Maulkorb für Medien: SP und VP rudern zurück

Pressefreiheit gewahrt: Schieder (li.), Lopatka lenken ein.
Geheime Akten - Veröffentlichungen nun doch nicht strafbar.

Nach dem Aufschrei von Experten und Polit-Kommentatoren wegen des von SPÖ und ÖVP angedachten "Verwertungsverbotes" rückte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder gestern aus, um die Wogen zu glätten. Geheime Unterlagen zu veröffentlichen, werde auch künftig nicht strafbar sein, betonte Schieder, die Anstiftung zum Geheimnisverrat hingegen schon. Das sei aber auch derzeit schon der Fall.

Diese Interpretation der so genannten Geheimschutzordnung wurde am Montag auf KURIER-Anfrage im Büro von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka bestätigt.

Vertraulich und geheim

Worum geht es konkret? Rot und Schwarz wollen mit der Geheimschutzordnung regeln, welche Dokumente im Parlament öffentlich und welche geheim sein sollen. Damit wolle man Rechtssicherheit schaffen und verhindern, dass etwa Akten für U-Ausschüsse geschwärzt werden, argumentiert Schieder.

Für Akten, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, soll es – wie berichtet – vier Geheimhaltungsstufen geben: "Eingeschränkt" (Stufe 1), "Vertraulich" (Stufe 2), "Geheim" (Stufe 3) und "Streng geheim" (Stufe 4). Diese Klassifizierung soll die übermittelnde Stelle, also zum Beispiel ein Ministerium, vornehmen. Im Parlament soll die Einstufung dann nochmals geprüft werden.

Das Wort "Verwertungsverbot", das im ersten groben Entwurf der Geheimschutzordnung enthalten war, haben SPÖ und ÖVP nun gestrichen. Gemeint war damit, dass Dritte, also auch Journalisten, nach Veröffentlichung eines geheimen Dokuments strafrechtlich belangt hätten werden können. Das wurde von Journalisten und Experten heftig kritisiert. Nun soll dezidiert festgeschrieben werden, dass "eine bloße Veröffentlichung durch Dritte" nicht zu einer Verurteilung führen kann.

Wenn ein Journalist z.B. aber nachweislich einen Abgeordneten dazu anstiftet, ihm ein geheimes Dokument zu geben und dieses auch bekommt, ist es für beide theoretisch strafbar – und wird es auch bleiben. In der Praxis kommt das freilich nicht vor, weil sich Journalisten auf das Redaktionsgeheimnis berufen können, wenn sie nach ihrem Informanten befragt werden.

U-Ausschuss-Reform

Nachdem dieser strittige Punkt ausgeräumt scheint, könnten sich die Parlamentsfraktionen bei ihrer Sitzung am Dienstag auf die Geheimschutzordnung einigen. Damit wäre eine weitere Hürde auf dem Weg zur Reform der U-Ausschüsse überwunden. SPÖ und ÖVP stehen ja auf dem Standpunkt: Ohne Geheimschutzordnung keine Reform des Kontrollgremiums.

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