Gibt es ein Leben nach der Politik? Die Chancen der Kandidaten

Der Sonntag entscheidet über Wohl und Wehe der Spitzenkandidaten – einige werden das Ruder abgeben müssen. Was dann? Was, wenn Sebastian Kurz nicht so strahlend wie erwartet abschneidet oder selbst als Erster in Opposition geschickt wird, weil Rot und Blau längst eine Koalition schmieden? Schließlich haben diese beiden im Parlament gerade vorgeführt, dass sie in der Sozialpolitik (und beim Geldausgeben ohne Rücksicht aufs Budget) ein Herz und eine Seele sind.

Sollte Kurz dann eine politische Pause einlegen, wird er kein Problem mit Jobangeboten haben. Man hat den Aufstieg des blutjungen Politikers im Ausland interessiert beobachtet, wird ihn zu Vorträgen und Consulting-Aufträgen einladen. Außerdem ließe sich endlich das Studium in Ruhe beenden. Mit dem deutschen Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg könnte Kurz in den USA noch schnell eine Firma gründen. Der gefallene, nach Amerika ausgewanderte und nun daheim wiederauferstandene Shootingstar steht gerade selbst an der Schwelle zur Politik. Ein Role-Model für Kurz: Er könnte in ein, zwei Legislaturperioden zurückkehren.

Was ist, wenn Christian Kern unter das Wahlergebnis von Faymann (26,8) fällt? Interessanterweise verspricht er, der Politik auf alle Fälle zehn Jahre lang erhalten zu bleiben. Natürlich gäbe es da einen vakanten Job: den des Wiener Bürgermeisters. Aber je größer das Verlierer-Image, desto unwahrscheinlicher ist diese Variante.

Dass der einstige Manager tatsächlich den Oppositionschef macht, ist eher unvorstellbar. Der Ruf der Staatswirtschaft würde sicher schon bald erschallen. In seiner alten beruflichen Heimat, den ÖBB, eilt ihm gerade der Betriebsrat zu Hilfe und ruft alle Mitarbeiter per Brief dazu auf, nicht ÖVP zu wählen. (Weil bei Ausschreibungen künftig andere gewinnen könnten: huch, Wettbewerb!) Staat-Kammern-Unternehmen: Alles eins in einer echten Bananenrepublik, und so soll’s auch bitte bleiben, oder?

Ganz sicher nicht qualifiziert hat sich Kern (siehe die desaströse Personalauswahl in der Partei) als Firmen-Personalchef, wie profil-Kollegin Eva Linsinger launig anmerkte.

Und die anderen? Heinz-Christian Straches Tage als Parteichef scheinen noch nicht gezählt zu sein, obwohl er der längstdienende von allen ist. Norbert Hofer hat aber offenbar wenig Ambition auf das Amt. Mehr als die 20,5 Prozent vom letzten Mal erreicht die FPÖ außerdem locker. Sollte Strache dennoch genug von der Politik haben, könnte er einen langen, mühsamen Nikotinentzug (auf Ibiza?) versuchen und dann als internationaler Spindoktor für rechtspopulistische Parteien, etwa die AfD, arbeiten. Spezialgebiet: Wie man es schafft, eine relevante Parteigröße im Staat zu werden, Spaltungen zu überwinden und Social-Media-Kaiser zu werden.

Ulrike Lunacek und Ingrid Felipe werden bei ihrem (ziemlich wahrscheinlichen) Rückzug das, was sie schon vorher waren und sind: eine gestandene EU-Parlamentarierin und eine unbekannte Tiroler Lokalpolitikerin. Sollte Matthias Strolz trotz heftigen Flatterns aus dem Nationalrat fliegen, dann wird er wieder Berater, verleiht anderen "Flüüüüüüüügel" und kehrt vielleicht irgendwann einmal in den Schoß der ÖVP zurück. Alles ist möglich.

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