Freundschaft(sgesellschaften) in Zeiten des Krieges

Freundschaft(sgesellschaften) in Zeiten des Krieges
Forum Österreich-Russland will „alle, die etwas zu sagen haben, an einen Tisch bringen“, Honorarkonsul in Tirol zurückgetreten.

Das offizielle Österreich stellt sich nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine klar auf die Seite der Ukraine. Doch wie sieht es auf jener Ebene aus, auf der durchaus freundschaftliche Beziehungen zu Russland gepflegt werden?

Etwa in der österreichisch-russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG), der laut eigenen Angaben „zahlreiche hochrangige Persönlichkeiten“ – darunter Mitglieder verschiedener Parlamentsparteien – angehören.

Zum Krieg in der Ukraine will die ORFG zunächst auf Anfrage des KURIER nichts sagen. Man sei mit den aktuellen Geschehnissen beschäftigt, heißt es. Über ihren Facebook-Kanal lässt die Gesellschaft aber am Dienstagabend wissen: "Die ORFG steht stets für Freundschaft, Frieden, Solidarität und Unabhängigkeit der Völker und verurteilt jegliche gewaltsame Auseinandersetzung, kriegerische sowie militärische Handlungen, die unfassbares menschliches Leid bewirken." Man verurteile den russischen Angriffskrieg auf das Schärfste. "Dieses Handeln kann durch nichts gerechtfertigt werden. Wir rufen sämtliche Entscheidungsträger in der Russischen Föderation dazu auf, die Waffen schweigen zu lassen. Mit Nachdruck appellieren wir an die Parteien an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um den Krieg zu beenden."

Lange Tradition

In Österreich haben Freundschaftsgesellschaften mit anderen Ländern lange Tradition. Seit der Besatzungszeit nach 1945 will man auf diese Weise Völkerverständigung, interkulturellen Dialog und Kulturaustausch fördern – von wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder einmal abgesehen. Man trifft sich zu Vorträgen, Diskussionen und Tagungen, besucht Kulturveranstaltungen oder begeht gemeinsam Feiertage – alles im Zeichen des Networkings.

Die ORFG wurde im Jahr 2000 als Nachfolgeorganisation der Österreichisch-Sowjetischen Gesellschaft gegründet. Präsident ist heute der Berater Maximilian Habsburg-Lothringen.

Nachdem es zu Streitigkeiten rund um Verwicklungen in den Wirecard-Skandal gekommen war, verließen im Herbst 2020 zahlungskräftige „fördernde Mitglieder“ wie die Strabag oder die OMV die Gesellschaft. Auch einige hochrangige Mitglieder traten – mehr oder weniger freiwillig – aus. Unter ihnen etwa der frühere Präsident der ORFG, Ex-OMV–Generaldirektor Richard Schenz, und der SPÖ-Abgeordnete Christoph Matznetter.

„Schwarzer Tag“

Im Sommer 2021 gründeten dann einige der Ausgetretenen das Forum Österreich-Russland. Schenz ist dort Präsident, Matznetter Vizepräsident. Den Tag des Kriegsbeginns nennt Matznetter im Gespräch mit dem KURIER einen „schwarzen Tag“. „Dass Kinder sich in U-Bahn-Schächten vor Bomben verstecken müssen, ist unerträglich“, sagt er .

Bemüht sich das Forum Österreich-Russland trotzdem weiterhin um Kontakt mit Russland? Ja, denn das Forum sei als eine Dialogplattform zu verstehen. Gerade in Krisenzeiten sei es wichtig, miteinander zu reden. „Derzeit ist der Dialog aber wirklich schwierig. Wir werden versuchen, alle, die etwas zu sagen haben, an einen Tisch zu bringen“, sagt Matznetter. Ziel müsse der dauerhafte Frieden sein. Österreich könne hier sehr viel beitragen – auch dank der Erfahrung aus der eigenen Geschichte. „Wir könnten etwa in Kiew für die Neutralität werben“, sagt Matznetter.

Andernorts, nämlich in Tirol, hat einer die Reißleine gezogen: Der Honorarkonsul für Russland in Tirol, Hans Unterdorfer, hat am Dienstag nach acht Jahren in dieser Funktion seinen Rücktritt bekannt gegeben. Als Honorarkonsul war es seine Aufgabe, zwischenstaatliche Beziehungen – auch in Wirtschaftsfragen – zu verbessern.

Hans Unterdorfer (er ist Vorstandsvorsitzender der Tiroler Sparkasse) fordert, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine beendet wird und dass Friedensverhandlungen stattfinden müssten.

Update: Dieser Artikel wurde in der Nacht auf den 2.3. um das Statement der ORFG ergänzt.

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