3.854 Anzeigen zu „Gewalt im sozialen Nahraum“ weist die Statistik für 2022 aus, heuer sind es schon 1.261. Verurteilungen gab es in dem Bereich aber nur 647 bzw. 219.
Die Verurteilungsquote bei häuslicher Gewalt ist traditionell niedrig. Den Grund verorten Experten einerseits darin, dass viele Gewaltopfer – gerade, wenn sich die Taten in Paarbeziehungen abspielen – ihre Anzeigen zurückziehen, aber auch darin, dass die Beweise oft nicht ausreichen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Regierung hat sich bei einem Gewaltschutzgipfel Ende 2022 auf ein Paket an Maßnahmen geeinigt, zu dem sogenannte "Gewaltambulanzen“ gehören. Der Gedanke ist, dass dort Experten sitzen, die speziell auf den Umgang mit Gewaltopfern geschult sind und Beweise sichern, die später auch vor Gericht gut verwendbar sind.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) ist zuversichtlich, die Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode zu schaffen, sagte sie am Dienstag bei der Eröffnung der „Richter:Innen-Woche“ in Innsbruck, die unter dem Motto „Gemeinsam gegen Gewalt“ steht.
Apropos Innsbruck: In der dortigen Uniklinik gibt es schon länger eine Gewaltambulanz: 2012 wurde diese auf Initiative der Kinderschutz-, der Opferschutzgruppe und der ärztlichen Direktion auf die Beine gestellt – ohne administrative und finanzielle Hilfe von außen, wie betont wird.
Tiroler Modell
Das Personal, das pro Jahr rund 100 bzw. pro Woche zwei bis drei Opfer (Kinder und Erwachsene) betreut, macht dies neben seiner regulären Tätigkeit. Zur „Rundum-Unterstützung“ gehören Ärzte, Psychologen und Gerichtsmediziner. Und die Mitarbeiter in der üblichen Notfallaufnahme sind darauf geschult, die richtigen Fragen zu stellen, um Gewaltopfer als solche zu identifizieren.
Zum Plan der Bundesregierung ist bis dato wenig bekannt. Spitäler sind Ländersache – fraglich ist also, wie der Bund die Einrichtung von Gewaltambulanzen überhaupt steuern will; und natürlich, ob es dafür ein Budget gibt. Im Justizministerium heißt es auf KURIER-Anfrage, dass es bezüglich der Ausgestaltung gerade Gespräche mit allen involvierten Ministerien (Finanzen, Inneres, Justiz, Frauen und Gesundheit) gibt.
Justizministerin Zadić betonte in ihrer Eröffnungsrede der „Richter:Innen-Woche“ – einer Fortbildungsveranstaltung, zu der Richterinnen und Richter aus ganz Österreich diese Woche nach Innsbruck reisen –, dass es "eine gemeinsame Anstrengung und den gemeinsamen Willen aller“ brauche, um Gewalt aus dem Alltag zu verbannen.
Kommentare