Herbert Kickl mit 96,94 Prozent als FPÖ-Parteichef bestätigt

FPÖ PARTEITAG: SVAZEK / KUNASEK / KICKL
Kickl will "Dritte Republik" und "gordische Knoten" durchschlagen. Er bemüht US-Präsidenten, Feldherren, die Bibel und lässt AfD-Chefin und andere zu Wort kommen.

Sein dritter Parteitag bringt ihm die höchste Zustimmung: Mit 96,94Prozent wird Herbert Kickl in Salzburg an der Spitze der Partei bestätigt. Und das, obwohl der historische Wahlerfolg  bei der Nationalratswahl 2024 nicht auf die Regierungs-, sondern auf die Oppositionsbank führte. (Bei seinem ersten Parteitag in Wiener Neustadt (19. Juni 2021) stimmen 88,24 Prozent der Funktionäre für ihn, ein Jahr später sind es in St. Pölten 91 Prozent.) Kickls Stellvertreter sind Erwin Angerer, Manfred Haimbuchner, Mario Kunasek, Udo Landbauer, Harald Stefan und Marlene Svazek.

Gelungen ist Kickl das am 35. ordentlichen Bundesparteitag wohl auch, weil er die starken Landesobleute - die FPÖ ist in 5 von 9 Bundesländern in der Regierung vertreten - auf sich und seinen Kurs eingeschworen hat. Die FPÖ gibt sich nach außen hin geschlossen, solange der (Erfolgs-)Kurs stimmt. Bildhaft und gleich zu Beginn des Bundesparteitags.

Herbert Kickl mit 96,94 Prozent als FPÖ-Parteichef bestätigt

Während draußen knapp 100 Menschen gegen die FPÖ demonstrieren, am Salzburger Messegebäude selbst zwei Aktivisten mit Palästina- und LGBTQ-Fahne am Dach hängen, tönt in der Halle fast ohrenbetäubend "Let's get loud", sieht man auf der Bühne Cheerleader-ähnlich anmutende Tänzerinnen. Auf der Leinwand das Motto des FPÖ-Bndesparteitags "Freiheit, Fortschritt, Fairness, Frieden", der später erweitert wird um "Freiheit verteidigen, Fortschritt ermöglichen, Fairness leben, Frieden bewahren." Der aus dem Nationalratswahlkampf bekannte Slogan "5 gute Jahre" ist nun in abgewandelte Form "Gute Jahre. Nur mit ihm." zu lesen.

Herbert Kickl mit 96,94 Prozent als FPÖ-Parteichef bestätigt

Die Landesparteiobleute werden einzeln willkommen geheißen und auf die Bühne gebeten. Als Salzburgs Landeshauptfrau-Stellvertreterin Marlene Svazek die Bühne betritt, gibt es kurz Standing Ovations. Als Herbert Kickl anmoderiert wird, wird die Musik lauter. Jeden einzelnen Funktionär auf der Bühne begrüßt der Parteichef eigens mit Handschlag oder High Five.

FPÖ PARTEITAG: KUNASEK

Steiermarks Landeshauptmann Mario Kunasek

Svazek beginnt launig, sagt, dass der letzte Bundesparteitag, der  in Salzburg stattfand, als sie zwölf Jahre alt war: 2005.

Den Aktivisten am Dach, hält Svazek fest, hätte man besser Putzmittel mitgegeben. Dann sei es von Nutzen gewesen. Insbesondere bedankt sich Salzburgs FPÖ-Chefin deshalb bei der Exekutive, ehe sie Ehrengäste wie Hilmar Kabas und Herbert Haupt begrüßt. 

