FPÖ-Landeshauptmann Kunasek: "Herbert Kickl hat jetzt eine große Aufgabe"

KURIER: Die Steiermark muss wie der Bund mit einem Milliardendefizit regieren. Was wird Ihre größte Herausforderung?
Mario Kunasek: Mit Sicherheit, das Budget 2026 so zu erstellen, dass es für alle ertragbar und gut ist.
Die Entwicklung mussten wir in den letzten Jahren leider in Österreich wie Europa beobachten. Es wird in diesen Bereichen mit Sicherheit zu einer Transformation in Richtung Luftfahrt und Schiene kommen. Wir werden in der Steiermark aber alles daransetzen, industrie- und unternehmerfreundlich zu bleiben.

Die US-Zollpolitik muss die Steiermark mehr treffen als andere Bundesländer!
Wie in deutschen Bundesländern kommen auch wir in der Steiermark mit unseren Autozulieferern gehörig unter Druck. Es ist eine besondere Zeit, aber umso mehr gilt es, sich zu bemühen. Wir versuchen im Rahmen unserer landespolitischen Möglichkeiten wirklich alles, aber es gibt auch bundespolitische Kompetenzen und europäische.

Mit 98,14 % wurde Kunasek im Juni 2025 als Landespartei-Chef bestätigt
Was können Sie auf landespolitischer Ebene überhaupt ausrichten?
Wir wissen, dass Verfahren lange dauern und Unternehmer behindern, deshalb wollen wir Verfahren aller Art beschleunigen. Das erste Deregulierungsgesetz liegt bereits jetzt am Tisch, das nächste, weit breitere Paket kommt nächstes Jahr.
Um wie viel schneller wird es gehen?
Es wäre unseriös zu sagen, wir werden um 30 Prozent schneller. Aber wir trachten danach, das System zu entrümpeln. Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Wir hatten einen politisch besetzten Raumordnungsbeirat, den es jetzt nicht mehr gibt. Das alleine ist schon eine Beschleunigung des Verfahrens und zeigt: Die Politik muss nicht überall dabei sein. Was über Jahrzehnte gewachsen ist, das wird allerdings nicht in wenigen Monaten zu entflechten sein.
Deregulierungsstaatssekretär Sepp Schellhorn warf Ihnen mangelnden Reformeifer vor, woraufhin Sie ihm unterstellten, im Autokatalog zu blättern statt zu arbeiten …
Schellhorn hat uns quasi durch die Blume ausgerichtet, wir seien Reformverweigerer und das ist schlichtweg falsch. Wir haben bewiesen, dass es uns wirklich ein Anliegen ist, denn wir leben nicht den klassischen Polit-Sprech „Wir haben fünf Jahre Zeit“, sondern wir packen es an.
Sie fühlen sich von Schellhorn missverstanden?
Nein, nicht missverstanden. Er soll sich einfach die Arbeit in den Ländern anschauen, eine einfache Google-Recherche hätte wahrscheinlich gereicht. Wir sind zu Jahresbeginn gestartet und jetzt im parlamentarischen Gesetzwerdungsprozess, seine Ergebnisse lassen noch auf sich warten.
Apropos Länder. Sie sind Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, der einzige FPÖ-Landeshauptmann und werden deshalb oft mit dem ersten blauen Landeshauptmann Jörg Haider verglichen. Ist das eine Bürde?
Die Vergleiche werden weniger und ganz abgesehen davon: Jörg Haider war eine ganz andere Persönlichkeit zu einer ganz anderen Zeit. Ich wurde auch einmal gefragt, ob ich mich als Landesvater begreifen würde. Nein! Das war vielleicht noch zu Krainers-Zeiten so, aber auch die Rolle der Landeshauptleute hat sich verändert. Ich bin der zweite blaue Landeshauptmann und hoffentlich nicht der letzte. Ich sehe es also nicht als Bürde, sondern als Motivation. Ich versuche nur der Erwartungshaltung von 35 Prozent der Wähler gerecht zu werden.

VORSITZÜBERGABE DER LANDESHAUPTLEUTEKONFERENZ AN DIE STEIERMARK: HASLAUER / KUNASEK
Verbinden Sie etwas mit Haider?
Ich habe Jörg Haider nie kennengelernt, denn ich bin in die Partei gekommen, da war er mehr oder weniger beim Absprung zum BZÖ. Das Einzige, was ich sagen kann: Haider muss eine außergewöhnliche Persönlichkeit gewesen sein, sonst würden wir heute nicht immer noch über ihn sprechen, wäre er in Kärnten nicht noch immer omnipräsent.
Was halten Sie von dem Gerücht, dass Herbert Kickl in Haiders Fußstapfen tritt und in Kärnten kandidieren wird?
Nichts darf undenkbar sein in der Politik, aber Herbert Kickl hat jetzt eine große Aufgabe als Chef der stärksten Partei im Parlament. In der Politik heißt es immer, sag niemals nie. Ich dachte vor einigen Jahren nicht, dass ich Verteidigungsminister sein könnte, wir uns nach Ibiza wieder erfangen und schon gar nicht, dass ich Landeshauptmann der Steiermark werden könnte.

