzukommt eine eventuelle Ungenauigkeit der gezählten Unterschriften, da bis zur Auswertung theoretisch auch mehrmals abgestimmt werden kann (z.B.: mit einer weiteren Email-Adresse).

Dennoch: Der steigende Druck seitens der Bürger ist schwer zu ignorieren. Die Regierung versucht nun die Wogen zu glätten und eine Untersuchungskommission als angemessene Alternative zu einem Ausschuss zu verkaufen. Unter der Leitung von Irmgard Griss sollen die Vorgänge rund um die einstige Kärntner Bank beleuchtet werden. Noch in diesem Jahr will sie einen Bericht vorlegen. Ein U-Ausschuss wurde von den Klubchefs Lopatka und Schieder auch am Donnerstag weiter abgelehnt.

Vorarlberger wollen U-Ausschuss

Dieser Kurs missfällt aber auch einigen Parlamentsabgeordneten von SPÖ und ÖVP – auch "weil nicht lustig" sei, ihn in ihren Bundesländern zu rechtfertigen. Noch halten sich die meisten aus Parteiräson bedeckt. Die Vorarlberger Schwarzen tun das nicht. Sie begehren einen U-Ausschuss – gar in Form eines Antrags im Landtag, den alle Fraktionen beschließen sollen. Spätestens im Mai, frühestens am 2. April. Tenor: Die Bundesregierungsparteien werden aufgefordert, einen U-Ausschuss zu ermöglichen. Warum, erklärt der Klubchef der Ländle-ÖVP, Roland Frühstück, im KURIER-Gespräch so: "Die U-Kommission mit Irmgard Griss an der Spitze ist gut. Wenn die Vermögensverwertung der ,Rest-Hypo‘ begonnen hat, sollte zusätzlich ein U-Ausschuss eingesetzt werden. Einer, der nicht nur die Zeit ab der Notverstaatlichung untersucht, sondern auch die Jahre davor, also die Ära Haider in Kärnten." Dieses Verlangen sei "zwar nicht sehr angenehm für die Regierungsparteien. Man muss aber die Zeichen erkennen. Der Unmut in der Vorarlberger Bevölkerung ist enorm groß; die Vorarlberger ÖVP will dem Rechnung tragen."

Auch Frühstücks Landsmann, der ÖVP-Nationalratsmandatar Norbert Sieber, sagt: "Die Stimmung in der Bevölkerung ist sehr angespannt. Für uns Abgeordnete ist das nicht einfach." Und so wird er das Landtagsbegehren unterstützen: "Mit diesem wäre ein Pfosten eingeschlagen, hinter den ich nicht zurückkann." In der Klubsitzung wurde er für diese Mitteilung von Parteichef Michael Spindelegger und Klubchef Reinhold Lopatka gescholten. Dabei hat sich ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner bereits im Februar pro Hypo-U-Ausschuss positioniert. Der Vorarlberger VP-Landeschef bleibt trotz U-Kommission dabei: "Man sollte Aufklärung ermöglichen."

Dass sich Vorarlbergs ÖVP gegen die Parteilinie stellt, liegt an der Ländle-Wahl im Herbst. Sie fürchtet, stellvertretend abgestraft zu werden. Die Ländle-Roten, schon jetzt eine kleine Truppe, bangen ebenfalls um Stimmen. Und so will auch deren SPÖ-Nationalratsabgeordneter Elmar Mayer mehr als eine U-Kommission: "Parallel zur Hypo-Abwicklung sollte eine U-Ausschuss-Reform erarbeitet werden. Dann sollte es einen Hypo-U-Ausschuss nach den neuen Regeln geben."

Auf den drängt auch SPÖ-Mandatarin Daniela Holzinger (OÖ). Am Donnerstag, bei der Abstimmung über den erneuten Hypo-U-Ausschuss-Antrag der Opposition, wird sie wieder den Plenarsaal verlassen. Dort ging es schon am Mittwoch wegen der Hypo rund. So rund, dass Präsidentin Barbara Prammer die Sitzung unterbrach.

