"Verrat an Bauern": Möglicher Mercosur-Pakt sorgt für Aufregung

"Verrat an Bauern": Möglicher Mercosur-Pakt sorgt für Aufregung
Als Reaktion auf Trumps neue Zölle will die EU den Abschluss eines Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten forcieren. Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer begrüßt den Schritt.

Zusammenfassung

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  • Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer befürwortet das Mercosur-Handelsabkommen trotz innerparteilicher und landwirtschaftlicher Bedenken.
  • Die EU sieht das Mercosur-Abkommen als wichtige Gelegenheit, um Handelsbeziehungen zu stärken, während Länder wie Frankreich Bedenken wegen wirtschaftlicher Nachteile haben.
  • ÖVP-intern gibt es Widerstand, insbesondere vom Bauernbund, der massive Risiken für die heimische Landwirtschaft sieht.

Angesichts der Unsicherheiten im Zuge der neuen US-Zölle will die EU den Abschluss eines Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten forcieren. 

In Österreich war es bisher stets sehr umstritten, allerdings spricht sich nunmehr auch ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) dafür aus. Unter den Regierungsparteien waren die NEOS immer für Mercosur, die SPÖ stets kritisch. Die Freiheitlichen sagten am Samstag erneut deutlich "Nein".

"Ich bin für Mercosur, und wir brauchen jetzt dieses Abkommen", sagte Hattmannsdorfer in der Presse von Samstag. Hierzulande sind Industrie und Wirtschaft dafür, Landwirtschaft und Arbeitnehmervertretungen bisher dagegen. In der Volkspartei in sich waren der Bauernbund bisher stets strikt ablehnend, der Wirtschaftsbund für das Abkommen offen. Als Hattmannsdorfers Amtsvorgänger Martin Kocher (ÖVP) sich für Mercosur ausgesprochen hatte, hatte das für eine heftige Reaktion vom Bauernbund gesorgt.

In den laufenden Nachverhandlungen zu Mercosur sei unterdessen etwa auf Einwände aus der Landwirtschaft und zum Thema Nachhaltigkeit eingegangen worden, sieht Hattmannsdorfer nunmehr "alle Bedenken ausgeräumt", das müsse sich auch ganz am Ende wiederfinden.

Totschnig verweist auf negativen Beschluss des Nationalrats 

ÖVP-Landwirtschaftsminister und Bauernbündler Norbert Totschnig verwies gegenüber der APA lediglich auf einen aufrechten, allerdings mehrere Legislaturperioden alten Nationalratsbeschluss gegen den Abschluss des Pakts. "Für die Bundesregierung gilt ein rechtlich bindender Beschluss des Nationalrates, der sich gegen das Mercosur-Abkommen in der derzeitigen Form ausspricht. Denn gerade beim Freihandel braucht es faire Regeln, ein Bekenntnis zur Nachhaltigkeit und Einhalt unserer hohen Standards", wurde er von seinem Büro in einem schriftlichen Statement zitiert. Auf konkrete Fragen ging er nicht ein. Neue Mehrheiten könnten neue Beschlüsse erzielen, die Form des Abkommens hat sich laut Angaben von Hattmannsdorfer und etwa auch anderen, internationalen Politikern inzwischen verändert.

Bauernbund gegen Abschluss

Aus dem Büro von Bauernbundpräsident Georg Strasser, der für die Volkspartei auch Abgeordneter zum Nationalrat ist, kam indes ein deutliches "Nein" zum Hattmannsdorfer-Vorstoß. "Das bleibt auch so", wurde gegenüber der APA betont, trotz neuer US-Zölle und Rezession. Denn: "Mercosur bedeutet massive Risiken für unsere Bäuerinnen und Bauern, vor allem durch die drohende Flut an Billigimporten aus Südamerika, die unsere qualitativ hochwertig produzierten Lebensmittel gefährden."

Sorgen sind etwa Billigfleisch, Arbeitsstandards, Abholzung des Regenwaldes. Auch die Grünen waren stets gegen Mercosur. Selbiges gilt für Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB). Befürworter wie die Industriellenvereinigung (IV) und der ÖVP-Wirtschaftsflügel verweisen auf die triste Wirtschaftslage und den Absatzmarkt sowie die Notwendigkeit von Rohstoffen aus Südamerika.

FPÖ sieht "Verrat an Bauern"

"Das Mercosur-Abkommen stellt einen massiven Angriff auf unsere heimischen Landwirte dar - ein Vorgeschmack auf das, was auf unsere Bauern unter dieser schwarz-rot-pinken Regierung zukommen wird", kritisierte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz am Samstag in einer Aussendung. "Auch die ÖVP schreckt mittlerweile nicht mehr davor zurück, unserer Landwirtschaft schweren Schaden zuzufügen. Mit dieser aktuellen Positionierung begeht sie den nächsten Verrat an unseren Bäuerinnen und Bauern." Mit einer Unterstützung würde die ÖVP auch "gegen den Willen der Bevölkerung" handeln, nicht nur gegen jenen der Landwirtschaft, so Schnedlitz.

EU sieht große Gelegenheit

"Wir werden viel Zeit und Energie zusammen mit den Mitgliedstaaten investieren, um das Abkommen abzuschließen", sagte nun am Freitag ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel. Das wäre eine große Gelegenheit.

Zuletzt hatte von den mächtigen EU-Staaten vor allem Frankreich Vorbehalte gegen die im Dezember erzielte Einigung der EU-Kommission auf ein Handelsabkommen mit den vier Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Die Regierung in Paris befürchtet Nachteile für die heimische Wirtschaft, insbesondere die Landwirte.

Nach der jüngsten Zollrunde von US-Präsident Donald Trump hatte die französische Regierung aber am Donnerstag mit zehn anderen EU-Ländern mit Bedenken über Lösungsmöglichkeiten beraten. Damit signalisiert sie auch den Willen, Handelspartnerschaften breiter aufzustellen.

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