Wahlergebnisse der FPÖ

Nicht live aber via Grußbotschaft anwesend: Ungarns Ministerpräsident Victor Orban, der sich für den Kampf gegen die illegale Migration bedankt. Hernach lobt Frankreichs Marine Le Pen (Rassemblement National) die "mutige politische Persönlichkeit" von Kickl. Italiens Verkehrsminister der Lega, Matteo Salvini, hofft, dass Österreich bald wieder von Österreich regiert wird, wie er ebenfalls via Video wissen lässt. Alice Weidel, Parteichefin der AfD, betont das "Band", das beide Parteien verbinde. Man stehe Seite an Seite "im Europa der Vaterländer. Die Freundschaft zur FPÖ ist für uns eine ganz besondere. In den letzten zehn Jahren habt ihr immer zu uns gehalten. Die FPÖ war immer unser stärkster Partner." Weidel bedankt sich explizit bei Kickl. "Er habe Mut bewiesen" als er die Regierungsverhandlungen abgebrochen habe. Es zeuge von Respekt, sich so verhalten zu haben. Weidel beobachte die Umfragen ganz genau. "Der Sieg ist euch nicht zu nehmen", so die AfD-Chefin, die sich freut, Kickl auf dem Weg zur richtigen Volkspartei begleiten zu dürfen.

FPÖ-Parteiobleute

Marlene Svazek betont hernach erneut, dass man als Partei erwachsen geworden sei. Die FPÖ sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. "Wir sitzen alle in einem Boot, wir sitzen alle an einem Tisch. Wir greifen die Fragen der Zeit auf." 

Kickl habe diesen Kurs möglich gemacht. "Er beweist den Mut, den Kurs zu halten, wo andere längst wanken. Er ist der Architekt unseres Erfolges und der Kompass."

Nichts und niemand könne die Freiheitlichen aufhalten, so die Salzburger Parteichefin, die ein Schlagwort an das andere reiht. Von Stolz, Mut, Geschlossenheit ist die Rede und viel von "dürfen". Das Totengedenken wird mit Andreas Gabaliers "Amoi seg ma uns wieder" abgehalten. 

Herbert Kickl mit 96,94 Prozent als FPÖ-Parteichef bestätigt

Nach Ex-Volksanwältin Elisabeth Schwetz und ihrem Nachfolger Christoph Luisser, bedankt sich Walter Rosenkranz für das Vertrauen ihn ihn und insbesondere bei Herbert Kickl, dass er Nationalratspräsident sein darf. Auch er, Rosenkranz, war Volksanwalt - man sehe, was man aus dieser Position heraus schaffen könne.

Herbert Kickl mit 96,94 Prozent als FPÖ-Parteichef bestätigt

Kickl sei der "Führer der Seilschaft" der Partei. So komme man in lichte Höhen und auf erste Plätze. "Und die Steiermark hat sich nahtlos angeschmiegt." Wie Rosenkranz tritt auch der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek in Tracht auf. Mit harter Arbeit habe man sich zurückgekämpft, so Kunasek. Er spielt wie seine Vorredner mit Worten. Er betreibe natürlich Symbolpolitik, weil es um freiheitliche Symbole gehe. Dazu gehöre auch, das Gendern der Behördensprache abzuschaffen wie den Lufthunderter. 

Wieder via Video zeichnet die FPÖ den 850 anwesenden Delegierten das Selbstbild der Partei. Politische Gegner in schwarz-weiß, freiheitliche Funktionäre in Farbe. Der Beitrag gleicht einem "Best of" der vergangenen Parteitagsreden, untermalt mit martialisch anmutender Musik. Es geht wieder um "Führung und Mut", um "treu" sein und bei den geplatzen Regierungsverhandlungen "um Machtverzicht, weil er Wort gehalten hat". Nach Ende des Videos und einer knappen Stunden: anhaltende stehende Ovationen für Kickl, der nun ans Rednerpult tritt. 

"Ozean positiver Energie"

Er bedankt sich willkommen geheißen worden zu sein. Der Saal gleiche einem "Ozean positiver Energie" während draußen "linke Abseiler" unterwegs seien. Kurz nimmt Kickl Bezug darauf, dass der Parteitag in Kitzbühel hätte stattfinden sollen im Juni, doch wegen des Schulattentats in Graz abgesagt wurde.

