Defizit verdoppelt sich, Schulden explodieren

Defizit verdoppelt sich, Schulden explodieren
Das Budget-Defizit fiel 2013 geringer als erwartet aus, heuer wird es hingegen kräftig steigen.

Erfreuliche Nachrichten in puncto Staatsfinanzen sind ja eher rar. Konrad Pesendorfer, Chef der Statistik Austria, durfte am Montag dennoch eine vergleichsweise frohe Botschaft angesichts der schwierigen Zeiten verkünden: Das Budget-Defizit für das Jahr 2013 lag bei "nur" 1,5 Prozent. Es ist das geringste Minus seit dem Beginn der Finanzkrise 2009. Das Finanzministerium war ursprünglich noch von 2,3 Prozent ausgegangen.

Nicht erfreulich ist, dass die Staatsschulden mit 74,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (oder 233,4 Milliarden Euro) weit über den erlaubten 60 Prozent liegen – und noch weiter steigen werden.

Sowohl der Schuldenstand als auch das staatliche Defizit werden im laufenden Jahr hauptsächlich bedingt durch "den großen Brocken Hypo Alpe-Adria" (Pesendorfer) hinaufschnellen.

"Wir gehen davon aus, dass wir beim Schuldenstand auf über 80 Prozent des BIP kommen werden", sagt auch Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) zum KURIER. Die WIFO-Prognose für das Defizit 2014 liegt bei drei Prozent des BIP.

Defizit verdoppelt sich, Schulden explodieren
Schratzenstaller legt der Regierung in Sachen Hypo nahe, auf "Sondermaßnahmen" zu setzen, um die Bürger "nicht über Gebühr zu belasten". Das bedeutet für die Budget- und Steuerexpertin: die Gläubiger an den Hypo-Kosten beteiligen (Kärntner Zukunftsfonds); Einnahmen durch Privatisierung von Staatseigentum; die Länder sollen auf ihren Anteil aus der Bankensteuer verzichten.

Trotz all dem sei jetzt schon klar, dass das angepeilte "Fast-null-Defizit" 2016 "mit den Maßnahmen, die die Regierung bisher geplant hat, nicht gelingen wird", prophezeit Schratzenstaller.

Einnahmen sprudelten

Die vergleichsweise positive Entwicklung im Vorjahr war übrigens darauf zurückzuführen, dass die Einnahmen aufgrund hoher Beschäftigung sprudelten (plus 3,4 Prozent), während die Ausgaben nur geringfügig stiegen (plus 1,2 Prozent).

Viel Geld (zwei Milliarden) spülte der Verkauf der Mobilfunklizenzen in die Staatskassa. 700 Millionen kamen durch das Steuerabkommen mit der Schweiz herein. Negativ hat sich das Bankenpaket ausgewirkt: 2,4 Milliarden pumpte der Staat hinein, der Großteil davon ging für die Hypo drauf – und dabei wird es bekanntlich nicht bleiben.

Das eine oder andere auf ihrer To-Do-Liste kann die Regierung nach 100 Tagen schon abhaken: So wurde bereits das Steuerpaket beschlossen und eine Entscheidung zur Abwicklung der staatlichen Problembank Hypo Alpe Adria getroffen. Weitere Vorhaben wie das Arbeitsmarktpaket oder die Erhöhung der Familienbeihilfe wurden auf den Weg gebracht.

Bereits in Kraft ist das Steuerpaket, mit dem die Regierung das strukturelle Nulldefizit 2016 sichern will. Die höheren Belastungen treffen Unternehmer, Autofahrer, Raucher und Sekttrinker. Auch ein gesetzliches Budgetprovisorium, das im Wesentlichen die Budgetzahlen des Vorjahres fortschreibt, hat der Nationalrat abgesegnet.

Auf die erste Budgetrede von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) muss man noch ein bisschen warten, die wird er Ende April halten. Diese wird wohl von der Hypo überschattet sein, immerhin steigt das Maastricht-Defizit alleine wegen der Hypo heuer um bis zu 1,2 Prozentpunkte. Wie es mit der staatlichen Problembank weiter geht, hat die Regierung aber schon entschieden: Die SEE-Töchter sollen so rasch wie möglich verkauft werden, der Rest der Hypo soll in eine deregulierte, privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaft überführt und wertmaximierend in Einzelteilen abgewickelt werden.

Im Nationalrat wurde jedenfalls in den ersten Monaten der neuen Regierung ein bunter Strauß an Gesetzen beschlossen. Nur einen Tag nach der Angelobung besiegelte der Nationalrat - letztlich ohne Zustimmung der Gewerkschaft - das noch unter der vorigen Regierung verhandelte neue Lehrerdienstrecht, das für künftige Pädagogen eine flachere Einkommenskurve und für viele Lehrer eine höhere Lehrverpflichtung bringt. Im Hochschulbereich erledigt hat die Regierung bereits die Linzer Medizin-Fakultät sowie das Promotionsrecht an der Universität für Weiterbildung Krems.

