Landeshauptmann Wilfried Haslauer glaubt nicht, dass sich die schwarz-blaue Koalition auf die Salzburger Festspiele auswirkt.
KURIER:Herr Landeshauptmann, Sie haben bei der konstituierenden Sitzung in Salzburg bezogen auf die schwarz-blaue Koalition von einem „Neubeginn“ gesprochen. Wofür genau steht dieser Neubeginn?
Wilfried Haslauer: Es ist der Versuch, eine Partei, die sich relativ stark in eine Verweigerungs- und Kritikhaltung begeben hat und eigentlich gegen alles war, in einer Regierungsfunktion jetzt in eine verantwortliche Position zu bringen und aus der aggressiven Oppositionsrolle eine Gestaltungsrolle in einer Regierung zu machen. Das ist ein Neuanfang.
Waren die Koalitionsgespräche mit der FPÖ so konstruktiv, dass Sie das Urteil abgeben können?
Die waren sehr konstruktiv. Ich habe nur verlangt, dass in einer Präambel klargestellt wird, wie wir uns gemeinsam die Art und Weise vorstellen, wie Politik zu machen ist, vor allem, wenn es um die Tonalität geht.
Sie haben es bei Ihrer Regierungserklärung erwähnt: dass Sie darauf schauen, dass es keine radikale Sprache gibt, dass die Tonalität von Respekt getragen wird. Wie wollen Sie das machen? Die FPÖ ist nicht davor gefeit, dass ein Funktionär zu einer anderen Sprache greift.
Das kann ich natürlich nicht kontrollieren, das ist schon klar. Aber wichtig ist, dass sich die Parteispitze, die sich in der Regierung wiederfindet, an diese Vereinbarung, an dieses Verständnis hält und das auch für die eigene Partei vorlebt.
Sie haben auch von „Weltoffenheit“ gesprochen. Das wird meist der FPÖ nicht zugeschrieben. Was haben Sie unter dem Begriff vereint?
Salzburg steht seit Jahrhunderten für Weltoffenheit, für Internationalität. Das ist auch aus der Geschichte heraus mit unserer geopolitischen Situation begründet. Natürlich auch ganz stark mit Salzburg als Festspielland, als Tourismusland, als Wirtschaftsland und auch als internationaler Universitätsstandort. Und an dieser Offenheit und Internationalität wollen wir auch nicht rütteln. Unsere Besonderheit und Stärke ist ja die Vielfalt, die Salzburg aufweisen kann.
Da geht es Ihnen vor allem auch um den Kulturbereich?
In kultureller Hinsicht reicht diese Vielfalt von Volkskultur bis zur klassischen Musik, von den Museen bis zum zeitgenössischen Kunstschaffen – und das alles in sehr, sehr hoher Qualitätsstufe. Das macht uns aus und daran soll sich auch nichts ändern. Ganz im Gegenteil, das wollen wir auch weiterentwickeln. Wir haben alle diese kulturellen Bereiche auch bei der ÖVP gebündelt.
Sie glauben also nicht, dass Schwarz-Blau zum Beispiel jene Auswirkungen hat, dass die Festspiele nun anders gesehen werden?
Das glaube ich nicht. Das ist ja eine regionale Regierung, die sich hier gebildet hat, die die Mehrheit der Stimmen und Mandate hat. Hier bilden die erste und die zweitstärkste Partei eine Regierung. Jede diesbezügliche Weltuntergangstheorie ist nur ein lieb gewonnenes Ritual.
Bei Künstlern gibt es aber meist einen reflexartigen Widerstand, wenn die FPÖ irgendwo dabei ist. Es hat ja auch eine Demonstration gegeben, wo von Festspiel-Schauspieler Cornelius Obonya ein Protesttext verlesen worden ist.
Jeder darf seine Meinung äußern, jeder darf demonstrieren. Alles ist zulässig. Es ist niemand verpflichtet, einer Meinung zu sein. Das ist ja das Wesen der Demokratie, dass man unterschiedliche Sichtweisen in unterschiedlicher Art und Weise zum Ausdruck bringen kann. Ich kenne den Herrn Obonya persönlich, wir haben auch immer einen guten Kontakt gehabt. Wir haben Gespräche miteinander geführt, es gab auch Briefverkehr.
Es hat ja auch andere Meinungen gegeben. Markus Hinterhäuser, der Intendant der Salzburger Festspiele, hat sich in einem Interview gegen diesen Widerstandsreflex und für eine richtige Einordnung dieser Entwicklung ausgesprochen.
Ich kenne das Hinterhäuser-Interview. Er hat es für mich ganz gut auf den Punkt gebracht. Ich möchte das aber auch nicht weiter bewerten. Es ist oft ein reflexartiges Herbeireden von Unbill. Wir werden schon dafür sorgen, dass diese Unbill nicht eintritt. Ich habe in unseren intensiven Koalitionsgesprächen den Eindruck gewonnen, dass unsere Koalitionspartner recht pragmatisch an diese Sache herangehen.
Dennoch hatte die Opposition – SPÖ, Grüne und KPÖ Plus – keine einzige Stimme für das neue Regierungsteam übrig. Es musste allein mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ eingesetzt werden.
