Ohne Geheimnisschutz kein U-Ausschuss neu

Lopatka, Schieder: Die Klubchefs fordern Regeln für den Umgang mit geheimen Dokumenten.
Koalition junktimiert Reform des Kontrollgremiums mit Strafen mit Geheimnisverrat.

Als Barbara Prammer jüngst gefragt wurde, wann die neuen Geheimhaltungsregeln für das Parlament – und damit für Untersuchungsausschüsse – fixiert werden, antwortete die Nationalratspräsidentin: am 24. Juni. Tatsächlich treffen die Klubobleute am Dienstag zusammen, um die "Geheimschutzordnung" zu diskutieren. Mittlerweile erscheint es freilich unwahrscheinlich, dass die Regeln wie geplant am Dienstag stehen – zu groß sind die Differenzen zwischen Regierung und Opposition, insbesondere den Grünen.

Worum geht es? Die Geheimschutzordnung soll verbindlich, also per Gesetz regeln, wer entscheidet, welche Dokumente im Hohen Haus für die Öffentlichkeit zugänglich und welche streng geheim sind. "Für uns ist die Geheimschutzordnung Grundbedingung, dass der neue U-Ausschuss kommen kann", sagt ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka.

Das Problem ist nun: Künftig soll es vier Geheimhaltungsstufen geben, die im Falle eines Verstoßes auch (strafrechtlich) sanktioniert werden. Für Medien könnte es zudem ein "Verwertungsverbot" geben, sprich: Wer über geheime Akten berichtet, macht sich möglicherweise strafbar.

"97 Prozent der Dokumente bleiben öffentlich. Wir orientieren uns stark am deutschen Bundestag", sagte gestern SPÖ-Klubchef Andreas Schieder und warnte unisono mit Lopatka vor einer "Überinterpretation" der geplanten Neuerungen.

Dieter Brosz von den Grünen kann das nicht nachvollziehen: "Wenn SPÖ und ÖVP behaupten, nur eine Handvoll Akten werde Verschlusssache, so frage ich mich, wozu wir vier Geheimhaltungsstufen brauchen. Dann würden zwei – ,öffentlich‘ und ,geheim‘ – genügen."

Den Grünen stört der Vergleich mit Deutschland: "Im Unterschied zu Österreich kann der Bundestag nicht nur Akten von Behörden, sondern auch von Privaten anfordern. Dass man dafür strenge Regeln benötigt, ist klar."

FPÖ offen für Vorschläge

Die FPÖ zeigt sich hingegen gesprächsbereit. "Ich glaube, dass das sinnvoll wäre, weil man niemals verhindern kann, dass nicht das eine oder andere Dokument weitergegeben wird", sagt Hofer. Er würde es auch auf bestimmte Unterlagen der Justiz ausdehnen. Denn es gebe immer wieder Fälle, "wo Politiker sich brüsten, vertrauliche Unterlagen zu haben und so sich jemand in der Zeitung findet, bei dem sich dann herausstellt, dass er eh unschuldig ist".

Grundsätzlich betont Hofer allerdings, dass auch mit einer neuen Geheimschutzordnung nicht alle Unterlagen der Justiz automatisch als geheim eingestuft werden dürften. Es brauche "so viel Öffentlichkeit wie nur irgendwie möglich und so viel Geheimhaltung wie dringend nötig". Hofer würde daher von den Ermittlern erhobene Fakten durchaus öffentlich im U-Ausschuss erläutern. Allerdings müssten Persönlichkeitsrechte gewahrt werden, und es dürfe nicht zu Verdächtigungen kommen.

Kommissionen starten

Offiziell verkündet wurde gestern der Start für zwei parlamentarische Initiativen: Die "Sterbehilfe-Kommission" soll noch vor dem Sommer die erste Sitzung abhalten und bis 2015 die Situation der Hospiz- und Palliativ-Versorgung aufarbeiten. Anschließend startet die Enquete-Kommission zur "Stärkung der Demokratie in Österreich", und hier kommt es zu einer Neuerung: Interessierte Bürger können sich via Parlamentshomepage für die Teilnahme bewerben. Die acht per Los Ausgewählten bekommen in der Kommission dann ein Rederecht.

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