In Salzburg sei man unter der "Patronanz der charmanten Hausherrin" Marlene Svazek und im Schatten der Festung Hohensalzburg. Kaum ist der Dank ausgesprochen - beginnt Kickl mit der ihm eigenen Rhetorik. Spricht von den Ex-Kanzlern Alexander Schallenberg, Karl Nehammer und Christian Stocker als "Triumvirat", das nicht demokratisch legitimiert sei. 

 Karoline Edtstadler, Salzburgs ÖVP-Landeshauptfrau, die seit Sommer Landeshauptfrau ist und in der ÖVP-FPÖ-Koalition mit Kickl gearbeitet hat, umschreibt er als "Vöglein", das bald wieder weg sei, weil sie Höheres anstrebe.

"Die FPÖ ist größer, stärker, entschlossener als je zuvor", ist sich Kickl sicher. Das "Ampelchaos" werde alsbald aufhören. Dann kommt Kickl auf sich selbst zu sprechen. Er begreife sich als gläubigen Christen, zitiert den "Brief des Paulus an die Korinther" und das Credo "Glaube, Liebe, Hoffnung", das Teil seines Politikverständnisses sei. 

Herbert Kickl mit 96,94 Prozent als FPÖ-Parteichef bestätigt

Im Stakkato handelt Herbert Kickl dann alle Wählergruppen und Themen ab. Spricht von den Pensionisten, die durch die Pensionserhöhungen nicht gerecht behandelt worden seien. Niemals werde jemand in Österreich an der Waffe dienen müssen, ruft Kickl und meint sein Neutralitätsverständnis. "Wir sind die Partei des Friedens und der Neutralität". Zudem begreife er die FPÖ als "das größte Demokratisierungsprojekt des Landes".

Schließlich beschwört Kickl die Anwesenden, stolz auf sich und die Partei zu sein. Man habe seine Werte bei den Regierungsverhandlungen nicht verkauft, sei deshalb ausgestiegen. "Die freiheitliche Seele darf nicht verkauft werden." Und der FPÖ-Chef zeichnet weiter ein Schwarz-Weiß-Bild. Diesmal nicht in Bildern, sondern in Worten. Es geht um die "Systemparteien", um die "Systemlinge" und darum, "dieses System zu zerbrechen. Wir gehen auf Tuchfühlung mit der Bevölkerung und dort einzutauchen, zuzuhören - das heißt das Volk verstehen."

"Kommando: Volle Kraft voraus"

Politik sei nicht allein im Parlament oder bei der UNO, das sei nur eine Komponente, sondern draußen. Kickl freut sich heute schon "auf die Aufarbeitung beim Corona-U-Ausschuss. Und ich verspreche euch: Alles kommt ans Licht. Wir machen unsere Verbindung zur Bevölkerung enger. Das Kommando lautet: Volle Kraft voraus. Wir rollen die Machtverhältnisse neu auf."

Wenn alles nach Plan gehe, adressiert der FPÖ-Chef Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, werde Oberösterreich bei der Landtagswahl 2027 blau werden.

Herbert Kickl mit 96,94 Prozent als FPÖ-Parteichef bestätigt

Mario Kunasek sei der Beweis dafür, dass der erste Platz möglich sei. Damit sei Kunasek in die historischen Fußstapfen von Jörg Haider (Kärntner Landeshauptmann 1989-1991/1999-2008) getreten. Das sei auch bei anderen Landeschefs möglich - auch im Burgenland, wo man Hans Peter Doskozil auf das "sozialistische Babler-Niveau" bringen könne. Selbiges gelte für Kärnten. "Und wenn ihr wollt, dann helfe ich euch dabei", spielt Kickl mit Gerücht, er könnte in sein Heimatbundesland wechseln.

Auf Bundesebene plädiert Kickl dafür, eine Energiepreisbremse wiedereinzuführen, damit "niemand im Winter frieren muss". Zudem müsste in die Preise eingegriffen werden - in Form eines Mietpreisdeckels und einer Wohnbauoffensive. 

