Für Korruptionsjäger, für Journalisten, für die Opposition und auch für Kabarettisten ist das Smartphone scheinbar eine unendliche Quelle. Denn in die Akten wandern Unmengen an Daten – nicht nur strafrechtlich relevante, sondern vermehrt auch persönliche, manchmal sogar intime.
So erfährt man von der millionenhohen Gehaltsvorstellung von Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann, die er ins Handy tippte, weil er dort Jahr für Jahr seine persönlichen Ziele definierte.
Es finden sich emotionale Nachrichten, durch die man erfährt, dass ÖBAG-Chef Thomas Schmid ein fast anhimmelndes Verhältnis zum Bundeskanzler („Ich liebe meinen Kanzler“) hat, oder wie Schmid über die Arbeitsmoral des damaligen Finanzministers Hartwig Löger denkt – sein Urteil war nicht schmeichelhaft.
Nachrichten, die für den Chatpartner, aber nie für die Öffentlichkeit gedacht waren. Peinlich für beide – für den Verfasser, aber auch für die Person, über die, ohne ihr Wissen, gelästert wird.
Was in die Akten wandern darf und was nicht, dazu gibt es eigentlich schon zwei Urteile des Obersten Gerichtshofs (OGH). Der ehemalige OGH-Präsident Eckart Ratz hat dazu einen Artikel in der „Österreichischen Juristenzeitung“ geschrieben.
Er interpretiert das Urteil so, dass nicht alles, was am Handy gefunden wird, ungefiltert in den Akt wandern darf. Denn die Persönlichkeitsrechte seien zu wahren. So schreibt er: „In einem Strafverfahren geht es stets nur um Kriminalstrafrecht, nicht um sonstiges Verhalten, und bei der Aufklärung von Straftaten darf der Staat nur in dem Umfang in die Rechte von Personen eingreifen, als dies auch ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist.“
Ratz meint, dass die Staatsanwaltschaften schon bei der Anordnung zur Sicherstellung sehr genau ausführen sollten, was und welcher Zeitraum ermittlungsrelevant ist.
Neue Normen
Auch die Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes sagt, dass die Sicherstellung des Handys immer mehr Fragen aufwirft. „Das Handy ist quasi zu unserem zweiten Hirn geworden. Die Sicherstellungsnormen in der Strafprozessordnung gehen auf die 1970er Jahre zurück. Hier müssten die Normen nachgeschärft werden“, so Zerbes. Eine Reform oder eine Novellierung der Strafprozessordnung wäre angebracht. Dazu kommt: Selten noch war ein Strafakt politisch so relevant wie jene rund um Novomatic, Casinos und Thomas Schmid.
Allerdings sieht es Zerbes problematisch, wenn gefiltert werden würde, was in den Akt wandert. Denn Chats können auch Stimmungen wiedergeben. Und wenn zwei Politiker, die möglicherweise auch befreundet sind, über Posten im Staat kommunizieren, dann ist das keine „ganz private Unterhaltung mehr“.
Wichtiger wäre für Zerbes die Maßnahme, dass der Akt nicht an die Öffentlichkeit kommt. Hier sieht die Expertin das eigentliche Problem.
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