Frauenmorde: Grüne kündigen umfassende Kampagne an
In Sachen Gewalt an Frauen macht die Regierung ernst. Wie Gesundheits- und Sozialminister Wolfgang Mückstein sowie Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer am Sonntag in einer Pressekonferenz erklärten, soll eine neue Kampagne dafür sorgen, das Thema Femizid in der österreichischen Öffentlichkeit bekannter zu machen.
Nach 9. Frauenmord: Gewaltschutzgipfel ohne Hilfsorganisationen
Anlass war der Mord eines Mannes an seiner ehemaligen Partnerin in Wien-Brigittenau in dieser Woche. Es war der bereits neunte Frauenmord in diesem Jahr in Österreich. Besondere Brisanz erfuhr die Tat durch die Vorgeschichte des mutmaßlichen Täters. Dabei soll es sich um jenen Mann handeln, der zuletzt in einen bizarren und langwierigen Prozess wegen sexueller Belästigung gegen die Grünen-Politikerin Sigrid Maurer verwickelt gewesen war.
Statement von Klubobfrau Sigrid Maurer (Grüne)
Eines der zentralen Themen der Kampagne sei die Prävention in der Männerberatung: "Wir werden darauf hinweisen, dass es bestehende Angebote gibt, wollen aber auch gleichzeitig alte Rollenbilder aufbrechen und neu definieren", sagte Maurer. Die Agenden in der Männerberatung liegen bei Sozialminister Mückstein, der nun das Gespräch mit Experten vom Dachverband Burschen, Männer und Väter suchen wird. Womöglich seien die Angebote zu wenig bekannt, meinte der neue Minister.
"Wer sich Hilfe sucht, zeigt Stärke", betonte Mückstein, den die jüngsten Ereignisse "traurig und wütend" gestimmt haben. "Ich bin fassungslos, dass viele in die Tat ein Beziehungsdrama hineininterpretieren. Mord ist Mord, da gibt es keine Grauzonen".
Am Montag soll dazu auch ein Sicherheitsgipfel im Innenministerium stattfinden. Gemeinsam mit Frauenministerin Raab, Innenminister Nehammer und Justizministerin Zadic soll ein Maßnahmenpaket zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt geschlossen werden.
Statement von Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne)
Die juristischen Instrumente, um Frauen vor häuslicher Gewalt zu schützen, seien laut Maurer ausreichend, "sie kommen nur zu selten zum Einsatz". Dies konnte auch Mückstein aus seiner eigenen Erfahrung als Allgemeinmediziner bestätigen: "Ich habe in meiner Ordination genügend Frauen erlebt, die aus Scham oder Angst keine Anzeigen erstattet haben."
Oberste Priorität hat für die Regierung der Opferschutz. Mückstein: "Der Schritt, zur Polizei zu gehen, kann schon eine Gefahr für eine Frau bedeuten." Durch ein neues Maßnahmenpaket sollen sich Polizei und Opferstellen besser austauschen können, um Gewalttaten früh zu verhindern.
Prävention sei das Um und Auf, betonten beide. Dabei gehe es in erster Linie darum, alte Strukturen zu einzureißen. "Den Besitzanspruch von Männern konnten wir bei den jüngsten Fällen wieder vermehrt wahrnehmen. Wir müssen diese überzogenen, falschen Rollenbilder aufbrechen, ohne aber Frauen gegen Männer auszuspielen", sagte Maurer.
Die Pandemie habe zwar den Druck auf alle in der Gesellschaft erhöht, sagte Mückstein, "aber einen Frauenmord mit Corona zu erklären, lehne ich ab".
Gewalt von Männern gegen Frauen gibt es in allen sozialen Schichten, Nationen, Familienverhältnissen und Berufsgruppen. Morde an Frauen können auch Femizide sein. Der Begriff soll ausdrücken, dass hinter diesen Morden oft keine individuellen, sondern auch gesamtgesellschaftliche Probleme wie etwa die Abwertung von Frauen und patriarchale Rollenbilder stehen.
Hilfe für Gewalt-Betroffene gibt es hier:
Frauenhelpline (Mo – So, 0 – 24 Uhr, kostenlos), 0800 / 222 555 Männernotruf: (Mo – So, 0 – 24 Uhr, kostenlos), 0800 / 246 247.
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