"Gesetze nach Kindeswohl ausrichten": Zadić will Kinderrechte in den Fokus rücken
Kinderrechte sind etwas, wofür alle sind, das alle gut finden - das würde man zumindest meinen. Doch diese Annahme sei falsch, sagt Kinderrechtsexpertin Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez. „Wird die Sache konkreter, macht Kinderschutz vielen Angst, viele Erwachsene fühlen sich dadurch beschnitten.“ Dieser Logik folgend überrascht es dann auch etwas weniger, dass es in Österreich noch nie eine staatliche Kinderrechtskampagne gegeben hat.
Das soll sich nun ändern. „Ich will, dass Kinderrechte noch stärker im Mittelpunkt der österreichischen Politik stehen“, sagt Justizministerin Alma Zadić im Rahmen der Podiumsdiskussionsreihe „Justiz spricht“.
Zentrale Kinderrechte sind seit mehr als zehn Jahren in der Verfassung festgeschrieben. In der Praxis zeigt sich laut Experten aber immer wieder, dass die Realität hinter dem Anspruch zurückbleibt. „In Österreich haben sich Kinderrechte viel zu lange Zeit im rechtswidrigen Dornröschenschlaf befunden. Alle Staatsgewalten müssen endlich radikal umdenken und unsere Verfassung achten“, sagt Schaffelhofer-Garcia Marquez.
Was also tun, um Kinder und Jugendliche zu stärken, ihre Entwicklung zu fördern und ihre Rechte nachhaltig zu sichern?
Zunächst müssten die Kinder überhaupt einmal über ihre Rechte Bescheid wissen, sagt Helmut Sax vom Ludwig-Boltzmann-Institut. „Kinder und Jugendliche müssen selbst auch in die Position versetzt werden, Rechte einzufordern.“ Dazu bräuchte es aber Information und Rechtsbildung. Sax schlägt außerdem vor, eine unabhängige Monitoringstelle einzurichten. Insgesamt müsse man Kinderrechte „aus der Kuschelecke herausholen“, wie er sagt.
Wichtig ist dabei, dass etwa im Trennungsfall der Eltern Kinder „nicht zerrieben und zum Spielball werden“, erklärt Hedwig Wölfl vom Kinderschutzzentrum „Die Möwe“. Um das zu gewährleisten, wären im türkis-grünen Regierungsprogramm eigentliche jede Menge Änderungen im Scheidungs- bzw. Kindschaftsrecht vorgesehen. Geplant ist unter anderem, dass das Verschuldensprinzip bei Scheidungen fallen soll, damit zusätzliche Konflikte, unter denen vor allem die Kinder leiden, verhindert werden. Auch eine rechtliche Grundlage für die sogenannte Doppelresidenz (dass sich ein Kind im Scheidungsfall gleich viel bei beiden Elternteilen aufhält) soll geschaffen werden.
Doch noch lässt diese große Reform auf sich warten. Es gebe aber bereits erste Entwürfe, sagt Zadić. Entsprechende Organisationen seien in den Prozess eingebunden. Es sei wichtig, das Kindschaftsrecht neu zu gestalten und die Gesetze nach dem Kindeswohl auszurichten. Dazu zähle auch die Erweiterung des Gewaltbegriffs auf psychische Gewalt. Generell sei ihr Ziel eine „feministische Reform“, so die Ministerin.
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