Franz Fiedlers Zweifel an der Causa Steinacker: "Völliges Neuland"
Geht es die Justiz etwas an, wie viel Parlamentarier in ihrem Brotberuf arbeiten?
Franz Fiedler, früher selbst einmal Staatsanwalt, ist in diesem Fall auffallend zurückhaltend. Denn mit dem, was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Causa Steinacker unternimmt, wird laut Fiedler „völliges Neuland betreten“.
Wie berichtet, verfolgt die WKStA einen Hinweis, wonach ÖVP-Mandatarin Michaela Steinacker als Angestellte von Raiffeisen in Wahrheit nur für die Partei gearbeitet haben soll.
"Keine stichhaltigen Präzedenzfälle"
Für Fiedler ist es zwar nicht verboten, diesen Fall zu prüfen. „Es gibt aber auch so gut wie keine stichhaltigen Präzedenzfälle. Und der Verdacht einer Parteispende scheint eher weit hergeholt.“
Warum sieht der frühere Präsident des Rechnungshofs die Causa so kritisch?
Das liegt unter anderem daran, dass der österreichische Parlamentarismus explizit vorsieht, dass Abgeordnete in ihrem Beruf verwurzelt bleiben; nur für Beamte und führende Parlamentarier gibt es Beschränkungen bei Einkommen und Arbeitszeit.
#1: Privatwirtschaft - Herbert Fuchs (FPÖ)
Wie viele andere Abgeordnete ist der FPÖ-Mandatar neben seiner Tätigkeit im Parlament als Unternehmer tätig. Für den Lektor, Steuerberater und Herausgeber gilt keine Bezüge-Begrenzung. Allerdings muss Fuchs – wie alle anderen Nationalratsabgeordneten – melden, welche Einkommen er bezieht und welche ehrenamtlichen Jobs er hat.
#2: Berufspolitiker - Doris Bures (SPÖ)
Für die SPÖ-Parlamentarierin gilt eine besondere Beschränkung: Als Zweite Nationalratspräsidentin gehört Bures (neben dem Nationalratspräsidenten, dem Dritten Nationalratspräsidenten und den Klubobleuten) der „Präsidiale“ an. Und für diese Parlamentarier gilt – im Unterschied zum „einfachen Mandatar“ – ein absolutes Berufsverbot.
#3: Beamte - Wolfgang Gerstl (ÖVP)
Der ÖVP-Abgeordnete ist im Brotberuf Jurist im Innenministerium und fällt unter die Sonderregel für Beamte: Mitarbeiter des öffentlichen Diensts, die ins Parlament gewählt werden, dürfen nicht zu 100 Prozent weiter im Job bleiben. Sie müssen Arbeitszeit und Gage nach eigenem Ermessen reduzieren. Maximal sind 75 Prozent Arbeit/Gage zulässig.
„Von einer Abgeordneten, die in führender Funktion für einen Bank-Konzern arbeitet, ist naturgemäß zu erwarten, dass sie ihre Erfahrungen im Parlament einbringt. Das kann und soll man ihr auch nicht verwehren“, sagt Fiedler. Man könne einfach nicht davon ausgehen, dass Abgeordnete beim Entstehungsprozess von Gesetzen „völlig losgelöst von ihrem persönlichen oder beruflichen Umfeld agieren“.
Kein Fall für die Strafjustiz
Im konkreten Fall gibt der frühere Rechnungshofpräsident zu bedenken, dass ein privater Arbeitgeber Mitarbeitern so viel bezahlen darf, wie er oder sie wolle. Wenn die Arbeitsleistung – etwa aufgrund von einem politischen Engagement – nicht stimme, dann sei das zunächst einmal ein Problem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – „aber in der Regel ist es keines für die Strafjustiz“.
Der wesentlichste Grund, warum Fiedler den Ermittlungen abwartend bis skeptisch gegenübersteht, ist das freie Mandat. „Abgeordnete sind in den allermeisten Fällen nicht Dienstnehmer einer Partei oder des Parlamentsklubs. Für sie gilt das freie Mandat – sie sind rechtlich also ausschließlich ihren Wählern verpflichtet.“
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