Rechtzeitig vor der EU-Wahl im Mai wurde außerdem die Vorzugsstimmen-Hürde gesenkt: Statt sieben Prozent der Parteistimmen sind nur noch fünf Prozent notwendig, um auf der Liste nach vorne zu rücken. Abgesegnet wurde auch die Gehaltserhöhung für die Beamten für 2014, ebenfalls im Nationalrat beschlossen wurde eine Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. In Reaktion auf Entscheide des Verwaltungsgerichtshofes wurde außerdem klargestellt, dass Lokalgästen das kurze Durchqueren eines Raucherraums am Weg zur Toilette zumutbar ist.

Im militärischen Bereich wurde entschieden, dass Österreich bis zu 130 zusätzliche Soldaten zur NATO-geführten KFOR-Truppe in den Kosovo sowie rund 100 Soldaten zusätzlich nach Bosnien entsendet. Abgehakt ist auch die Beteiligung an der von der EU geführten Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik mit bis zu neun Angehörigen des Bundesheeres als Stabsmitglieder, die der Hauptausschuss genehmigt hat.

In Kraft getreten ist außerdem schon der Kriterien-Katalog für sogenannte Promi-Einbürgerungen, mit dem die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen außerordentlicher Leistungen nachvollziehbarer werden soll.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hat indes bereits den versprochenen Weisenrat zum Weisungsrecht, der in Fällen der Befangenheit des Ministers in die Entscheidung einbezogen wird, eingerichtet. Auch die Expertengruppe zur Reform des Weisungsrechts gegenüber den Staatsanwälten ist schon zusammengetroffen.

Was noch kommt

Einige Vorhaben sind außerdem bereits auf dem Weg zur Umsetzung und sollen kommende Woche im Nationalrat beschlossen werden, etwa das 550 Mio. Euro schwere "Arbeitsmarktpaket" mit Maßnahmen für die Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser sowie einer ersten Senkung der Lohnnebenkosten.

Plenumsreif sind der "Handwerkerbonus", der den Einsatz legaler Handwerker fördern soll, sowie die im Gegenzug geplante Gratiszahnspange für Kinder. Ebenfalls auf der Tagesordnung steht weiters die Streichung der Bestimmung, dass sich die Grenzen der Gerichts- und der politischen Bezirke nicht schneiden dürfen, mit dem Ziel die Bezirksgerichts-Reform zu erleichtern. Abgesegnet wird ein Fahrverbot für Lkw über 7,5 Tonnen für den linken Fahrstreifen auf drei- und vierspurigen Autobahnen. Noch offen ist, ob die Änderung des ORF-Gesetzes im Hinblick auf die Bestellung von Publikums- und Stiftungsrat im kommenden Plenum beschlossen wird.

Abgesehen davon sind auch andere Vorhaben der Regierung bereits auf Schiene. Für die Umstrukturierung der Polizeidienststellen etwa hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ein Konzept mit einer Liste der betroffenen Polizeiposten vorgelegt. Im Werden ist auch die dreistufige Erhöhung der Familienbeihilfe ab Juli, die immerhin schon über die Phase der Begutachtung hinaus ist.

Relativ bald etwas tun dürfte sich bei den Sonderpensionen. Das Vorhaben mit dem Ziel, "Luxuspensionen" in staatsnahen Betrieben einzudämmen, soll noch im März in Begutachtung geschickt werden - eine Einigung mit der Opposition vorausgesetzt. Auch das "Pensionsmonitoring", mit dem geprüft werden soll, ob die Regierung ihre Ziele zum höheren Antrittsalter und einer Steigerung der Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen erreicht, soll nächste oder übernächste Woche in Begutachtung gehen. Auch der Begutachtungsentwurf zur Lockerung des Amtsgeheimnis soll kommende Woche ausgeschickt werden.

Auch einige konkrete Ankündigungen gibt es, darunter etwa Enquetekommissionen zur Demokratiereform sowie zum Umgang mit der Sterbehilfe, deren ersten Sitzungen vor dem Sommer starten sollen. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) sucht derzeit eine Lösung im Streit um eine Novellierung des Urheberrechts, wobei er schon kundgetan hat, eine Festplattenabgabe für die "realistischste Variante" zu halten.

Tatendrang will die Regierung außerdem beim populären Thema Bienen signalisieren: So wurde erst diese Woche ein Forschungsprojekt angekündigt, das die Ursachen des Bienensterbens klären soll. Weiters ist laut Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) eine Ablehnung der Zulassung des Pflanzenschutzmittels Goldor Bait mit dem Pestizidwirkstoff Fipronil vom Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) in Vorbereitung.

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