Gedenken an das Attentat von Oberwart vor 20 Jahren

Mittwoch wird in Oberwart der vier Opfer gedacht
"Hinterrücks bist Du immer der Farbige": Die Stimmung vor Ort bleibt gedrückt.

Am Anger" – diese Adresse kennt in Oberwart jeder. Traurige Berühmtheit erlangte dieser Ortsteil weit über die Stadtgrenzen hinaus in der Nacht von 4. auf 5. Feber 1995, als eine Rohrbombe vier Menschen aus dem Leben riss. Die größte Roma Siedlung des Burgenlandes stand unter Schock. Erwin Horvath, Karl Horvath, Peter Sarközi und Josef Simon wurden ermordet. Sie wollten eine Tafel wegrücken mit einer eindeutigen Inschrift: "Roma zurück nach Indien". Die Berührung löste den Zünder der Bombe aus, es war der schlimmste rassistisch motivierte Anschlag der Zweiten Republik. (siehe unten)

Gedenken an das Attentat von Oberwart vor 20 Jahren
APAGIN09 - 20112003 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA-TEXT CI - Illustration zum Thema "10 Jahre Briefbomben-Anschlaege": Im Bild die vier Roma (v.l.n.r.) Erwin Horvath, Karl Horvath, Josef Simon und Peter Sarkoezi, die in der Nacht von 04. auf 05. Februar 1995 bei einem Rohrbomben-Attentat in der Roma-Siedlung in Oberwart getoetet wurden. APA-FOTO: MATHIAS WOELFLE
20 Jahre ist es nun her, die Vorbereitungen für die Gedenkveranstlatung laufen seit Tagen. Einige Bewohner sammeln sich und beobachten genau wie das Zelt mitten in der Siedlung aufgestellt wird, andere packen an und helfen mit. "Die Gedenkveranstaltung ist wichtig", sagt Mario Baranyai, er ist im Verein Roma Oberwart aktiv. "Es ist für die Volksgruppe wichtig und für die Öffentlichkeit", meint Baranyai. Heute, Mittwoch, werden Bundespräsident Heinz Fischer, Landeshauptmann Hans Niessl, Vertreter der Volksgruppe, sowie der Kirche mit einem Lichterzug zur Gedenkveranstaltung in die Siedlung ziehen.
Gedenken an das Attentat von Oberwart vor 20 Jahren
APAGIN09 - 20112003 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA-TEXT CI - Illustration zum Thema "10 Jahre Briefbomben-Anschlaege": Im Bild die vier Roma (v.l.n.r.) Erwin Horvath, Karl Horvath, Josef Simon und Peter Sarkoezi, die in der Nacht von 04. auf 05. Februar 1995 bei einem Rohrbomben-Attentat in der Roma-Siedlung in Oberwart getoetet wurden. APA-FOTO: MATHIAS WOELFLE
"Hier in der Siedlung hat es keiner vergessen", sagt Helmut, der sein ganzes Leben schon hier wohnt. Aber in der Öffentlichkeit ist es schon etwas untergegangen, meint der 53-Jährige. Rassismus kennt er, ob im alltäglichen Leben oder beim Bombenanschlag. Trotzdem verurteile er nicht alle anderen gleich, "man kann nicht alle Menschen in einen Sack werfen". Aber mit Rassisten könne man eben nicht diskutieren, genauso wenig, wie er seine Volksgruppe leugnen könne. "Aber ich bin Oberwarter, ich bin hier geboren", sagt Helmut. Dass jetzt Medien und Politik wieder über das Attentat berichten, störe ihn nicht. Andere wollen zu der Sache nichts mehr sagen. "In 20 Jahren hat man schon genug dazu gesagt", erklärt ein Rom. Auch die Organisation der Veranstaltung gestaltete sich schwierig.

Den Rummel wollten viele nicht. "Wir sind von Haus zu Haus gegangen und haben uns mit allen geeinigt", sagt sagt Monika Scheweck, Referntin des Pastoralamtes der Roma & Sinti und Organisatorin der Veranstaltung. Wichtig sei, dass man neben der Politik und den Interessen der Medien, nicht die Menschen hier vergesse. "Es sind ja keine Affen im Zirkus, die hier vorgeführt werden sollen", sagt Scheweck.

Siedlung

Etwa 60 Personen leben heute in der Siedlung. "Es werden immer weniger", erklärt Mario Baranyai. Seit Jahren zieht es die Jungen weg von der Siedlung. "Ein Neustart irgendwo anders oder ein Job, viele ziehen zum Partner", sagt Baranyai. Im Burgenland leben etwa 2000 Roma, der Großteil im Bezirk Oberwart.

Ob sich so ein Anschlag wiederholen könnte, daran will niemand denken. "Einige Roma werden nicht zur Veranstaltung kommen, weil sie Angst haben", weiß Scheweck. Offener Rassismus sei seltener geworden, meint Helmut: "Aber hinterrücks bist du immer der Farbige."

Am 3. Dezember 1993 explodierten in den Händen von ORF-Redakteurin Silvana Meixner und des Hartberger Pfarrers August Janisch die ersten von insgesamt 25 Briefbomben und verletzten sie schwer.

Absender war der Steirer Franz Fuchs, es war der Auftakt zur schlimmsten Terrorwelle der Zweiten Republik.

Gedenken an das Attentat von Oberwart vor 20 Jahren
APAHDS26 - 24102008 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA080 II -Der frühere Wiener Bürgermeister Helmut Zilk ist heute früh, Freitag 24. Oktober 2008 im Alter von 81 Jahren verstorben. Wie der Wiener Krankenanstaltenverbund der APA mitteilte, ist er im Wilhelminenspital "friedlich" einem Herzversagen erlegen. Im Bild: Helmut Zilk am 13. Dezember 1993 im AKH bei einer Pressekonferenz nachdem ihm von der fünften Bombe der 1. Briebbomben-Serie in Österreich am 5. Dezember 1993 die linke Hand zerfetzt wurde. APA-FOTO : ROBERT JAEGER
Das wohl prominenteste Opfer war der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk. Eine Briefbombe verstümmelte am 5. Dezember 1993 seine linke Hand. Fuchs schickte damals auch Bomben an Caritas-PräsidentHelmut Schüller, Grün-PolitikerinMadeleine Petrovic und Frauenministerin Johanna Dohnal – sie wurden aber rechtzeitig entdeckt.

Den 24. August 1994 kann Theo Kelz niemals vergessen. Damals riss dem Polizisten in Klagenfurt eine von Fuchs gelegte Rohrbombe beide Hände weg. Fünf Monate später kam es zum Attentat in Oberwart. Am 16. Oktober 1995 wird Flüchtlingshelferin Maria Loley in Poysdorf verletzt.

Gedenken an das Attentat von Oberwart vor 20 Jahren
ZU APA 70 CI Der Kärntner Polizist Theo Kelz heute vormittag bei seiner PK in der Universitätsklinik in Innsbnruck. APA-Photo: Bernhard Grossruck
Die vorletzte Fuchs-Bombe explodiert bei der Entschärfung. Sie war an Lotte Ingrischadressiert, Stiefmutter des damaligen Innenministers Caspar Einem. Die letzte Bombe traf ihn selbst: Bei seiner Verhaftung zündete Fuchs eine Bombe, die ihm beide Hände wegriss. Fuchs beging im Jahr 2000 in seiner Zelle Selbstmord.

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