Gendern an Unis: Keine gesetzlichen Vorgaben – aber Leitfäden, Empfehlungen

Gendern an Unis: Keine gesetzlichen Vorgaben – aber Leitfäden, Empfehlungen
Nach dem Vorstoß von Karl Nehammer Debatte neuerlich angefacht. Unis gelten als Vorreiter beim Gendern.

Unter den vielen Themen, die im Vorfeld der Kanzlerrede am Freitag in Wels an die Öffentlichkeit sickerten, sorgte eines für besondere Aufmerksamkeit: dass Karl Nehammer sich für ein Gender-Verbot in der Verwaltung aussprechen wird. Demnach sollen Binnen-I, Sternchen und Doppelpunkt bis 2030 der Vergangenheit angehören – Vorbild hierfür ist Bayern. Dort plant Ministerpräsident Markus Söder (CSU), das Gendern in Schulen und in Behörden des Freistaats zu verbieten. Bereits in Kraft ist seit August ein Verbot in Niederösterreich in der Landesverwaltung.

Womit die ohnedies schwelende Gender-Debatte – sämtliche Umfragen ergeben klare Mehrheiten, die das Gendern ablehnen – neuerlich unterzündet wurde.

Ein Bereich, der hier stets im Fokus steht, sind die Universitäten, die als Vorreiter in Sachen Gendern gelten. Immer wieder wird auch behauptet, dass wissenschaftliche Arbeiten, die nicht gegendert sind, schlechter beurteilt werden. Oliver Vitouch, Präsident der Österreichischen Universitätenkonferenz (Uniko) und Rektor der Uni Klagenfurt, erklärt dazu gegenüber dem KURIER, dass es keine einschlägigen bundesgesetzlichen Vorgaben in sprachlicher bzw. textlicher Hinsicht gebe. Dem stehe auch das Prinzip der Freiheit in Lehre und Forschung entgegen. Sehr wohl aber gebe es entsprechende Leitfäden oder Empfehlungen.

Er macht allerdings auch klar, dass etwa das Gleichstellungsgesetz oder das Universitätsgesetz sehr wohl bestimmte Vorgaben hinsichtlich wirksamer Maßnahmen zu Frauenförderung und Gleichstellung machten.

„Aus der Zeit gefallen“

Und er verweist auf die konkrete universitäre Praxis: Eine wissenschaftliche Arbeit „fällt ja nicht vom Himmel“, da gebe es jede Menge Gespräche und Austausch mit dem Betreuer der Arbeit. Und dieser könnte gegebenenfalls darauf hinweisen, dass „das generische Maskulinum (die Verwendung „männlicher“ Formen wie „Lehrer“ für beide Geschlechter; Anm.) aus der Zeit gefallen ist“. Aber auch eine nicht gegenderte Arbeit könne natürlich eingereicht werden – schlechtere Beurteilung dürfte es deswegen keine geben. Wobei Vitouch einräumt, dass das auch eine Frage der Nachweisbarkeit sei …

Abgesehen davon übt Vitouch deutliche Kritik am Vorstoß Nehammers, den er als Versuch wertet, „im FPÖ-Teich fischen“ zu wollen. Einmal mehr erweise sich der Wahlkampf als Zeit „fokussierter Unintelligenz“.

Susanne Hochreiter, Germanistin und Gleichstellungsbeauftragte der Uni Wien, sagt zum KURIER, ihr seien keine Fälle bekannt, dass nicht gegenderte Arbeiten schlechter bewertet wurden. Aber sie gibt zu, dass es darüber unter der Kollegenschaft durchaus heftige Debatten gebe. So seien etwa die Linguisten bezüglich Gendern sehr kritisch eingestellt. Im Übrigen bekräftigt sie ihre am Dienstagabend in der ZiB 2 geäußerte Ansicht, wonach es um „eine Frage kollegialer und wissenschaftlicher Kultur“ gehe, nicht um Vorschriften.

Letztlich ist die Thematik also im Autonomiebereich der Universitäten angesiedelt bzw. liegt im Ermessen der jeweiligen Lehrveranstaltungsleiter. Faktisch freilich hat sich das Gendern an den Universitäten praktisch flächendeckend durchgesetzt.

Kommentare