Mensdorff: Millionen an "Taschengeld" verteilt

APA10695172 - 18122012 - WIEN - ÖSTERREICH: Alfons Mensdorff-Pouilly am Dienstag, 18. Dezember 2012, vor Beginn des zweiten Prozesstages im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts. Die Staatsanwaltschaft wirft Mensdorff-Pouilly u.a. Geldwäsche im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften vor. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
Der Lobbyist fragte angeblich nie nach, wofür er Millionen Euro Bargeld ausgab – und will beim Eurofighter-Deal bloß eine „Mücke“ gewesen sein.

Die Landegebühr. Alfons Mensdorff-Pouilly mag vieles vergessen haben. Die Namen von britischen Konzern-Managern und Briefkastenfirmen, all das bringt er durcheinander, oder er kann sich einfach nicht erinnern.

Aber die Landegebühr, die er vor vielen Jahren zu bezahlen hatte, als die private Boeing 737 seines Freundes Timothy Landon in Schwechat aufsetzte, an die erinnert er sich als wäre der Superreiche erst gestern da gewesen: „68.000 Schilling.“

Man stelle sich das vor, für nur eine Landung – und für Landon trotzdem nicht mehr als ein Trinkgeld.

Mensdorff: Millionen an "Taschengeld" verteilt
APA10695796 - 18122012 - WIEN - ÖSTERREICH: Staatsanwalt Michael Radasztics am Dienstag, 18. Dezember 2012, vor Beginn des zweiten Prozesstages im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts. Die Staatsanwaltschaft wirft Mensdorff-Pouilly u.a. Geldwäsche im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften vor. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
Es ist der zweite Tag im Geldwäsche-Prozess gegen den Berater, selbst ernannten Vermögensverwalter und Bauern Alfons Mensdorff-Pouilly. Und heute will Richter Stefan Apostol Genaueres zu den 12,6 Millionen Euro wissen, die der Angeklagte über ein Netz aus Briefkastenfirmen für den Rüstungskonzern British Aerospace (BAE) als Schmiergeld verteilt haben soll. Bestechung?

„Ich stehe nicht an zu sagen, dass über Bestechung gesprochen wurde.“ Er habe aber immer gesagt, „das brauchen wir nicht“ – und sich so in der Branche nicht nur Freunde gemacht.

Der reiche Ex-Agent

Freunde, ein gutes Stichwort. Ohne Unterlass war gestern von einem solchen die Rede: Tim Landon nämlich.

Zur Erinnerung: Als Agent half der Brite in den 70ern dem Sultan im Oman an die Macht. Er wurde belohnt, machte Millionen, heiratete eine Mensdorff-Cousine – und sorgte später dafür, dass Mensdorff mit BAE ins Geschäft kam.

Offiziell hat Mensdorff-Pouilly die britische Waffenschmiede und ihre Manager nur beraten – vorzugsweise mündlich; und die Anekdote mit der Landegebühr sollte eines zeigen: Tim Landon war so reich, dass er problemlos mit ein paar Millionen jonglieren konnte. Zum Spaß.

Das ist insofern von Belang, als Mensdorff vieles zu erklären hat: Warum flossen mutmaßliche BAE-Millionen über offshore-Firmen an eine Briefkastenfirma namens „Brodman“? Warum erzählen Vertraute von Landon, Mensdorff-Pouilly sei der Chef von Brodman? Und warum wurden von Brodman-Konten Millionenbeträge in bar abgehoben und verteilt – wenn doch alles mit rechten Dingen zuging?

Die Geschichte, die der 59-jährige Jagd-Experte erzählt, ist nicht annähernd so kompliziert wie das Geflecht all der Briefkastenfirmen.

„Ich wäre zu blöd gewesen, das alles zu durchschauen“, sagt der Angeklagte über die Firmen. Er habe bloß Landons „Taschengeld verteilt“. Brodman habe Landon gehört und er, Mensdorff, habe mit den geparkten Millionen nur gemacht, was ihm aufgetragen wurde – ohne Nachfrage, ohne Widerrede, „es war ja Tims Geld“.

4,6 Millionen in bar

Warum die Geheimniskrämerei? Angeblich, so erzählt der selbst ernannte Treuhänder, wollte Landon nicht, dass seine Mitarbeiter wissen, wofür er Geld ausgibt: „Tim wollte eine Firewall, alle Spuren verwischen.“ Und so sei es nur logisch, dass die „Investments“ nicht – wie üblich – per Überweisung, sondern allesamt in bar erledigt wurden.

Mensdorff: Millionen an "Taschengeld" verteilt
APA10695930 - 18122012 - WIEN - ÖSTERREICH: Richter Stefan Apostol am Dienstag, 18. Dezember 2012, vor Beginn des zweiten Prozesstages im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts. Die Staatsanwaltschaft wirft Mensdorff-Pouilly u.a. Geldwäsche im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften vor. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
Hier kommt der mit angeklagte Mitarbeiter Mensdorffs, Kurt D., ins Spiel: Er musste zumindest eine dreiviertel Million Euro bar von Konten beheben und in Bündeln zu Mensdorff ins Büro schaffen. Dann wurde ausbezahlt: Ein gewisser Wolfgang Hamsa soll sich 4,6 Millionen Euro Bargeld abgeholt haben, nachdem Landon dies anwies; weitere 6,4 Millionen Euro soll ein Herr Schmid für ein Funk-Projekt namens „Blue Planet“ bekommen haben (Mensdorff-Pouilly: „Pilot und Tower hätten sich unterhalten können, jeder in der jeweiligen Landessprache“). Und auch ein russischer Parlamentarier soll zwei Mal vorbeigeschneit sein.

„Wie kann man sich das vorstellen? Da kommt jemand zu Ihnen ins Büro, sagt ich bekomme soundsoviel Geld – und sie drücken ihm das in die Hand?“, fragt Richter Apostol. „Ich dachte mir, das ist seriös. Ein russischer Abgeordneter will eine Bank gründen, und Tim sich daran beteiligen“, antwortet Mensdorff, wobei: Das ging ihn nichts an, „es war Tims Geld“.

Eurofighter

Und dann streift der Richter den Eurofighter: Wie könne es sein, dass Mensdorffs Firma MPA BAE mitteilt, dank des Drucks von MPA habe die Ausschreibung für den Jetdeal wiederholt werden müssen? Mensdorff bemüht das Tierreich „Wenn hier (im Gerichtssaal) jemand glaubt, die MPA könne Druck ausüben, dann ist das wie wenn eine Mücke einen Elefanten erdrücken kann.“ Und was ist mit den Hausdurchsuchungen? Mit den gefundenen Dokumenten, in denen von „aggressiven Zahlungen von Erfolgsprämien an wichtige Entscheidungsträger“ die Rede ist? „Das hat mich selbst überrascht“, sagt der Angeklagte. Fortsetzung heute.

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