Gänswein-Buch: Schönborn bestärkte Ratzinger Papst-Wahl anzunehmen

Papst Benedikt XVI. und Kardinal Christoph Schönborn 2007 im Wiener Konzerthaus
Kardinal bestätigt Angaben des Privatsekretärs von Benedikt XVI., kritisiert aber Veröffentlichung: "Ungehörige Indiskretion".

Kardinal Christoph Schönborn war jene Person, die Joseph Ratzinger im Falle seiner Wahl zum Papst darin bestärkt hat, diese Entscheidung des Konklaves auch anzunehmen. Diese kleine Enthüllung findet sich in dem vom langjährigen Papstsekretär Erzbischof Georg Gänswein unter dem Titel "Nichts als die Wahrheit" ("Nient'altro che la verità") verfassten Buch, das in der vergangenen Woche auf Italienisch erschienen ist.

Gegenüber der Kathpress bestätigte Kardinal Schönborn am Mittwoch die Angaben Gänsweins, wonach er, Schönborn, Kardinal Ratzinger noch vor dem Konklave "ein Brieflein für den Fall des Falles" geschrieben habe. "Ja, das war so. Ich habe aber bisher bewusst darüber geschwiegen, obwohl es im Rahmen der Kardinalsversammlung geschehen ist, und nicht beim Konklave selbst", sagte der Wiener Erzbischof (im Bild oben Papst Benedikt XVI. und Kardinal Christoph Schönborn 2007 im Wiener Konzerthaus).

Gleichzeitig distanzierte sich der Kardinal vom Buchprojekt Gänsweins und nannte es eine "ungehörige Indiskretion". Schönborn wörtlich: "Ich finde es nicht richtig, dass so vertrauliche Dinge veröffentlicht werden, zumal vom persönlichen Sekretär."

"Fallbeil"-Rede des Papstes

Konkret bezieht sich Gänswein in seinem Buch im Kapitel über "Schönborns Brief" ("La lettera di Schönborn") auf eine Rede des wenige Tage zuvor neugewählten Papstes an eine deutsche Pilgergruppe am 25. April 2005. Damals sprach Benedikt XVI. überraschend offen über seine Gefühlslage beim Konklave und sagte: "Als langsam der Gang der Abstimmungen mich erkennen ließ, dass sozusagen das Fallbeil auf mich herabfallen würde, war mir ganz schwindelig zumute. (...) Ich habe mit tiefer Überzeugung zum Herrn gesagt: Tu mir dies nicht an! Du hast Jüngere und Bessere, die mit ganz anderem Elan und mit ganz anderer Kraft an diese große Aufgabe herantreten können. Da hat mich ein kleiner Brief sehr berührt, den mir ein Mitbruder aus dem Kardinalskollegium geschrieben hat." Dass mit dem vom Papst erwähnten "Mitbruder" Kardinal Schönborn gemeint war, hat eben jetzt Gänswein publik gemacht.

Und was war der Inhalt des Briefes? Auch darüber gab Benedikt XVI. in der damaligen Rede an seine Landsleute detailliert Auskunft: "Er (der damals nicht namentlich genannte Schönborn; Anm.) erinnerte mich daran, dass ich die Predigt beim Gottesdienst für Johannes Paul II. vom Evangelium her unter das Wort gestellt hatte, das der Herr am See von Genezareth zu Petrus gesagt hat: Folge mir nach! Ich hatte dargestellt, wie Karol Wojtyla immer wieder vom Herrn diesen Anruf erhielt und immer neu viel aufgeben und einfach sagen musste: Ja, ich folge dir, auch wenn du mich führst, wohin ich nicht wollte. Der Mitbruder (Schönborn; Anm.) schrieb mir: Wenn der Herr nun zu Dir sagen sollte 'Folge mir', dann erinnere Dich, was Du gepredigt hast. Verweigere Dich nicht! Sei gehorsam, wie Du es vom großen heimgegangenen Papst gesagt hast. Das fiel mir ins Herz. Bequem sind die Wege des Herrn nicht, aber wir sind ja auch nicht für die Bequemlichkeit, sondern für das Große, für das Gute geschaffen."

Mit Benedikt XVI. per Du

Auch darauf, dass Schönborn und Ratzinger per Du waren, geht Gänswein in seinem Buch ein. Abgesehen von Benedikts Jugendfreunden sei Kardinal Schönborn, der dem Ratzinger-Schülerkreis angehörte, einer der wenigen gewesen, der seinen früheren Lehrer mit Du ansprach, schreibt Gänswein.

Die zweite im Buch von Gänswein geschilderte Episode - ein kurzes, aber sehr persönliches Gespräch zwischen dem eben erst gewählten Papst Benedikt XVI. und Kardinal Schönborn - habe sich ebenfalls so ereignet, bestätigte der Wiener Erzbischof.

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