Immer wieder kocht in der Europäischen Union das Thema hoch: Soll es ab einem gewissen Alter verpflichtende, regelmäßige Überprüfungen der Fahrtüchtigkeit geben?
Zum Hintergrund: 2022 starben in der EU etwa 20.600 Menschen im Straßenverkehr, bei einem nur sehr kleinen Prozentsatz waren Ältere ab 65 Jahren Unfallverursacher. Aber: Bis 2030 möchte die EU die Anzahl der Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr um 50 Prozent reduzieren, und bis 2050 soll die „Vision null Straßenverkehrstote“ umgesetzt werden.
Um also die Verkehrssicherheit auf europäischen Straßen zu erhöhen, plant die EU-Kommission deshalb unter anderem eine Führerscheinreform – mit einem gewissen Fokus auf ältere Autofahrerinnen und Autofahrer.
Konkret sollen durch die Reform Seniorinnen und Senioren über 70 wohl alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen, was auch heißt: die Mitgliedstaaten sollen Führerscheine von Personen, die 70 Jahre alt sind, auf maximal 5 Jahre befristen. So sollen Verkehrstauglichkeitsüberprüfungen oder Auffrischungskurse in allen Mitgliedstaaten leichter eingeführt werden.
Auch in Österreich nicht zeitlich unbegrenzt
In Österreich ist seit 2013 der zeitlich unbegrenzte Führerschein bereits Geschichte, seither muss die Fahrberechtigung im Scheckkarten-Format alle 15 Jahre neu ausgestellt werden. Alle Papier- und Scheckkartenführerscheine, die vor 2013 ausgestellt wurden, bleiben bis 19. Jänner 2033 gültig.
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Die gesundheitliche Eignung zum Autofahren muss übrigens jederzeit gegeben sein, bei Zweifel an der Fahrtauglichkeit kann die Führerscheinbehörde ein amtsärztliches Gutachten einholen, es gibt aber keinen Automatismus.
Anders als etwa in der Schweiz, wo alle Fahrzeuglenker im Alter von 75 Jahren und mehr alle zwei Jahre zu einer Prüfung der Fahrtüchtigkeit beim Hausarzt verpflichtet werden. Auch in den Niederlanden gibt es eine Attest-Pflicht.
Die gilt auch ab 75, allerdings wird hier nur alle fünf Jahre gecheckt, ob man noch fit genug ist. Autofahrer in Dänemark müssen ab 80 jährlich zum Test, in Italien müssen Menschen unter 50 alle zehn Jahre zur Kontrolle, ab dem 50. Lebensjahr werden die Intervalle kürzer, dann wird der Führerschein alle fünf Jahre verlängert, ab 70 alle drei Jahre und ab 80 dann alle zwei Jahre.
In Spanien ist der Gesundheitstest ab 65 Jahren und dann alle fünf Jahre verpflichtend. Portugal ordnet einen Test bereits ab 50 Jahren an, zunächst alle fünf Jahre, ab 70 alle zwei Jahre. Auch Tschechien verpflichtet bereits 60-Jährige, sich alle fünf Jahre überprüfen zu lassen.
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Ein klares Nein zu den noch vagen Plänen kommt von den Seniorenratspräsidenten Peter Kostelka und Ingrid Korosec. „Das ist ein klarer Fall von Altersdiskriminierung, das darf so in dieser Form in Österreich nicht umgesetzt werden“, kritisiert Kostelka. Seine ÖVP-Kollegin Korosec ergänzt: „Ältere Menschen in ihrer Mobilität einzuschränken, hat enorme, negative Auswirkungen auf ihre Lebensqualität."
Aus dem Verkehrsministerium von Leonore Gewessler heißt es auf KURIER-Anfrage zu den och im Detail unklaren Vorschlägen aus Brüssel: "Die Europäische Kommission hat einen Entwurf für eine neue Führerscheinrichtlinie vorgelegt. Dieser wird aktuell von den Expert:innen des Ministeriums geprüft und in den sogenannten Ratsarbeitsgruppen auf europäischer Ebene diskutiert. Viele Details sind im Vorschlag noch offen und es wird daher noch deutliche Klarstellungen und Verbesserungen benötigen, bevor die Verhandlungen unter den Mitgliedstaaten auf politischer Ebene und mit dem EU-Parlament beginnen können.“
Übrigens waren acht Prozent aller heimischen Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden 2022 Alkoholunfälle (2.775 von 34.869). Dies entspricht dem höchsten Anteil seit Beginn der digitalen Aufzeichnungen im Jahr 1992.
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