Grüne und SPÖ wollen Aufklärung über Abschiebezentrum in Bosnien

Grüne und SPÖ wollen Aufklärung über Abschiebezentrum in Bosnien
Grünen-Migrationssprecherin Ernst-Dziedzic sieht auch Innenministerium in der Pflicht und will sich auf Lokalaugenschein begeben. Die SPÖ fordert eine Aufklärung von Innenminister Karner (ÖVP).

Die Grünen haben eine Fact-Finding-Mission zu Berichten über die Errichtung eines illegalen Abschiebezentrums in dem wiederaufgebauten Flüchtlingscamp Lipa in Bosnien-Herzegowina angekündigt. "Irgendjemand hat dieses menschenrechtliche Desaster in Gang gesetzt und trägt folglich auch die Verantwortung dafür. Das alles muss nun schonungslos offengelegt werden", forderte Migrationssprecherin Ewa Ernst-Dziedzic am Mittwoch. Auch die SPÖ forderte Aufklärung vom Innenminister.

Ernst-Dziedzic will "nun selbst versuchen, zur Aufklärung beizutragen und mich vor Ort auf Fact-Finding-Mission begeben. Bei einem Lokalaugenschein und im Gespräch mit den beteiligten Personen wird sich die Situation sicher ein stückweit aufklären lassen", sagte sie.

Von der NGO SOS Balkanroute seien weitere Details ans Licht gekommen, sagte die grüne Politikerin. "Demnach muss das ICPMD (das von Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) geleitete Zentrum für Migrationspolitik, Anm.) entgegen eigenen Aussagen sehr wohl in die Planungen der Haftanstalt involviert gewesen sein, denn sowohl das für Lipa zuständige bosnische Fremdenamt als auch die Delegation der EU in Bosnien-Herzegowina bestätigen in schriftlicher Form, dass das ICPMD für den Bau zuständig sei. Dazu kamen noch bekräftigende Aussagen des Bürgermeisters von Bihać und des kantonalen Premierministers von Una-Sana in den Medien", so Ernst-Dziedzic.

Die Migrationssprecherin der Grünen sieht viele offene Fragen. "Wer wird die Haftanstalt nach ihrer Fertigstellung betreiben? Das ICPMD verweist dabei auf das Fremdenamt des bosnischen Sicherheitsministeriums und auch die EU-Delegation in Bosnien-Herzegowina spricht davon, dass das Objekt nach seiner Fertigstellung in die Zuständigkeit des bosnischen Fremdenamts übergehen soll. Dieses verweist allerdings bei diesbezüglichen Anfragen auf das ICPMD. Völlig unklar sei zudem auch, wer überhaupt den Auftrag zu dieser Haftanstalt gegeben hat und wozu. Zudem habe der Bürgermeister der nahe gelegenen Stadt Bihać auch über eine fehlende Baugenehmigung geklagt." Ernst-Dziedzic sieht in diesem Fall auch das Innenministerium in der Pflicht, das enge Verbindungen zum ICPMD pflege.

Der Balkan dürfe nicht zur Abschiebezone werden, verlangte die Migrationssprecherin der Grünen. Österreich, das sich nicht nur mit Hilfsgeldern, sondern auch mit der Entsendung von Polizistinnen und Polizisten engagiere, müsse sicherstellen, dass alle damit einhergehenden menschenrechtlichen Verpflichtungen auf Punkt und Beistrich erfüllt werden. "Hilfe vor Ort bedeutet nicht, Menschen in geschlossene Systeme zu sperren und ohne ein faire Verfahren abzuschieben", sagte Ernst-Dziedzic.

Parlamentarische Anfrage geplant

Aufklärung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zu den Vorwürfen forderte auch die SPÖ. SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner kündigte eine parlamentarische Anfrage an um den Vorwürfen, wonach mit österreichischem Steuergeld ein menschenrechtswidriges Gefängnis gebaut worden sein soll, und der Rolle des ICMPD auf den Grund zu gehen. "Europa braucht eine gemeinsame, menschenrechtsachtende Asylpolitik. Dazu braucht es Respekt und Zusammenarbeit mit internationalen Partnern. Die Aussagen der bosnischen Behörden, Kantons- und Stadtpolitiker lassen ernsten Zweifel daran aufkommen, dass das hier der Fall war", kritisierte Einwallner in einer Aussendung. Die Einhaltung der Menschenrechte müsse auch für Flüchtende sichergestellt werden.

Das Internationale Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) ist den Vorwürfen der NGO SOS-Balkanroute im Zusammenhang mit einem Abschiebezentrum im bosnischen Flüchtlingscamp Lipa entgegengetreten. "ICMPD ist selbstverständlich nicht am Bau von Haftzellen oder ähnlichem beteiligt", betonte ein Sprecher der in Wien ansässigen zwischenstaatlichen Organisation am gestrigen Dienstag auf APA-Anfrage. Die Rolle von ICMPD beschränke sich auf das "Beschaffungswesen" und die Kontrolle von Verträgen.

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