Ein seltenes Bild bot sich Donnerstag am späten Vormittag im Nationalrat. Sämtliche Oppositionsabgeordnete sprangen von ihren Sitzen und hielten das selbe Taferl hoch. Der Anlass: Die von FPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS promotete Petition für einen U-Ausschuss in Sachen Hypo-Alpe-Adria hatte die 100.000-Unterstützer-Marke übersprungen.

Entsprechend einfach war dann auch der Taferltext gehalten: "Hypo-Petition: 100.000". Eingepeitscht hatte die Zettel-Aktion Grünen-Vize Werner Kogler, der die Zahl der Unterstützer als Ausdruck des unbändigen Willens der Bevölkerung, Aufklärung zu erhalten, interpretierte. Die Koalitionsabgeordneten forderte er auf, von ihrem freien Mandat Gebrauch zu machen und einem U-Ausschuss zuzustimmen.

Die nächste Gelegenheit dazu böte sich am Ende des heutigen Plenums, wo neuerlich über die Einrichtung eines Untersuchungsgremiums zunächst debattiert und danach abgestimmt wird. Eine Mehrheit zeichnet sich freilich auch diesmal nicht für den Oppositionsantrag ab. Die oberösterreichische SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger wird sich auf ihren mittlerweile auch schon üblichen Protest, den Plenarsaal bei der Abstimmung zu verlassen, beschränken.

Die Hypo Alpe-Adria war am Mittwoch mehrfach emotionsgeladenes Thema im Nationalrat, das letzte Mal zu spätnächtlicher Stunde. Als letzter Tagesordnungspunkt stand ein Antrag der Grünen auf Ministeranklage gegen Ex-Finanzministerin Maria Fekter zur Abstimmung. Er fand keine Mehrheit – aber das Thema ist ein Vorgeschmack auf einen Hypo-Untersuchungsausschuss und vielleicht eine Erklärung, warum sich die Regierung so vehement gegen dessen Einsetzung sträubt.

Die Grünen werfen Maria Fekter "Verfassungsbruch" vor, weil sie im Jahr 2013 im Bundesfinanzrahmen nur 133 Millionen Euro für die Hypo im Jahr 2014 vorsah. Sie wäre aber verpflichtet gewesen, möglichst "getreu" die finanzielle Lage des Bundes abzubilden. Grün-Abgeordneter Bruno Rossmann: "Die Regierung wollte das Hypo-Desaster vor der Nationalratswahl vor den Wählern verbergen und hat deshalb auch im Finanzrahmen jeden Hinweis über das Ausmaß des Schadens vermieden."

Dieses "Verschleppen" über den Wahltag hinaus werde ein Hauptpunkt im U-Ausschuss sein. Rossmann: "Es muss untersucht werden, inwieweit die Regierung den Schaden durch ihr parteitaktisches Verhalten noch vergrößert hat."

Dieser Vorwurf birgt tatsächlich einige Brisanz, ist doch Johannes Ditz, immerhin Ex-Minister der ÖVP, im Sommer 2013 aus Protest gegen diese Verschleppung als damaliger Hypo-Aufsichtsratspräsident zurückgetreten. Ditz hat Fekter bereits im Mai 2013 geschrieben, dass die Hypo für die Bilanz 2013 bis zu 2,5 Milliarden Staatszuschuss brauchen werde. Diese Zahl hat sich mittlerweile genau bewahrheitet.

Ditz hatte öffentlich gemeint, der Steuergeld-Zuschuss hätte großteils oder gänzlich vermieden werden können, hätte man die Hypo-Abwicklung rechtzeitig vorgenommen. Eingeweihte berichten, dass die Verschleppung der Hypo-Abwicklung nicht nur von Fekter verursacht wurde, sondern dass die damalige Regierungsspitze Faymann/Spindelegger die Causa vor der Wahl aus taktischen Gründen auch nicht angreifen wollte.