Steiermark-Wahlkampf: FPÖ-Chef Herbert Kickl und Steiermarks FPÖ-Chef Mario Kunasek
Es war nie Ihr Plan, Landeshauptmann zu werden?
In meiner ursprünglichen Lebensplanung gab es das sicher nicht. Irgendwann realisiert man, dass die Chancen größer werden. Aber nur, weil man als Erster aus einer Wahl geht, heißt das nicht, dass man regiert. Ich sage den jungen Menschen immer: Macht Eure Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen und der Rest ergibt sich von selbst.
Sind Sie der geschicktere Verhandler als Kickl, denn im Gegensatz zu ihm regieren Sie?
Jedes Urteil wäre vermessen, denn ich bin in keiner Minute der Verhandlungen im Bund dabei gewesen. Wir sind beide als Sieger aus der Wahl hervorgegangen. Bei der ÖVP und der SPÖ in der Steiermark gab es echtes Interesse an einer Regierungszusammenarbeit, ob das im Bund auch so war, das müssen Sie andere fragen. In der Landespolitik gibt es jedenfalls einen anderen Umgangston, den steirischen Weg eben.
Der Nicht-Bau des Leitspitals in Liezen ist Teil Ihres Wahlerfolgs. Bleiben Sie dabei, alle Krankenhäuser aufrechterhalten zu wollen, obwohl Experten sagen, dass das die teurere Lösung wird?
Bereits jetzt nimmt Salzburg manchmal keine steirischen Patienten.

Klausur der steirischen Regierung: Manuela Khom (ÖVP) und Mario Kunasek (FPÖ)

LANDESHAUPTLEUTEKONFERENZ IN LEOGANG
Die Flughafenhaltestelle in Graz-Thalerhof kommt nicht. Wie sehr schmerzt das?
Verkehrslandesrätin Claudia Holzer hat bereits sehr gute Gespräche mit SPÖ-Infrastrukturminister Peter Hanke geführt, denn es geht in der Steiermark ja über alle politischen Grenzen hinweg nicht nur um den Koralmtunnel, sondern auch um den Ausbau der A9 und den Cargo-Bereich, den Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene. Wie wichtig die Region ist, zeigen die Besuche des Kanzlers und Wirtschaftsministers bei uns. Das sind alles Gespräche auf Augenhöhe.
Mit welchen Landeshauptleuten haben Sie eine besonders gute Gesprächsbasis?
Wenn es um das Inhaltliche geht, so geben Sie mir bitte noch ein paar Monate Zeit, dann kann ich das besser beurteilen. Ich war bei der LH-Konferenz zwei Mal dabei: Einmal als Verteidigungsminister, einmal als Landeschef. Das Reformpapier, das wir jetzt verabschiedet haben, ist ein großer Schritt. Beim informellen Abendessen hatte ich mit allen Landeschefs ein persönlich gutes, wertschätzendes Einvernehmen. Salzburgs Landeshauptfrau Karoline Edtstadler kenne ich noch aus der gemeinsamen Regierungszeit, denn wir saßen uns am Ministerratstisch gegenüber. Wenn man so lange in der Politik ist, dann kennt man einander. Hans Peter Doskozil hat mir damals das Ministeramt übergeben.

Innenminister Gerhard Karner, Kanzler Christian Stocker, Landeshauptmann Mario Kunasek, Bildungsminister Christoph Wiederkehr
Wenn man Ihnen zuhört, gewinnt man den Eindruck, Sie wollen ein Verbinder sein.
Verbinder wäre zu kurz gedacht. Wenn Du in der Politik etwas weiterbringen willst, dann brauchst Du Verbündete. Beginnend beim Koalitionspartner und darüber hinaus. Wer die Steiermark kennt, der weiß: Wir haben auch einstimmige Beschlüsse im Landtag.
Die Wiener FPÖ hat sich einen umstrittenen Verbündeten gesucht, die AfD. Suchen Sie zur AfD auch Kontakt?
Meine Kontakte zur AfD sind überschaubar, ich habe vor zwei oder drei Jahren Jörg Urban, den Vorsitzenden der AfD in Sachsen getroffen. Auf europäischer Ebene braucht man Verbündete mit Parteien anderer Länder, aus steirischer Sicht sehe ich keine Notwendigkeit zu Kooperationen mit anderen Parteien. Inhaltlicher Austausch ist immer möglich. Wenn mich die SPD anrufen würde, um sich mit uns auszutauschen, dann würde ich auch ja sagen.

Beim Formel 1 GP von Österreich in Spielfeld
Sie haben das "Dachsteinlied“, in dem ein Teil Sloweniens als Heimat besungen wird, ins Landessymbolegesetz aufgenommen, Slowenien hat Protest eingelegt. Wie oft hat Sloweniens Botschafter schon bei Ihnen angerufen?
Wir haben mit dem Landessymbolegesetz nur eine Lücke geschlossen. Der Botschafter hat leider nie angerufen. Und ich hatte Botschafter-Termine mit anderen Ländern im zweistelligen Bereich – von China über Deutschland bis Kroatien. Mit dem slowenischen Honorarkonsul haben wir allerdings bestes Einvernehmen, was die wirtschaftlichen Beziehungen betrifft. Das ist besonders wichtig, weil wir als Region immer mehr zusammenwachsen.

Bis 2030 soll in Graz-Puntigam eine Moschee errichtet werden. Sie haben sich dezidiert gegen den Bau und ein Minarett ausgesprochen.
Wir werden nur versuchen, dem Anrainerwunsch zu entsprechen. Ich bin der Letzte, der Gebets- oder Religionsausübungen beschränken möchte, denn auch die IGGÖ war schon bei mir wie die Vertreter aller anderen Religionen. Es war und wird aber immer freiheitliche Linie bleiben: Wir wollen keine Minarette.
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