Hypo-Bad-Bank: Konkurs auf Raten

Hypo-Bad-Bank: Konkurs auf Raten
Die Regierung hofft, den Schaden für die Steuerzahler zu begrenzen. Ob das gelingt, entscheiden Gerichte.

Die Regierung lässt sich bei der Hypo/Heta auf ein riskantes Manöver ein. Niemand weiß, wie die erstmalige Abwicklung einer stillgelegten Bank, für deren Anleihen die öffentliche Hand haftet, ausgeht. Man betritt juristisches Neuland. Über Kärnten schwebt erneut das Damoklesschwert der Pleite. Aber die Regierung mag sich sagen: Schlimmer kann’s nicht werden, also probieren wir mal, was geht.

Der Reihe nach: Am Freitag gab die Hypo/Heta der Regierung bekannt, dass bis zu acht Milliarden in der Kassa fehlen. 5,5 Steuer-Milliarden sind in der Hypo bereits versenkt, mit den acht steigt das Schadenspotenzial auf bis zu 13,5 Milliarden. Die Neos hegen nun den Verdacht auf jahrelange Bilanzfälschung und bringen jetzt eine Anzeige ein, wie Ö1 berichtet.

Eigentliche Insolvenz

Kanzler Werner Faymann beorderte am Sonntagmittag sämtliche Minister ad hoc ins Kanzleramt. In einer Sondersitzung nahm der Ministerrat laut Faymann "einvernehmlich den Bericht des Finanzministers zur Kenntnis". Inhalt des Berichts Hans Jörg Schellings: kein Steuergeld mehr für die Hypo.

Damit ist die Hypo eigentlich insolvent. Aber weil es ein neues Bankenabwicklungsgesetz gibt, heißt es nicht mehr "Insolvenz", sondern "geordnete Abwicklung". Das ist sehr wichtig, weil dadurch die Kärntner Landeshaftungen nicht sofort schlagend werden; weil bei einer Insolvenz der Verkauf des Südosteuropa-Netzes geplatzt wäre, und weil der Bund jene 1,2 Milliarden, für die er haftet, sofort hätte zahlen müssen.

Die Regierung verspricht, es werde kein Steuergeld mehr fließen. Kärntens Landeshauptmann verspricht, Kärnten sei aus dem Schneider. Die Wahrheit aber ist: Das sind alles Hoffnungen, die sich erfüllen können – aber auch nicht.

Risiko I: Klagsflut gegen Kärnten Die Finanzmarktaufsicht hat als Abwicklungsbehörde das Kommando in der Hypo/Heta übernommen. Sie hat ein Schuldenmoratorium bis Juni 2016 verfügt. Bis Juni 2016 will man die Gläubiger zum Teilverzicht (sprich: Schuldenschnitt) bewegen. Man will sie schrecken, indem man ihnen sagt: "Selbst wenn Ihr Prozesse gewinnt, kann Kärnten nicht zahlen, also gebt Euch mit weniger Geld zufrieden." Fraglich ist, ob sich die Gläubiger auf das einlassen werden, vielmehr droht Kärnten eine Prozesslawine. Institutionelle Anleger sind aus Haftungsgründen gezwungen zu klagen, wenn es Rechtsunsicherheiten gibt. "Sie sind verpflichtet, jede Chance zu nutzen," sagt Professor Gottfried Haber.

Der erste Gläubiger kündigte gestern Abend in Gestalt des bayrischen Finanzministers Markus Söder bereits an, sich auf keine Verhandlungen einzulassen: "Wir setzen weiter auf die Gerichtsverfahren."

– Risiko II: Reaktionen auf dem Finanzmarkt Um die Gläubiger zum Einlenken zu bringen, muss der Bund erklären, dass er für Kärnten nicht zahlen wird – was Schelling auch tut. Laut Professor Haber – er ist Vorsitzender des wirtschaftspolitischen Beirats der Kärntner Landesregierung – ist das ein riskantes Manöver. Haber warnt vor der Reaktion auf den Finanzmärkten. "Ich frage mich, zu welchen Konditionen sich Kärnten künftig finanzieren wird. Es gibt ausgegliederte Rechtsträger wie die Krankenanstalten, die Geld vom Kapitalmarkt brauchen. Dass sich Kärnten selbst über die Bundesfinanzierungsagentur finanziert, könnte Auswirkungen auf andere Bundesländer oder die Republik haben", warnt Haber. Die Regierung habe die Landeshaftungen und eine "Insolvenz Kärntens wieder ins Gerede gebracht".

Professor Stefan Pichler von der Wirtschaftsuni sagt, trotz Schuldenschnitts sei damit zu rechnen, dass weiter Steuergeld fließt. FMA-Chef Harald Ettl sagte im ORF, weitere "schmerzliche Schritte" seien nicht auszuschließen, wenn Kärnten aufgrund der Haftungen mit Milliardenforderungen von Gläubigern konfrontiert wird.

Die Opposition verlangt, dass Finanzminister Schelling dem Nationalrat eine Erklärung abgibt. Grünen-Chefin Eva Glawischnig fordert eine Parlamentssondersitzung, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache will einen Sonder-Finanzausschuss.