Das ist ja nicht ungewöhnlich. Das passiert im Prinzip in jedem Bundesland. Oder auch im Nationalrat, da wird die Regierung auch nicht einstimmig gewählt. In Niederösterreich hat nicht einmal der eigene Koalitionspartner die Landeshauptfrau gewählt. Daraus jetzt zu konstruieren, dass es ein holpriger Start gewesen sei, ist einfach unrichtig. Die Abgeordneten der Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ haben ohne Ausnahme die Regierungsmitglieder gewählt, und das hat gereicht.
An welchen Themen, die man in den kommenden fünf Jahren erledigen will, soll diese Koalition gemessen werden? Was sind da Ihre wichtigsten Vorhaben?
Das haben wir schon eine Reihe von wichtigen Themen. Eines davon ist das Wohnen, weil es bei uns zu teuer ist. Da ist ein enormer Druck auf dem frei finanzierten Wohnbau. Den können wir nur abmildern, indem der geförderte Wohnbau forciert wird. Der Arbeitskräftemangel insbesondere im Bereich der Pflege ist eine riesige Aufgabe. Und die Herbeiführung der Mobilitäts- und Energiewende. Da haben wir enorm viel zu tun. Der öffentliche Verkehr muss noch attraktiver werden.
Was bundesweit politisch mehr diskutiert wird, ist die Unterstützung von Müttern, die ihre Kinder zu Hause groß ziehen wollen. Bei den Kritikern läuft das unter dem Begriff „Herdprämie“.
Es ist im Regierungsprogramm genau erläutert, was mit dieser Unterstützung gemeint ist. Das hat nichts mit einer Herdprämie zu tun. Wir gehen von dem Prinzip der Wahlfreiheit aus. Auf der einen Seite stellen wir als öffentliche Hand Kinderbetreuungsmöglichkeiten zur Verfügung, die die Leute in Anspruch nehmen können. Wenn aber eine Familie entscheidet, das Kind bis zu einem bestimmten Lebensalter zu Hause zu betreuen, dann muss man überlegen, ob man das nicht auch unterstützt. Was natürlich nicht passieren darf, ist, dass dann Kinder mit migrantischen Wurzeln nicht mehr integriert werden. Hier sind wir erst am Anfang von Überlegungen. Das Wort „Herdprämie“ ist da schon sehr tendenziös und auch unterstellend.
Das es Schwarz-Blau auch in Salzburg gibt, ist das ein Vorbote für eine künftige Koalition im Bund?
Nein. Salzburg ist Salzburg und der Bund ist der Bund.
Manche Strategen hätten jetzt schon gerne Neuwahlen, weil die SPÖ derzeit in personellen Turbulenzen ist. Was hätten Sie da Karl Nehammer geraten?
Ich bin gegen Neuwahlen ganz klar. Es gibt einen Regierungsauftrag bis zum Herbst des kommenden Jahres. Und so lange soll die Regierung im Amt bleiben.
Wilfried Haslauer
Der 67-jährige ÖVP-Politiker ist von Beruf Rechtsanwalt. 2004 übernahm er die Landes-ÖVP. Bei den Landtagswahlen 2013, 2018 und 2023 konnte die ÖVP jeweils den ersten Platz erringen. Wilfried Haslauer ist seit 2013 Landeshauptmann von Salzburg.
Salzburg-Koalitionen
Als Wilfried Haslauer 2013 die SPÖ an der Spitze ablöste, schloss er eine Koalition mit den Grünen und dem Team Stronach. 2018 entschied er sich für Grüne und Neos. Nach der Wahl 2023 wollte er zuerst eine Dreier-Koalition mit der FPÖ und der SPÖ. Das Veto der SPÖ führte dann zu Schwarz-Blau. Die Landesregierung – Stellvertreterin ist Marlene Svazek (FPÖ) – wurde vergangenen Mittwoch angelobt.
Ein Punkt noch zu Schwarz-Blau in Salzburg. Ist auch besprochen worden, dass FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl nicht zu stark in die Arbeit der Landesregierung eingreift?
Ich habe bereits in der Wahl kein Geheimnis daraus gemacht, dass ich die Tonalität von Herbert Kickl für nicht in Ordnung empfinde. Und dass ich auch nicht haben will, dass er hier in Salzburg eingreift. Ehrlich gesagt, steht ihm das auch gar nicht zu. Aber ich habe in den Verhandlungen schon den Eindruck gewonnen, dass da keinerlei Forderungen aus Wien gekommen sind, sondern dass sehr autonom in Salzburg entschieden wird.
Sie gehen davon aus, dass die Koalition die komplette Legislaturperiode halten wird?
(lacht) Mit so einer Frage habe ich am ersten Tag der Koalition nicht gerechnet.
Aber man kann es doch an der bisherigen Stimmung messen, ob es funktioniert.
Ich gehe davon aus, dass es hält, weil es auf beiden Seiten guten Willen gibt. Die Realität wird zeigen, ob Befürchtungen gerechtfertigt waren. Ich bin aber zuversichtlich, dass es für Salzburg eine gute Zeit werden wird.
Und Sie werden auch die komplette Legislaturperiode als Landeshauptmann dabei sein?
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