"Außenpolitische Geisterfahrt"

Zudem gelte es die "außenpolitische Geisterfahrt" der Dreierkoalition zu stoppen. "Wenn etwas denkt wie die NATO, wenn etwas handelt wie die NATO, dann ist es der Sache nach NATO. Und das ist das Gegenteil von Neutralität."

Österreich werde "deindustrialisiert. Wir sind weg vom Fenster vom Industriestandort. Made in Austria ist kein Gütesiegel mehr, sondern ein Kostensiegel."

Herbert Kickl mit 96,94 Prozent als FPÖ-Parteichef bestätigt

Kickl zitiert, kritisiert und und interpretiert die Regierungsarbeit in einem fort und über Minuten. Weniger mit Migration wie früher, sondern einem Potpourri der vergangenen Monate. Die ÖVP-SPÖ-Neos-Koalition werde das Defizit nicht tilgen können, sondern "Steuern auf Grund und Boden und Vermögenssteuern" einführen.

Die FPÖ sei gefordert, "gordische Knoten durchzuschlagen", verweist Kickl auf  Alexander den Großen - nicht ohne dabei erneut Kritik an den anwesenden Medien zu üben. Er wisse schon, was morgen geschrieben werde. 

"Gordischer Knoten": "Remigration" & "Klimakommunismus"

Der gordische Knoten dient dann als Metapher für die Themen, für die die FPÖ künftig einstehen will. 

Der gordische Knoten beim Asyl werde durchschlagen. Schlagworte wie "Asylstopp", "Remigration", "Bevölkerungsaustausch" fallen im Sekundentakt. Dann geht es um den Knoten beim "Klimakommunismus", bei der NATO. Es gehe um "österreichische Interessen und keine linke Scheinmoral", so der FPÖ-Chef. Österreich dürfe sich nicht einmischen bei den geopolitischen Konflikten und Kriegen. 

"Kettenhandschuh statt Glacéhandschuh"

"Sich herauszuhalten, ist eine Kunst", die die Dreierkoalition nicht beherrsche. Zudem gelte es den Kampf gegen den politischen Islam zu führen. Die Werte des Westens müssten am Wiener Reumann-Platz oder in Villach verteidigt werden. "Den Glace-Handschuh ausziehen und den Kettenhandschuh anziehen", sagt Kickl unter Applaus. 

Man müsse zu einem System kommen, in dem Kinder als Geschenk gelten und nicht als Störfaktor gesehen werden. Nach über einer Stunde wirft Kickl "den Linken" vor, sie hätten seit 1968 das Bildungssystem geschädigt. Österreich brauche "Grundbausteine einer Dritten Republik. Stark und frei soll sie sein. Das genaue Gegenmodell zu dieser Regierung."

Gen Ende seiner 90-minütigen Rede bittet der FPÖ-Chef sich einen Satz zu merken "Du kannst so viel mehr als du denkst" und spricht in die Kamera zu seiner "Familie zu Hause: Ich liebe euch."

Kickl schließt wie an Parteitagen gewohnt mit den Worten: "Glück auf". Die Anwesenden auf der Bühne und im Saal quittieren selbiges mit anhaltendem Applaus ehe es nach Berichten der Partei um Kickls Wahl an der Spitze der Partei gehen wird. 

"Ein Herbert Kickl lässt nicht kaufen", ruft hernach Michael Schnedlitz, um die Funktionäre auf Kickls Wahl einzustimmen. Harald Vilimsky lobt seine einst junge Praktikantin Svazek, die zum Schluss festhält auch Generalsekretärin gewesen zu sein. 

Vor zehn Jahren sei es keine leichte Wahl gewesen, Svazek zur FPÖ-Chefin in Salzburg zu machen, sagt Svazek über sich selbst. "Herbert gibt immer eine Richtung vor. Wir vertrauen dir." Und Svzaek vertraue darauf, dass das Votum 100 Prozent werde. Es werden 96,94 Prozent und statt Englisch wird bei einem "Show-Act" in Dirndln Deutsch gesungen. Andreas Gabaliers "Volks-Rock'n'Roller".

Kommentare