Wie sich neue Haftregeln auf Grasser & Co. auswirken könnten

Karl-Heinz Grasser ist seit 2. Juni in der Justizanstalt Innsbruck in Haft und bekam schon mehrmals Ausgänge; etwa, um Zeit mit seiner Familie zu verbringen. 84 Tage seiner vierjährigen Strafe hat er hinter sich.
Indes waren zwei seiner ehemaligen Wegbegleiter in der Buwog-Causa seit dem rechtskräftigen Urteil, das der Oberste Gerichtshof (OGH) am 25. März gesprochen hat, noch keinen Tag in Haft: Walter Meischberger und Peter Hochegger. Beide haben Haftaufschub beantragt, beide wurden abgewiesen, beide haben dagegen Beschwerde eingelegt und warten jetzt die Entscheidung der zweiten Instanz, dem Oberlandesgericht (OLG), ab.
So etwas kann dauern. Bis 1. September, so viel steht fest, geht sich ein Haftantritt nicht mehr aus. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt. Heute in einer Woche tritt die neue Fußfessel-Regelung in Kraft. Der elektronisch überwachte Hausarrest ist für (Rest-)Strafen dann von bis zu 24 statt bisher zwölf Monaten möglich.
Generalpräventiv
Meischberger plant dem Vernehmen nach einen Antrag bei der für ihn zuständigen Justizanstalt Simmering und dürfte, wenn für ihn alles glatt läuft, überhaupt nicht als Häftling einrücken müssen.
Ein Rechenbeispiel: Meischbergers Strafe wurde vom OGH auf dreieinhalb Jahre festgesetzt. Beim Antrag auf die Fußfessel wird das voraussichtliche Haftende herangezogen. Meischberger könnte bei einer sogenannten „Halbstrafe“ – also nach der Verbüßung von 21 Monaten – bedingt entlassen werden und fiele damit in die neue Fußfessel-Regelung.
Diese Rechnung hat aber einen wesentlichen Unsicherheitsfaktor: Für die bedingte Entlassung bei einer Halbstrafe wird geprüft, ob spezial- und/oder generalpräventive Gründe dagegen sprechen. Spezialpräventiv heißt, dass der Täter von künftigen Straftaten abgehalten werden muss. Generalpräventiv heißt, dass seine Strafe auf andere abschreckend wirken soll.
Die Regelung, dass rein generalpräventive Gründe eine vorzeitige Entlassung verhindern können, fällt ab 1. Jänner weg. Ab da zählen nur spezialpräventive Gründe.
Meischberger wird also noch nach dem alten System überprüft. Wenn eine bedingte Entlassung bei Halbstrafe nicht infrage kommt wird, berechnet sich das Haftende anders und er fällt vorerst aus der Fußfessel-Regelung heraus. Er müsste dann einige Monate ins Gefängnis, bevor er in den elektronisch überwachten Hausarrest wechseln darf.
Gute Chancen
Vor einem ähnlichen Problem steht Grasser: Auch er will ab 1. September in den Genuss der neuen Fußfessel-Regelung kommen, und auch seine Aussichten auf Halbstrafe werden noch nach dem alten System beurteilt. Sein Anwalt Manfred Ainedter meint auf KURIER-Nachfrage, dass dies „eher zum Nachteil“ seines Mandanten sei; ohne auf Details einzugehen.
Grassers Bekanntheitsgrad könnte durchaus ein „generalpräventiver Grund sein, ihn noch länger in der regulären Haft zu belassen, meinen Beobachter. Immerhin hat der frühere Finanzminister – gemeinsam mit Meischberger und Hochegger – beim Verkauf der Buwog-Wohnungen aus Staatseigentum rund 9,6 Millionen Euro Provision in die eigene Tasche gesteckt.
Individuell betrachtet dürften Grassers Chancen nicht schlecht stehen: Dass er jetzt schon Vollzugslockerungen genießt, deutet darauf hin, dass er sich in Haft ordentlich verhält, paktfähig ist und die Regeln für seinen Ausgang einhält. All das sind Voraussetzungen für die Lockerung, die von der Justizanstalt überprüft werden. Auch, dass er klaglos seine Haft angetreten hat, spielt eine Rolle, wie aus Justizkreisen zu hören ist. Jene, die sich „geläutert“ zeigen, hätten generell bessere Karten im Strafvollzug.
Vollzugsuntauglich?
Der dritte im Bunde, Peter Hochegger, war der einzige, der ein Teilgeständnis abgelegt hat, nachdem er in der Telekom-Affäre schon fünfeinhalb Monate im Gefängnis war. Er bekam vom OGH drei Jahre Haft, zwei davon bedingt, und muss nur noch ein Jahr sitzen. Müsste.
Er hat – wie Meischberger – aus gesundheitlichen Gründen Haftaufschub beantragt. Eine medizinische Gutachterin konnte aber keine Gründe finden, die einen Aufschub rechtfertigen würden. Das OLG prüft jetzt seine Beschwerde.
Dem Vernehmen nach hofft der 76-Jährige darauf, überhaupt als vollzugsuntauglich eingestuft zu werden. Damit fiele auch die Fußfessel, für die er jetzt schon infrage kommen würde, flach.
Justizanstalten
In Österreich gibt es 28 Justizanstalten mit zwölf Außenstellen, davon sind vier Anstalten für den Maßnahmenvollzug.
9.954 Insassen waren per 1. August im Strafvollzug, davon befinden sich aber nur 9.039 in den Justiz-anstalten. Bei einer Belagsfähigkeit von 8.226 Plätzen entspricht das einem Überbelag von 9,88 Prozent.
366 Personen sind mit Fußfessel im elektronisch überwachten Hausarrest, der ab 1. September von zwölf auf 24 Monate ausgeweitet wird. Dadurch und durch Lockerungen
bei der bedingten Haftentlassung, erhofft sich die Justiz Einsparungen in Höhe von ca. einer Million Euro.
726,5 Millionen Euro beträgt das Budget für den Strafvollzug heuer – und ist erstmals seit zehn Jahren gesunken (2024: 753,8 Mio.). Für 2026 ist wieder mehr eingeplant (741,3 Mio.). Über die vergangenen 15 Jahre betrachtet hat sich das Budget nominal mehr als verdoppelt (2010: 370 Mio.), inflationsbereinigt beträgt das Plus rund
35 Prozent, bedingt auch durch Neubauten und Sanierungen.
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