Das Vorhaben wurde großteils gelobt. Etwas skeptischer sind jene, die das Paket in die Tat umsetzen sollen – zum Beispiel bei den Gerichten. Der KURIER hat mit Richterpräsidentin Sabine Matejka gesprochen.
1. Plattformen müssen Hasspostings löschen
Österreich soll mit dem „Kommunikationsplattformen-Gesetz“ eines der ersten Länder Europas werden, das Giganten wie Facebook oder Twitter in die Mangel nimmt: Postings, die einen strafrechtlichen Tatbestand wie Verhetzung, Beleidigung oder Drohung erfüllen, müssen rasch gelöscht werden. Wenn nicht, drohen den Plattformen Strafen von bis zu zehn Millionen Euro.
Amnesty International begrüßt den Vorstoß, mahnt aber: „Es muss für alle Menschen möglich sein, eine Meinung in eine Debatte einzubringen.“ Die Entscheidung, ob Inhalte rechtswidrig sind oder nicht, dürfe nicht an private Unternehmen ausgelagert werden. Diese Kritik äußerte übrigens auch die FPÖ. Tatsächlich müssen Plattformen selbst prüfen und löschen, dazu allerdings viermal im Jahr einen Bericht vorlegen. Wer meint, sein Posting sei zu Unrecht gelöscht worden, kann dagegen vorgehen.
2. Schnellverfahren bei Gericht
Eine Person, die im Internet beleidigt wird, kann mittels Formblatt (abrufbar auf der Seite des Justizministeriums) bei Gericht eine Unterlassung erwirken: Der Verfasser des Postings muss es dann binnen weniger Tage löschen.
Richterpräsidentin Matejka hält das Eilverfahren für einen „guten Zugang“, allerdings sind laut Entwurf für den Mehraufwand nur zwei Richterstellen berücksichtigt – das reiche nicht, sagt sie. Wenn sich Verfasser gegen die Unterlassung wehren, muss ein normales Gerichtsverfahren eingeleitet werden, inklusive Instanzenzug.
„Wenn die Politik sagt, es braucht dieses Gesetz, weil es so viele Opfer gibt, und dann aber nicht für die passenden Personalressourcen sorgt, dann ist das fast schon skandalös“, so die Richterpräsidentin. Ähnlich argumentiert sie bei den geplanten Änderungen im Strafrecht:
3. Ausweitung bei Cybermobbing und Verhetzung
Unter den Cybermobbing-Paragrafen fiel bisher nur, wenn ein Opfer mehrmals belästigt wurde, künftig soll schon ein einmaliges Hassposting bzw. eine hasserfüllte Nachricht zählen.
Als Verhetzung galt bisher, wenn sich eine Äußerung gegen eine Personengruppe richtet (Frauen, Migranten, Juden etc.), künftig soll es reichen, wenn eine Person beschimpft wird, weil sie einer Gruppe angehört.
Die Ausweitung werde logischerweise zu einem Anstieg an Verfahren führen, sagt Matejka – im Entwurf seien dafür aber gar keine Personalressourcen berücksichtigt. Dazu kommt:
4. Richter sollen Urheber von Hasspostings ausforschen
Bei Delikten wie übler Nachrede oder Beleidigung müssen Opfer die Täter selbst ausforschen und bei der Anzeige nennen, da das keine Offizialdelikte sind. Bei Hasspostings können sie künftig per Antrag das Gericht um die Ausforschung bitten. Auch das sei ein neuer, enormer Aufwand, sagt Matejka.
5. Bei „Upskirting“ droht bis zu ein Jahr Haft
Das heimliche, unerlaubte Fotografieren oder Filmen des Intimbereichs einer Person, etwa unter den Rock, wird verboten, ebenso das Veröffentlichen dieser Bilder. Frauenministerin Raab sieht darin ein „weit verbreitetes Phänomen“ unter Jugendlichen.
In der Folgenabschätzung zum Gesetzesentwurf rechnet man aber nur mit einer „einstelligen Zahl an Verurteilungen“ pro Jahr. Eine gute Idee sei das Verbot trotzdem, urteilt die Richterpräsidentin.
Das Paket wird für sechs Wochen in Begutachtung geschickt – viel Zeit also für Kritiker, ihre Bedenken anzumelden. Mit 1. Jänner soll es in Kraft treten.
Kommentare