Jung-Grüne geben nach, Alt-Grüne weiter im Clinch

Bei den Grünen prallen immer noch die internen Kritiker aufeinander
Der Rückzug Flora Petriks gibt den Weg für einen Neustart bei den Jung-Grünen frei. Eva Glawischnig bringt das nur eine Atempause: Die mächtigen West-Grünen drängen auf mehr Politik statt Personalquerelen.

Drei Monate nach dem Amtsantritt und drei Wochen nach ihrer öffentlichen Rücktrittsaufforderung an Eva Glawischnig ist Flora Petrik politisch wieder Geschichte. "Der ehrenamtliche Vorstand der Jungen Grünen klebt nicht auf seinen Sesseln", lässt die 22-jährige Chefin der Jungen Grünen am Montag wissen – und verkündete, dass das umstrittene Führungsteam der Parteijugend (Junge Grüne) im Juni nicht mehr zur Wiederwahl antritt. Die Parteirebellin erklärte den überraschenden Schritt gestern so: Nachdem Parteichefin Glawischnig in einer ORF-Diskussion erneut eine weitere Zusammenarbeit in Aussicht gestellt hatte, wolle man nun "den Weg dafür frei machen", so Petrik zum KURIER.

Obfrau-Debatte

Nach Wochen des öffentlichen Streits, der zuletzt sogar zu einer Obfrau-Debatte geführt hatte, ist das ein kleiner Etappensieg der Parteispitze. Klein deshalb, weil der entstandene Image-Schaden nicht wettzumachen ist. Glawischnig selbst hatte lange vor dem Konflikt mit auffallend schlechten Image-Werten zu kämpfen – nur SPÖ-Staatssekretärin Duzdar und Team-Stronach-Chef Lugar genießen weniger Vertrauen. Klein ist der Etappensieg auch deshalb, weil vorerst unklar bleibt, wie die weitere Zusammenarbeit zwischen Jungen und "alten" Grünen aussehen wird. Nächste Woche tagt der Erweiterte Bundesvorstand der Grünen, am 30. April treffen sich die renitenten Jungen zu ihrer Perspektivenkonferenz. Wie genau es mit Petrik und ihrem geschassten Team künftig weitergeht, entscheidet sich frühestens an diesem Abend.

Dem nicht genug, wird die Debatte um den Führungsstil Glawischnigs nicht so schnell verstummen. "Aus der latenten Personalkrise bei den Grünen wurde eine akute. Der Konflikt mit Petrik war dafür nur der Katalysator", sagt ein hochrangiger Parteigänger. Öl im FeuerKritisch wurde in der Causa zuletzt vor allem EU-Mandatar Michel Reimon gesehen. Der Burgenländer hatte mit einem ausführlichen und ausnehmend angriffigen Anti-Petrik-Eintrag die Krise zunehmend befeuert. Ein Revanche-Foul an der Familie? Immerhin soll Petriks Mutter Regina jenen Job haben, den Reimon gerne ausgeübt hätte – nämlich Boss der burgenländischen Grünen." Das entbehrt jeder Grundlage", sagt Regina Petrik zum KURIER. "Wir haben uns in unserer gesamten politischen Laufbahn gegenseitig unterstützt."

Bullshit-Bingo

Wie auch immer: Die großen Konfliktlinien laufen in der grünen Partei längst ganz woanders. Außer Zweifel steht, dass die westlichen, vielfach in Regierungsverantwortung arbeitenden Landesparteien mit der politischen Präsenz der Bundespartei zum ersten massiv unzufrieden sind und zweitens derzeit keine Lust auf kurzfristige Personaldebatten haben. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben, sagt ein Parteiinsider."Sich personell neu aufzustellen ist jetzt absolut nicht unser Thema, und spiegelt nicht die Sicht der gern zitierten grünen West-Achse wieder", sagt etwa der Vorarlberger Parteichef Johannes Rauch zum KURIER. Das von "einigen Wenigen" betriebene Name Dropping bringe nichts. "Ich beteilige mich nicht an Bullshit-Bingo."Was also wäre zu tun? Wie sieht eine Lösung aus? Rauch: "In der gegenwärtigen Situation tun wir gut daran, unsere ganze Kraft der nächsten Nationalratswahl zu widmen, die wartet ja voraussichtlich im Herbst." Bei dieser Wahl gäbe es viel zu holen. "SPÖ und ÖVP driften nach rechts, bei demokratiepolitischen Grundsatzfragen wie dem Asyl, den Menschenrechten und der Verfassung werden mittlerweile Positionen der Mitte preisgegeben, und hier müssen wir Grüne ansetzen und Haltung zeigen. Das ist unser Job!" Geht’s nach Rauch und den "Westlern", sind jetzt endlich konkrete Inhalte gefragt. Man könnte auch sagen: Mehr Politik statt Bullshit Bingo.

