ÖVP will Obergrenze halbieren: "Harsch, aber notwendig"

Reinhold Mitterlehner
Dieses Jahr beläuft sich die Flüchtlingsobergrenze auf 35.000, soll jedoch auf 17.000 halbiert werden, erklärte Vizekanzler und Parteiobmann Reinhold Mitterlehner.

Die ÖVP will die Obergrenze bei der Zahl für Asylanträge halbieren. Heuer belaufe sich diese auf 35.000, soll jedoch auf 17.000 halbiert werden, erklärte Vizekanzler und Parteiobmann Reinhold Mitterlehner bei der Pressekonferenz nach der Regierungsteamklausur in Pöllauberg.

Thema der Teamklausur war unter anderem Sicherheit und Integration. Aus Sicht der ÖVP sei die Zahl von 17.000 "wesentlich mehr als der Schnitt" in den vergangenen 15 Jahren sowie "das, was wir im Rahmen der Integration vertragen können", so Mitterlehner. Er räumte allerdings ein, dass es sich um eine "harsche" Ansage handelt. Sie sei als "Signal an die Bevölkerung" zu sehen, so der Vizekanzler, der sich eine europaweite Diskussion dazu erwartet.

Sei als "Metapher" zu sehen

Die Halbierung der Obergrenze sei nötig, ob sich die Zahl dann auf 17.000 oder 17.500 beläuft, sei nicht entscheidend. Wichtig hingegen sei, dass die Hälfte der derzeitigen Zahl von 35.000 für das Jahr 2017 Ausgangspunkt für die Diskussion sei. Auch sei sie als "Metapher" dafür zu sehen, dass es eine Integrationsnotwendigkeit gebe und das gesellschaftliche Miteinander durch zu hohe Flüchtlingszahlen aus Sicht der ÖVP zu stark belastet wird. Die Bevölkerung sei verunsichert, daher müsse man reagieren, so Mitterlehner. Die Größenordnung von 17.000 sei auch im Vergleich mit der Solidarität in Europa entstanden.

Damit konfrontiert, dass die Zahl aufgrund der Altfälle aus dem Vorjahr wohl innerhalb kurzer Zeit erreicht und damit die Grenzen dicht werden, meinte der Vizekanzler, es brauche jetzt eine Diskussion und diese soll auf europäischer Ebene geführt werden. Wie bereits beim Schließen der Balkan-Route erwartet Mitterlehner einen Dominoeffekt in Europa. Rückführungen und Abschiebungen der einmal Eingereisten seien schwierig, auch befinde sich jemand an der Grenze nicht in einem "Notfall", sondern bereits in einem anderen sicheren Staat. Mitterlehner verwies auch auf die Überlegungen für "Zwischenlager". Es gehe nun im ersten Schritt jedenfalls darum: "Diese Botschaft wollen wir dem Land und dem Koalitionspartner geben."

Umsetzung hängt vom europäischen Prozess ab

"Ich weiß, das ist eine durchaus harsche Ansage, aber eine notwendige", räumte der ÖVP-Chef ein und begründete die Reduzierung damit, dass die Verträglichkeit des Gesamtsystems mit den hohen Zahlen "auf Dauer überschritten" werde. Die Quote von 17.000 werde auch für die nächsten Jahre gelten müssen. Grundsätzlich brauche es hier eine Evaluierung, da sich das Thema dynamisch entwickelt. Auch ist sich Mitterlehner bewusst, dass es sich jetzt um ein "politisches Signal" handelt. Die rechtliche Umsetzung hänge auch vom europäischen Prozess ab.

Mit SPÖ-Chef Christian Kern habe er die neue Forderung noch nicht besprochen, erklärte Mitterlehner auf Nachfrage. Er meinte jedoch, dass die Obergrenze bereits bei der Übergabe des Landeshauptleute-Vorsitzes Thema gewesen sei und somit nicht so neu. In der heutigen Sitzung der ÖVP-Regierungsmitglieder habe man jedoch Schwerpunkte formuliert und alle seien der Ansicht gewesen, dass es hier diese Positionierung braucht.

Klubchef Reinhold Lopatka sah die Forderung ebenfalls notwendig und begründete sie mit einer Umfrage im Vorfeld der Klausur. Demnach haben die Sorgen der Bevölkerung um die Sicherheit zugenommen. Ein weiterer Flüchtlingszustrom sei nicht zu bewältigen und darauf gebe man "klare Antworten", so Lopatka bei der Pressekonferenz.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler reagiert zurückhaltend auf den ÖVP-Vorschlag, die Flüchtlingsobergrenze für 2017 auf rund 17.000 Personen zu halbieren. "Das Zusammenleben in Österreich muss funktionieren. Dazu bedarf es aber konkreter Maßnahmen und braucht es keine Zahlenspielereien, die nur Schlagzeilen produzieren sollen", so Niedermühlbichler am Mittwoch in einer Aussendung.

Die SPÖ trete dafür ein, Zuwanderung auf ein bewältigbares Maß zu begrenzen. Positiver reagierte der SPÖ-Politiker auf die wirtschaftspolitischen Vorschläge der ÖVP. "Arbeit und Wirtschaft stehen auch bei uns ganz oben auf der Agenda. Wir wollen Investitionen ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen. Es ist erfreulich, wenn auch die ÖVP in diesen Bereichen mit uns an einem Strang ziehen will", meinte Niedermühlbichler.

Kritik gab es von FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. "Die Kopiermaschine wird angeworfen und Teil-Abschriften freiheitlicher Forderungen, die die ÖVP im Nationalrat gemeinsam mit der SPÖ regelmäßig niederstimmt, werden in mediale Sprechblasen verpackt", meinte dieser in Richtung von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Kickl sprach sich in der Flüchtlingsfrage für eine "Null-Obergrenze" aus.

Die NEOS kritisierten unterdessen wirtschaftspolitische Vorschläge der ÖVP wie die Förderung der Arbeitskräftemobilität. "Die Mobilität von Arbeitskräften wird seit mehreren Jahren durch das AMS im Rahmen der Entfernungsbeihilfe gefördert. Die ÖVP will sich innovativ geben und versucht bereits Vorhandenes als Neuerung zu verkaufen", so NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. Das Vorhaben einer Mobilitätsprämie führe nur zu weiterer Bürokratisierung. Die ÖVP sollte vielmehr den Mut aufbringen, die Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose anzugehen, so Loacker. Die NEOS fordern der Erhöhung der täglich zumutbaren Wegzeit von zwei auf drei Stunden.

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