FPÖ-Kampagne: Warum Strache zum Scheidungshelfer wurde

screenshot
Die Internet-Spots der FPÖ wirken sympathisch wie nie zuvor. Ihr Ziel: der Mittelstand.

Es beginnt mit Gestammel. "Ich...wir...Du...also...wir", stottert die junge Frau, während ihr Freund am anderen Ende des Restaurant-Tisches kaut und zuhört.

Es ist offensichtlich, dass sie ihm etwas sagen, etwas schonend beibringen will, allein: Sie schafft es nicht. Das ist der Moment, in dem Heinz-Christian Strache auf den Plan tritt. "Sie möchte endlich mit dir schlussmachen", sagt der FPÖ-Chef. – Und er wird es in dem eineinhalbminütigen Spot immer wieder tun, also: Für andere sprechen.

"Ich sage es für euch", heißt folgerichtig Spot, der seit Donnerstag im Netz kursiert. Und bemerkenswert an ihm ist nicht nur die Reichweite – allein auf youtube wurde der Kurz-Film binnen 24 Stunden mehr als eine halbe Million Mal aufgerufen.

Neue Ästhetik

Auffällig ist zudem, dass der Spot eine neue Ästhetik propagiert. Eine, die kürzlich auch bei den ersten Folgen der im Netz nicht minder erfolgreichen "Hubers" zu beobachten war, sprich: Auf allzu offensive oder ausschließlich Angst machende Sujets wird eher verzichtet; stattdessen bemühen sich die FPÖ-Werber bei Sprache, Hintergrund-Musik und Darstellern um ein weitgehend sympathisches Gesamtbild – und versuchen stellenweise sogar Witz und Ironie einzustreuen.

"Wir haben uns als Partei weiterentwickelt. Wir wollen breiter werden, die Mittelschicht ansprechen. Und genau das spiegeln die neuen Spots wieder", sagt ein FPÖ-Stratege zum KURIER.

Die Botschaften sind geblieben. Allerdings werden sie jetzt nicht brachial, sondern subtiler transportiert.

Hinzu kommt, dass der Wahlkampf im Internet eigenen Gesetze folgt: Um ein politisches Video viral werden zu lassen, also massenhaft zu verbreiten, genügt es nicht, politische Inhalte professionell aufzubereiten. "Die Menschen teilen nur Videos, die sie selbst unterhaltsam oder witzig finden", sagt der blaue Stratege. "Und genau das schaffen wir mit den Huber-Spots ganz gut."

Markiert der neue Stil im freiheitlichen Wahlkampf eine Trendwende? Kann sie damit – noch – mehr Wähler ansprechen?

Kulturwissenschafter Walter Ötsch wagt diesbezüglich keine Prognose. Eines ist für den jahrzehntelangen Beobachter der FPÖ ("Haider light") aber klar: die Blauen geben sich sanfter. "Im Vergleich zu früheren Wahlkampf-Hilfen wie den in Wien eingesetzten Anti-Türken-Comics sind die Internet-Spots optisch freundlicher", sagt Ötsch zum KURIER.

Blauer Heilsbringer

Im Kern propagiere die FPÖ freilich weiterhin eine "populistisch-autoritäre Politik".

Aber wie kann man das argumentieren? Immerhin gibt sich Strache nun als der hilfsbereite Gute, der den Sprachlosen eine Stimme verleiht.

Ötsch antwortet so: "Der ,Ich sage es für euch’-Spot zeigt Menschen bei der Partnersuche, beim Heiraten und im Angesicht des Todes – also in den wichtigsten Phasen des Lebens."

In derart existenziellen Situationen würde eine verantwortungsvolle Politik an Mut und Eigenverantwortung des Einzelnen appellieren – aber eben das tue Strache nicht. "Anstatt zu sagen: ,Ihr müsst euch zusammenraufen und ich bzw. die Politik können euch helfen’, spricht Strache für die Betroffenen. Er macht sie zu Unmündigen und trifft für sie eine Entscheidung. Im Grundverständnis ist das eine autoritäre Stellvertreterpolitik."

FPÖ-Kampagne: Warum Strache zum Scheidungshelfer wurde
screenshot

Kommentare