Der frühere Kanzlersprecher Josef Kalina nennt ihn einen "Kampfpanzer".

Rudolf Fußi selbst bezeichnete sich lieber als einen "dicken Mann mit tiefer Stimme", der Diskussionsteilnehmer schon mal gern rhetorisch an die Wand drückt.

Kampfpanzer?

Dicker Mann?

Wie auch immer man man PR-Berater Rudolf Fußi beschreiben mag. In der TV-Konfrontation "Im Zentrum" am Sonntagabend nahm der 38-Jährige eine jedenfalls eindeutige Rolle ein – nicht die des nüchternen Analytikers, sondern die des angriffigen Artilleristen auf der Seite von Parteichefin Eva Glawischnig. In de facto jeder Wortmeldung attackierte Fußi Glawischnigs Kontrahentin, die Chefin der Jungen Grünen, Flora Petrik.

Eine halbe Million ORF-Zuschauer sah dem Treiben zu, und den früheren Parade-Grünen Johannes Voggenhuber magerlte das besonders. Der Grund: Voggenhuber wurde, wie er via Facebook kundtat, ausgeladen. "Anstelle eines ,Anwalts‘ für die rebellierenden Jungen brauchte man nun einen rhetorischen Bullterrier, einen Mann fürs Grobe, an der Seite der angeschlagenen Bundessprecherin", befundete der streitbare Alt-Grüne spöttisch.

Warum schafft es Rudolf Fußi als willfähriger Adjutant von Grünen-Chefin Glawischnig statt des kritischen Alt-Grünen Voggenhuber in den Sonntagabend-Talk?

Im ORF stellt man diese Darstellung in Abrede: "Wir lassen uns von niemandem Vorgaben bei der Einladungspolitik der Gäste machen", sagt Sendungsverantwortlicher Robert Stoppacher, zum KURIER. Geht’s nach dem ORF, dann hat Voggenhuber einfach schlecht zugehört: "Wir haben mit 20 bis 30 Personen geredet, haben die Situation bei den Grünen recherchiert und uns Gäste für die Sendung überlegt."

Bis vergangenen Donnerstag sei unklar gewesen, ob Glawischnig und Petrik, also die zentralen Darstellerinnen des Konflikts, kommen würden. "Voggenhuber wurde gefragt, ob er theoretisch Zeit hätte, mehr nicht."

Und Fußi? "Ihn haben wir eingeladen", sagt Stoppacher, "weil Glawischnig die Parteikrise als ein Kommunikationsproblem bezeichnet hat und Fußi als Experte für politische Kommunikation gilt."

Der Einladung des vielseitigen Politik-Aktivisten – er war bei "Demokraten" und "Unabhängigen", betätigte sich in der SPÖ und beriet zuletzt auch das Team Stronach – ist zumindest hinterfragenswert. Der PR-Experte war wirtschaftlich mit dem Chef der Grünen Wirtschaft in Wien, Hans Arsenovic, verbandelt – man gründete gemeinsam die Kommunikationsagentur "mindworker", Fußi hat Arsenovic bereits aus der Firma ausgekauft.

Macht "mindworker" mit den Grünen Geschäfte? Hat Fußi allenfalls ein Beratungsmandat mit Glawischnig oder den Grünen?

"Alles Unsinn", sagt Fußi zum KURIER. "Ich habe keinen einzigen Auftrag von den Grünen bekommen – und dabei wird es auch bleiben."

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