Inhaltlich lobt die Opposition den Zahlungsstopp der Regierung für die Hypo/Heta. "Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung, um die Steuerzahler vor Milliardenrisiken zu schützen. Es wird jetzt die Möglichkeit eröffnet, neben der BayernLB auch die privaten Gläubiger der Bank zur Schadensbegrenzung heranzuziehen. Ich ziehe meinen Hut vor Finanzminister Schelling", sagt Werner Kogler, Grünen-Finanzsprecher und Hypo-Ausschuss-Mann. Neos-Finanzsprecher Rainer Hable findet ebenfalls gut, dass es nicht weiteres Steuergeld für die Hypo-Bad-Bank gibt; das komme der von ihm geforderten Insolvenz "zumindest nahe" – wenn auch "viel zu spät". Dieser Ansicht ist auch Elmar Podgorschek (FPÖ).

Ist die jetzige Entwicklung auch für den U-Ausschuss relevant, obwohl dort die Vorgänge rund um die Hypo nur bis Ende 2014 untersucht werden? Kogler: "Insofern, als es neuerlich einen Hypo-Mechanismus zeigt: Dass die Bank schöner dargestellt worden ist, als sie ist; und dass ständig neue Milliarden-Löcher auftauchen."

Faymann und Schelling versichern, die Steuerreform werde – Hypo hin oder her – stattfinden.

Hypo-Bad-Bank: Konkurs auf Raten

Die schwere Wirtschaftskrise am Balkan und massenweise Ausfälle von Schweizer-Franken-Krediten in Kroatien haben das Finanzloch bei der Kärntner Hypo um Milliarden ausgeweitet. Finanzminister Schelling hat daher die Reißleine gezogen. Die Heta, wie die Hypo-Abbaueinheit heißt, wird abgewickelt. Alle, die Anleihen der ehemaligen Kärntner Bank besitzen, müssen um die Rückzahlung ihres Kapitals bangen. Der KURIER erklärt, warum der Zahlungsstopp notwendig war, und wer davon betroffen ist:

Warum hat die Finanzmarktaufsicht den Rückzahlungsstopp erlassen?

Die aktuelle Marktbewertung der Kredite und Vermögens teile der Heta ergab einen zusätzlichen Abwertungsbedarf von 7,6 Mrd. Euro. Dieses Geld hätte die Republik in die Ex-Bank stecken müssen, damit sie nicht sofort pleite geht. Um das zu verhindern, wurde die Heta auf "Abwicklung" gestellt und bis Mai 2016 ein Auszahlungsverbot verhängt. Dies trifft alle Anleihegläubiger.

Wer sind die Gläubiger?

10,7 Mrd. Euro Anleihen mit Kärntner Landeshaftung stehen offen. Dazu kommen 1,2 Mrd. an Pfandbriefen, die die Heta der Pfandbriefstelle der Landeshypos schuldet. Die Gläubiger sind heimische Versicherungen und Banken – wie etwa die Vienna Insurance, die 50 Mio. dieser Ex-Hypo-Anleihen hat, die UNIQA mit 5 Mio. oder die Hypo Niederösterreich mit 225 Mio. Euro sowie viele internationale Versicherungen, Finanzinstitute und Fonds (u.a. deutsche Universal Investment, Pimco Funds Global, DWS, Kepler Fonds) Sie alle bekommen vorläufig keine Zinsen auf ihre Anleihen. Raiffeisen und Erste haben keine Heta-Anleihen mehr.

Müssen die Gläubiger um ihr Geld fürchten?

Drei Milliarden Euro an Anleihen werden bis Mai 2016 fällig. Die Inhaber dieser Papiere bekommen bis dahin kein Geld zurück. Was dann passiert, ist offen. Die Republik denkt jedenfalls daran, einen Teil des Anleihekapitals zur Verlustabdeckung der Hypo zu verwenden. Die Gläubiger müssten sich dann beim Land Kärnten schadlos halten.

Was passiert mit den Landeshypos?

Die Landeshypos von Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg und der Steiermark haften gemeinsam für die 1,2 Milliarden Euro Pfandbriefe, die die Heta über die Pfandbriefstelle begeben hat. Die Hypos schmieden derzeit an einem Notfallsplan für die Pfandbriefstelle.

Betrifft der Zahlungsstopp auch Privatanleger?

Das ist durchaus möglich: Die Anleihen der Ex-Hypo könnten in Investmentfonds liegen und in Lebensversicherungen. Ein Ausfall dieser Papiere hätte negative Auswirkung auf die Renditen der Fonds und Versicherungsprodukte. Einige begüterte Privatanleger haben Hypo-Anleihen auch direkt gekauft und in ihren Depots.

Ist auch die Ex-Hypo-Eigentümerin Bayerische Landesbank betroffen?

Die strittigen 1,5 Milliarden Euro an Krediten der Bayern an die Ex-Hypo, um deren Rückzahlung die beiden Banken vor Gericht streiten, werden vorläufig jedenfalls auch nicht getilgt. Die Bayern bangen schon um 800 Millionen Euro an Anleihen, deren Rückzahlung Österreich schon im Vorjahr gestoppt hat.

Wirkt sich der Rückzahlungsstopp negativ auf die Anleihekurse aus?

Die Kurse der Hypo-Anleihen, die heuer, 2016 und 2017 fällig werden, sind am Montag abgestürzt. Anleihen anderer Banken waren davon großteils unberührt. Ratingagenturen prüfen noch, ob der Zahlungsstopp die Bonität von Österreichs Bundesländern beeinflusst.

Wie viel wird die Hypo die Steuerzahler kosten?

5,5 Mrd. Euro hat der Staat schon in die Bank gepumpt. Ob noch etwas dazu kommt, ist offen. Das hängt da-von ab, ob es gelingt, die Gläubiger zur Kasse zu bitten, und wie hoch der Verlust am Ende wirklich ist.

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