Die sinkende Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und der EU, die Gewinneinbrüche der Wirtschaftsbetriebe und die steigende Arbeitslosigkeit beschäftigen auch die Klimaökonomen. Eine aktuelle Studie des Wegener Centers der Universität Graz, im Auftrag des Klima- und Energiefonds, zeigt, dass Klimaschutz nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch eine Chance bietet.
Die Forscher Karl Steininger und Olivia Koland haben dazu rund 50 aktuelle Studien analysiert und einen Synthesebericht erstellt. Wichtigste Ergebnisse: Effektive Klimaschutzmaßnahmen und Kreislaufwirtschaft haben nicht nur positive Effekte auf die Wertschöpfung, sondern auch auf Innovation und Investition, wodurch der Wirtschaftsstandort profitiert. Ein Beispiel für die „doppelte Dividende“ laut dieser Studie: Investitionen in erneuerbare Technologien und klimafreundliche Infrastruktur können nicht nur das Bruttoinlandsprodukt steigern, sondern auch über 100.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Ein jährliches Investitionsvolumen von 4,5 Milliarden Euro bis 2030 würde das BIP um 9,8 Milliarden Euro erhöhen. „Doppelt“ ist die Dividende, weil damit auch gleich die Treibhausgas-Emissionen sinken.
Gewinner und Verlierer
„Wir sehen gerade, dass genau jene Industrien und Betriebe reüssieren, die in Sachen Energiewende und Kreislaufwirtschaft hineininvestieren. China macht letztlich auch nichts anders, und das mit großem Erfolg. Probleme bekommen bei uns jene Betriebe, die sich nicht umstellen“, sagt Klimaökonom Steiniger zum KURIER.
Neben der „doppelten Dividende“ durch die Energiewende verweist Steiniger auf weitere Ergebnisse:
- Zögern und unklare Signale würden den Umstieg auf klimafreundliche Strukturen teuer machen. Je später Klimaschutz betrieben wird, umso größer wären die falschen Investments und damit Wertverluste. Die Kosten des Klimawandels und für die Anpassung belasten den öffentlichen Haushalt – und auch die Geldbörsen der Betroffenen.
- Die Kreislaufwirtschaft wirke sich positiv auf Klimaschutz und Beschäftigung aus. Österreich ist bei einigen Technologien der Kreislaufwirtschaft bereits extrem stark – so hat etwa das Plastik-Recycling eine Innovationsrate vierfach über der Durchschnittlichen, was für Patente wesentlich ist. Markt- und Exportstärkung – zum Beispiel durch öffentliche Nachfrage und Informationsunterstützung – kann hier effizient ansetzen.
Umschulungen wichtig
Steininger und Koland leiten mehrere Handlungsoptionen in der Studie ab: etwa Exportförderung in Bereichen mit hoher Innovationsleistung, aber geringem Handelsvorteil, wie beim Beispiel Plastik-Recycling. Die Industrie benötige gezielte Investitionsanreize für Unternehmen sowie rasche Genehmigungsverfahren.
Wichtig sei aber auch, Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen zu fördern, da in relativ kurzer Zeit neue Fähigkeiten und Fertigkeiten benötigt werden. Die Studie sagt auch, dass technologische Förderungen allein nicht reichen werden. Vielmehr brauche der Wirtschaftsstandort zusätzlich Unterstützung durch flankierende Maßnahmen: „Das heißt, dass Forschungspolitik gemeinsam mit Industrie-, Regional-, Standort-, Energie- und Bildungspolitik behandelt werden muss, nur dann wird sie umfassend wirksam“, sagt der Ökonom.
Die Forscher erinnern daran, dass der Bericht von Ex-EZB-Chef Mario Draghi zur Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit Europas ebenfalls diese Handlungsempfehlungen umfasste – wie die Schließung der Innovationslücke, einen gemeinsamen Plan für Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit und die Stärkung der wirtschaftlichen Sicherheit und Reduktion von Abhängigkeiten der EU. Steininger erinnert daran, das Österreich rund acht Milliarden Euro jährlich nur für Energieimporte bezahlt – Geld, das im Inland besser eingesetzt werden könnte.
Dass es in der EU Bestrebungen gibt, den Green Deal der EU zurückzufahren, findet Steiniger „verrückt: Das wäre eine kurzfristige Entscheidung mit sehr negativen Langzeitfolgen.“
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