Im Gesundheitsministerium kämpft man unterdessen an mehreren Fronten: Der Entwurf zur Novelle des Covid-Gesetzes wird von der Opposition und von mehreren Organisationen in der Luft zerrissen. Um Astra Zeneca entbrennt eine Sicherheits-Debatte. Und Vorarlberg wartet immer noch auf seine Lockerungsverordnung. Umweltministerin Leonore Gewessler übernimmt die Vertretung Anschobers.
Das Kanzleramt wird immer ungeduldiger. Im Impf-Koordinationsgremium, das seit Jänner drei Mal pro Woche tagt, fühlt man sich bei Nachfragen „abgeschasselt“; sieht den Fehler bei Auer, der nicht nur Sonderbeauftragter im Gesundheitsministerium, sondern auch Vize-Chef der EU-Steuerungsgruppe ist, sowie bei Generalsekretärin Stilling, die für Österreich die Verträge unterschrieben hat. Kurz telefoniert wegen der Causa mit Amtskollegen in anderen EU-Ländern.
Die Stimmung kippt. Kanzler Kurz beruft kurzfristig eine Pressekonferenz ein und prangert an, dass es eine Art "Basar“ gebe, auf dem sich einige EU-Länder Extra-Impfdosen besorgen. Das widerspreche der Vereinbarung der EU-Staats- und Regierungsschefs zur gleichmäßigen Verteilung, sagt er.
Mehrere EU-Länder stellen klar, dass auf diesem „Basar“ bloß um ungenutzte Kontingente geht. Auch Generalsekretärin Stilling widerspricht dem Kanzler im KURIER-Gespräch und im Ö1-Morgenjournal und versichert, dass die Vergabe transparent abgelaufen sei. Wenige Stunden später fordert die ÖVP via Presseaussendung die Suspendierung von Stilling und Auer. Ein Tabubruch, dem Koalitionspartner so etwas auszurichten. Doch das Ministerium sagt nichts, weil der Chef noch im Krankenstand und kaum erreichbar ist – auch für Vizekanzler Werner Kogler.
Anschober lädt Auer zu einem Gespräch.
Anschober erklärt im Ö1-Morgenjournal, dass er vom "Impfbasar“ nichts wusste. Auer hat einen Sondervertrag und geht freiwillig. Stilling bleibt, weil sie Beamtin ist – man müsste ihr schon grobe Verfehlungen nachweisen können, um sie zu suspendieren.
Und jetzt?
Wie steht es nun um die Stimmung in der Koalition? Triumphiert die ÖVP, schmollen die Grünen? Mitnichten. Von beiden Seiten heißt es beim KURIER-Rundruf, dass von einem Koalitionskrach keine Spur sei.
Von Grünen heißt es, man sei "total entspannt“. Die ÖVP habe sich mit der Aktion, erst der EU die Schuld zuzuschieben und dann dem Gesundheitsminister im Krankenstand auszurichten, er solle seine Beamten hinauswerfen, "selbst in beide Knie geschossen“. Auer trauert man nicht nach – wegen dem Sonderbeauftragten im Ministerium habe es auch intern Wickel gegeben. Er ist ein ÖVP-Mann (aus der schwarzen Ära), hatte aber bei Türkis keinen Rückhalt.
Anschober musste sich vom Koalitionspartner zwar erneut den Vorwurf machen lassen, er habe sein Ressort nicht im Griff. Dass er Fehler eingesteht und Auer, dem man eine professionelle Impfkoordination nicht länger zutraut, gehen lässt, wird ihm aber hoch angerechnet.
Um das Chaos zu beseitigen, setzt man nun auf Katharina Reich, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit. Anschober hat sie erst vor ein paar Monaten nach dem Umbau in seinem Ministerium bestellt, sie genießt auch das Vertrauen der ÖVP.
Der Artikel wurde aktualisiert. In einer früheren Version hieß es irrtümlich, die ÖVP sei nicht über das Gespräch zwischen Anschober und Auer am 14.3. informiert gewesen.
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