Parteipolitische Scharmützel im ORF. Der ORF brachte am vergangenen Sonntag aus Anlass des Gedenkens an den Fall des Eisernen Vorhangs vor 25 Jahren eine Europa-Diskussion mit Erwin Pröllund Politikern aus den östlichen Nachbarländern. Dem Vernehmen nach soll die SPÖ sauer sein, weil ORF-Boss Alexander Wrabetz die Sendung zuließ. Jedenfalls wurden in der ZiB am Samstag zuvor von den vier Diskussionsteilnehmern drei angekündigt, Pröll aber verschwiegen. Dahinter vermutet die ÖVP nun eine Intervention der SPÖ.

So viel zum Reblaus-Pakt.

Bisher hatten sie nur telefoniert, gestern trafen Vizekanzler Michael Spindelegger und Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss erstmals aufeinander. Spindelegger hatte die Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission zu einem Gespräch ins Finanzministerium geladen.

Etwa eineinhalb Stunden parlierten die beiden miteinander. Vereinbart wurde, dass die Spitzenjuristin ein Büro in den Regierungsräumlichkeiten in der Hinteren Zollamtsstraße bekommt. Entlohnt wird sie nicht. Griss arbeitet ehrenamtlich.

Wie viele Mitglieder ihre Kommission haben wird und wie lange sie arbeiten wird, steht weiterhin nicht fest. "Sie wird völlig freie Hand haben, sowohl inhaltlich als auch personell und zeitlich", sagte Spindelegger. Geplant ist, dass die Kommission in eineinhalb bis zwei Wochen steht. Griss hat am Mittwoch offiziell die Arbeit aufgenommen. "Sie hat bereits erste Unterlagen bekommen", hieß es im Finanzministerium.

Festgelegt wurde unterdessen auch der Untersuchungsauftrag. Hieß es ursprünglich, Griss & Co sollen lediglich die Vorgänge rund um die Notverstaatlichung und die Zeit danach prüfen, so wurde das Aufgabengebiet nun erweitert. Aus dem am Dienstag gefassten Beschluss im Ministerrat geht hervor, dass die Expertin für Zivil- und Handelsrecht die gesamte Hypo-Vergangenheit aufarbeiten soll – "insbesondere" sollen die Haftungen durch das Land Kärnten, der Verkauf der Bank an die Bayerische Landesbank, die Notverstaatlichung und "die Vorgehensweise" danach untersucht werden.

Welche Unterlagen die U-Kommission bekommt, soll vom Verfassungsdienst im Kanzleramt und von Rechtsberatern der Regierung geprüft werden.

Aus dem angestrebten Hypo-Vergleich zwischen Österreich und Bayern zur Beendigung des Streits um 4,6 Milliarden Euro dürfte so schnell nichts werden. Bisher ist es noch nicht einmal zu Verhandlungen gekommen. Dem Vernehmen nach auch deshalb, weil München keinen Verhandlungspartner benennen wollte oder konnte. Von österreichischer Seite wurden Hypo-Taskforce-Mitglied Georg Krakow und der Berater von Finanzminister Michael Spindelegger, Dirk Notheis, nominiert. Unterdessen droht München sogar mit neuen Schadenersatzforderungen. Schon bekannt, heißt es dazu in Wien.

Das Thema ist nicht nur des lieben Geldes wegen wichtig. Österreich braucht auch die Zustimmung Münchens zur Hypo-Abbaugesellschaft. Ein Insider ließ durchblicken, dass das bayerische Zustimmungsrecht auch seine Grenzen hat: "Die Bayern dürfen nicht willkürlich Nein sagen. Und erpressen lassen wir uns nicht." Den Abtausch – Hypo-Milliarden gegen die Zustimmung – werde es nicht spielen.

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