Großbaustelle Wien: Häupl unter Druck

Michael Häupl, Renate Brauner
In der SPÖ Wien steht es Spitz auf Knopf. Doch des Bürgermeisters engste Vertraute, Renate Brauner, urlaubt in der Karibik. Dabei soll das neue Team schon bis Freitag stehen.

Mit dem Rücktritt von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely ist die erste große Personalfrage in der Wiener SPÖ beantwortet. Wer glaubt, dass damit alle Probleme gelöst sind, irrt.

Parteichef Michael Häupl muss die Partei umkrempeln, Wehselys Rückzug war nur der erste Akt im roten Mehrpersonenstück.

Über das Wochenende arbeitet Häupl daher weiter an der Neuaufstellung und geht mit Vertrauten Varianten durch. Dabei fehlt ihm jedoch die wichtigste Figur in seinem Dramolett, Finanzstadträtin Renate Brauner. Sie urlaubt derzeit auf Kuba.

"Sie schupft ihm den Laden"

Sollte sich Häupl zu einem größeren Umbau entschließen, ist das Finanz- und Wirtschaftsressort das zentrale Ressort, um das das neue Team herum aufgebaut wird. Mit Brauner verbindet Häupl eine tiefe Freundschaft, die bereits zu Studentenzeiten begann. Brauner ist das einzige Regierungsmitglied, auf das sich Häupl blind verlassen kann. "Sie schupft ihm den Laden", sagt ein Rathaus-Insider. Kaum vorstellbar, dass Häupl die Stadtregierung umstellt, ohne dass Brauner im Land ist.

Dass die – neben Landtagspräsident Harry Kopietz – wichtigste Vertraute Häupls in dieser Situation in der Karibik urlaubt, sorgt bei vielen in der Partei für Kopfschütteln. "Das ist suboptimal, so spät zurückzukommen und mit Jetlag in Verhandlungen zu gehen", sagt eine Funktionärin, die sonst eisern zu Brauner steht.

Offiziell wird Brauner erst am kommenden Mittwoch im Rathaus sein, da tagt der Finanzausschuss. Häupl läuft jedoch langsam die Zeit davon, denn spätestens bei der Vorstandstagung am Freitag muss er sein neues Team beisammen haben.

Rochaden

Im Ö1-Mittagsjournal am Samstag ließ sich Häupl nicht in die Karten blicken. Er verweigerte jede Personalspekulation mit dem Hinweis, dass er so etwas "im Wohnzimmer und nicht auf dem Balkon" diskutiere. Faktum ist, dass er als Wehsely-Nachfolger einen "Gesundheitsmanager" braucht. Häupls Wunschkandidat Peter Hacker machte als Flüchtlingskoordinator gute Figur. Allerdings soll sich Hacker bisher gegen einen Wechsel in die Politik wehren.

Großbaustelle Wien: Häupl unter Druck
Interview mit dem Präsidenten des Stadtschulrats für Wien Jürgen Czernohorszky in seinem Büro. Wien, 04.03.2016.
Daher könnte es auch ein Sesselrücken innerhalb der Regierung geben. Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger könnte Gesundheitsstadträtin werden, Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorszky das Bildungs- und Integrationsressort übernehmen. Das hätte Tradition, beerbte doch Sonja Wehsely einst Renate Brauner als Gesundheitsstadträtin.

Häupls Hauptproblem heißt jedoch weiterhin Michael Ludwig. Er hat sich derart gegen den Bürgermeister positioniert, dass Häupl kaum darüber hinwegsehen kann. Allerdings sieht sich Ludwig fest im Sattel, auch weil er die Außenbezirke hinter sich weiß. Bleibt er in der Stadtregierung, dann wohl in neuer Funktion. Kühne Beobachter sprechen gar davon, dass er das Gesundheitsressort übernehmen solle. "Da soll er zeigen, ob er auch wirklich Management-Qualitäten hat", sagt ein roter Funktionär.

Aber auch das Finanzressort wurde als nächste Station Ludwigs bereits ins Spiel gebracht. Ein Kandidat als Finanzstadtrat wäre auch Andreas Schieder, Klubobmann der Bundes-SPÖ und Lebensgefährte von Sonja Wehsely. Nach ihrem Rücktritt wäre der Weg in die Stadtregierung frei. Allerdings sieht sich Schieder selbst mehr in der Bundespolitik.

Großbaustelle Wien: Häupl unter Druck
ABD0036_20161121 - WIEN - ÖSTERREICH: Wohnbaustadtrat Michael Ludwig am Montag, 21. November 2016, vor Beginn einer Vorstandssitzung der Wiener SPÖ im Wiener Rathaus. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Sollte Ludwig doch gehen müssen, dann wohl ebenfalls Richtung Bund. Pikanterweise ist er der Einzige aus der Wiener Stadtregierung, der 2013 auch für den Nationalrat kandidierte.

Geht Ludwig, hat wohl Kathrin Gaal die besten Karten, in die Regierung aufzurücken. Die 41-Jährige ist Parteichefin in Favoriten. Ebenso im Gespräch ist Thomas Reindl (55), der Gemeinderatsvorsitzende aus der Donaustadt.

Baut Häupl komplett um, könnte auch der Job von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny in Betracht gezogen werden, um eine Nachwuchshoffnung aufzubauen. "Die Einzige, die ihren Job fix hat, ist Ulli Sima", heißt es aus Parteikreisen. Sima hat neben den Umwelt-Agenden die Wiener Stadtwerke dazubekommen und räumt dort ordentlich auf – sehr zum Gefallen des Bürgermeisters.

Häupl tritt nochmals an

Häupl muss nun ein Team für die Zukunft finden, dass beim Parteitag im April von möglichst vielen Genossen im Amt bestätigt wird. Auch Häupl selbst wird dort erneut als Parteiobmann zur Wahl antreten. Bei seinen Personalentscheidungen wird er darauf keine Rücksicht nehmen. "Wer mich will, soll mich wählen. Ich bin über das Alter hinaus, wo ich um Stimmen buhle", sagt Häupl.

Er arbeite nach bestem Wissen und Gewissen hart, um die Wiener SPÖ in Schuss zu halten: "Entweder man akzeptiert das – oder eben nicht."

Kommentare