Initiativantrag im Parlament: Neuregelung von Handy-Sicherstellung?
Ein Initiativantrag zur Neuregelung der vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehobenen Handy-Sicherstellung soll am Mittwoch in den Nationalrat eingebracht werden. Das verkündeten Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Fritz Zeder, Sektionschef für Strafrecht im grün-geführten Justizministerium, bei einer Podiumsdiskussion am Montagabend. So soll die Regelung, die am 1. Jänner 2025 abläuft, vor dem neuen Jahr im National- und Bundesrat beschlossen werden können.
Aktuell würden jedenfalls noch intensive Gespräche und Verhandlungen laufen, sagte Edtstadler. Wird der Antrag am Mittwoch eingebracht, muss er anschließend in einem Ausschuss behandelt und danach im Nationalrat beschlossen werden - das würde dann Mitte Dezember der Fall sein. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) geht davon aus, dass die Neuregelung heuer noch mit breiter Mehrheit abgesegnet werden kann. Dabei würde allerdings das "freie Spiel der Kräfte" gelten, wie Parlamentsdirektor Harald Dossi betonte - eine Mehrheit müsste abseits der aktuellen schwarz-grünen Regierung gefunden werden, da diese alleine über keine mehr verfügt.
Getrennte Regelungen für Datenträger und andere Objekte
Bei der Podiumsdiskussion im Parlament kamen Vertreterinnen und Vertreter von Richtern, Staats- und Rechtsanwälten, der Wissenschaft und des Justiz- und Innenministeriums zu Wort. Einig waren sich die Gesprächsteilnehmer darüber, dass es zumindest irgendeinen Beschluss brauche. "Es freuen sich sonst am 1. Jänner die Falschen in diesem Land", sagte die Vorständin des Instituts für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Wien, Susanne Reindl-Krauskopf. Für eine neuerliche Begutachtung sei jedenfalls keine Zeit mehr, meinte Zeder. Er versicherte, dass der neue Entwurf vielen Bedenken aus der Justiz Rechnung tragen werde.
Der Sektionschef gab einen groben Einblick in die Inhalte des Entwurfs. Dieser sehe getrennte Regelungen für die Sicherstellung von Datenträgern und sonstigen Gegenständen vor. Es soll abgestufte Regelungen nach Intensität und Dringlichkeit geben. Garantiert werde zudem, dass die inhaltliche Auswertung der Daten auf das beschränkt bleibe, was gerichtlich bewilligt ist. Vorgesehen sei außerdem, dass Beschuldigte und Opfer eigene Suchparameter beantragen können, nach denen die Daten durchsucht werden sollen, damit keine Einseitigkeit entstehe. Jeder Betroffene könne Einsicht in jene Teile des Auswertungsergebnisses nehmen, die für ihn relevant sind. Rechtsschutzbeauftragte sollen den gesamten Prozess rechtlich überwachen und kontrollieren, hierfür gebe es mehr Ressourcen.
Edtstadler und Zadić, die der Veranstaltung aufgrund ihrer Schwangerschaft fernblieb und deren Statement von Zeder verlesen wurde, betonten, dass es einen Ausgleich zwischen Grundrechten wie jenem auf Privatsphäre und dem Interesse der Strafverfolgung brauche. Zufallsfunde auf einem sichergestellten Handy zu verfolgen, soll künftig nicht grenzenlos möglich sein, sagte Edtstadler.
Klarheit bei Zufallsfunden gefordert
Lisa Pühringer vom Innenministerium begrüßte, dass ein neues Regelungsregime bei der Beschlagnahme von Datenträgern und Daten geschaffen werden soll, was der Polizei zugutekomme. Fragen wie etwa jene, ob man im Rahmen einer Sicherstellung auf Cloud-Daten zugreifen dürfe, würden von der Strafprozessordnung (StPO), die noch von einer "analogen Welt" auszugehen scheine, nämlich nicht beantwortet. Sie erwartet, dass sich durch die Einschränkung des Auswertungsprozesses Zufallsfunde in der Praxis reduzieren werden.
Stephan Faulhammer von der Richtervereinigung sprach sich für die Befugnis der Staatsanwaltschaft aus, auf die Sicherstellung Einfluss zu nehmen. Michael Rohregger, Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien, meinte indes, dass das Gericht Daten sichten und nur das Vorwurfsbezogene zur Staatsanwaltschaft kommen soll. Keine Staatsanwältin habe Lust, Daten zu lesen, die sie nicht lesen müsse, sagte Cornelia Koller von der Vereinigung der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Sie sprach sich dafür aus, Zufallsfunde nicht zu verfolgen. Allerdings brauche es gesonderte Regeln dafür, was mit schwerwiegenden Zufallsfunden - etwa Missbrauchsdarstellungen von Kindern - zu tun sei.
Ohne Neuregelung ab 2025 keine Sicherstellungen
Notwendig ist die Neuregelung, weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Abnahme von elektronischen Datenträgern wie Handys und Laptops ohne davor erfolgte richterliche Genehmigung mit 1. Jänner 2025 aufgehoben hat. Die aktuelle Regelung würde gegen das Recht auf Privatleben sowie gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. Da es aber keine eigenen Regeln für elektronische Datenträger gibt, hat der VfGH die gesamten Sicherstellungsregeln aufgehoben, weshalb ab kommendem Jahr ohne ein neues Gesetz gar keine Gegenstände mehr zu Beweiszwecken abgenommen werden dürften.
Die Koalition aus ÖVP und Grünen konnte sich seit dem VfGH-Erkenntnis Ende 2023 auf keine Lösung einigen. Eine letztlich verworfene Fassung, auf die sich die beiden Parteien schon verständigt hatten, hatte bei der Begutachtung viel Kritik seitens der Justiz auf sich gezogen. Einige Änderungen wurden jedoch bereits mit einem Erlass vorweggenommen, mit dem das Justizministerium in der Vorwoche auf ein unmittelbar anwendbares Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) reagiert hat.
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