Soziales Umfeld
Jene, die unken, es handle sich um eine „Lex Grasser“, seien daran erinnert, dass die Reform schon bei mehreren Koalitionen auf der Agenda gestanden ist. Der jetzige Entwurf stammt aus dem Jahr 2019 – schon da mit der Absicht, die Gefängnisse und das Budget zu entlasten (siehe unten).
Aber es spricht noch mehr für die Reform, wie Thomas Marecek, Sprecher des Vereins Neustart erklärt: „In Hinblick auf Resozialisierung ist die Ausweitung sinnvoll. Mit der Fußfessel behält man seine Wohnung, seinen Job, bleibt in seinem familiären und sozialen Umfeld.“
Die Rückfallquote liegt bei rund einem Prozent, nach der klassischen Strafhaft bei rund 20. Mit der Fußfessel konzentriert sich die Sanktion auf die eigentliche Strafe: den Freiheitsentzug. Und der ist nicht zu unterschätzen.
Vorab prüft der Verein Neustart, ob die Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehört etwa eine regelmäßige Beschäftigung, bei der die Anwesenheit kontrollierbar ist, erklärt Marecek. Das muss nicht unbedingt eine Anstellung sein, auch eine selbstständige oder ehrenamtliche Tätigkeit sowie ein Studium sind möglich.
Garten und Pool sind tabu
Die Entscheidung, ob der elektronisch überwachte Hausarrest genehmigt wird, trifft die Justizanstalt – und die übernimmt auch die Überwachung. So wird die Wohnung vermessen und mit Sendern ausgestattet, um sicherzustellen, dass sich der Häftling nur in den genehmigten Räumlichkeiten aufhält.
Garten, Terrasse oder Pool werden in der Regel ausgeschlossen, Rauchern kann im Freien ein halber Meter Abstand zur Hausmauer eingeräumt werden. Überwacht werden kann auch per GPS-Signal. Hinzu kommen unangekündigte Hausbesuche und Alko-Tests. Die Grenze liegt bei 0,5 Promille, es kann aber auch ein komplettes Alkoholverbot auferlegt werden.
Die Betreuung liegt wiederum beim Verein Neustart. Zweiwöchentlich wird ein „Aufsichtsprofil“ erstellt und klar festgelegt, an welchen Tagen um wie viel Uhr sich der Fußfessel-Träger wo aufzuhalten hat; etwaige Termine wie Arztbesuche werden berücksichtigt. Wer die Regeln bricht, kann die Fußfessel verlieren – und muss wieder ins Gefängnis. So geschehen bei Hannes Kartnig, früherer Sturm Graz Präsident, im Jahr 2014, weil er bei einem Essen in einem Nobelhotel erwischt wurde.
Mit der Reform soll künftig ein Recht auf „Aufenthalt im Freien“ verankert werden. Diesen gab es derzeit nur nach Genehmigung der Justizanstalt – im Ausmaß von einer Stunde pro Tag, drei Stunden am Wochenende; aber pro Woche in Summe nicht mehr als zehn Stunden.
Es sind recht strikte Regeln, an die sich ein Häftling im elektronisch überwachten Hausarrest halten muss. Das erfordere ein hohes Maß an Selbstdisziplin, sagt Marecek: „Man ist sein eigener Kerkermeister.“ Nicht wenige würden aus eigenen Stücken abbrechen und lieber ins Gefängnis gehen. Mitunter, weil die familiäre und soziale Situation zu belastend sei.
Neustart übernimmt auch die psychosoziale Betreuung, und ein wichtiger Teil in der Bewährungshilfe allgemein ist die „Deliktverarbeitung“: Dabei bespricht ein Sozialarbeiter mit dem Häftling die Tat und „Handlungsalternativen“, damit er sich in Zukunft nicht mehr kriminell verhält, erklärt Marecek.
Das wird auch Grasser, der bis heute beteuert, er sei unschuldig, nicht erspart bleiben.
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