Obergrenze: Offener Streit in Koalition

Wolfgang Sobotka
Innenminister Sobotka will Obergrenze im Asylgesetz festschreiben. Drozda wirft Sobotka "mangelnde Professionalität" vor.

SPÖ und ÖVP steuern in der Frage des Asylrechts auf einen neuen Konflikt zu. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) forderte am Mittwoch die Obergrenze für Asylanträge im Asylgesetz festzuschreiben und machte neuerlich Druck für sein Fremdenrechtspaket. Vom für Verfassungsfragen zuständigen Minister Thomas Drozda (SPÖ) kam umgehend ein Nein.

Sobotka übte im Ö1-Morgenjournal Kritik an der Blockadepolitik der SPÖ in Sachen Fremdenrecht. Der Innenminister will die Obergrenze im Asylgesetz festschreiben, verknüpft mit der Forderung, dass Asylverfahren ab Erreichen der Obergrenze von 37.500 im Jahr 2016 bzw. 35.000 im Jahr 2017 ins folgende Jahr geschoben werden sollen. Für die entsprechende Novelle sieht das Innenministerium eine Verfassungsbestimmung vor.

"Aufhören, Sand in die Augen zu streuen"

"Man muss einmal aufhören, den Leuten Sand in die Augen zu streuen", sagte Sobotka. Der Minister mahnte eine ehrliche Sicherheitspolitik ein. "Dann muss man dazu stehen, was man beschlossen hat." Oder man "verteilt homöopathische Tropferln". Die Politik der SPÖ verhindere zudem, dass die Polizei freie Hand bekomme, um illegal aufhältige Personen festzunehmen und abzuschieben.

In der SPÖ reagierte man auf die Vorwürfe pikiert. "Ich finde das im Stil befremdlich", sagte der für Verfassungsfragen zuständige Minister Drozda im Mittagsjournal. Drozda wies den Vorwurf der Unehrlichkeit strikt zurück. "Die Frage ist ja nicht das Festschreiben der Obergrenze, sondern die Frage ist, wie man zu praktikablen Lösungen kommt." Der Vorschlag Sobotkas sei aus verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Gründen nämlich gar nicht möglich. "Das wird mit der SPÖ unter keinen Umständen kommen."

"Mangelnde Professionalität"

Und Drozda teilte in Richtung Sobotka aus und warf dem Innenminister "mangelnde Professionalität" vor. Es sei besser weitere Gespräche über die Sonderverordnung zu führen, als über "unpraktikable und verfassungswidrige Vorschläge", so Drozda. "Die Obergrenze steht überhaupt nicht in Frage. Wir bekennen uns dazu. Die wird aber in der Verordnung geregelt und nicht im Asylgesetz."

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil verwies auf APA-Anfrage als für Sobotka zuständiger "Spiegelminister" auf die nächste Verhandlungsrunde in der kommenden Woche. "Die Gespräche laufen, das Paket beinhaltet viele Punkte, und wir werden mit Sicherheit zu einer gemeinsamen Lösung kommen." Einzelne Inhalte wollte der Verteidigungsminister am Mittwoch nicht kommentieren.

Unterschiedliche Rechtsauffassungen

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler meinte am Mittwochnachmittag, die Position Sobotkas sei nicht verfassungskonform; der Ressortchef selbst konterte mit einer Expertise des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer.

Sobotkas Forderung würde nicht nur nicht im Einklang mit der Verfassung stehen, sondern sie "widerspricht auch dem Völkerrecht und ist europarechtlich nicht tragbar, das haben Experten schon ausreichend festgestellt", sagte Niedermühlbichler in einer Aussendung. Der Innenminister inszeniere einen "Theaterdonner, anstatt an konkreten, praktikablen und verfassungskonformen Vorschlägen zu arbeiten, wie etwa Rückführungen von Nicht-Asylberechtigten beschleunigt werden können".

Sobotka wies die Vorwürfe umgehend zurück. "Die Bundesregierung hat mit Beschluss festgelegt, dass eine Begrenzung der jährlichen Zulassungen zum Asylverfahren festgesetzt wird. Klar ist, dass ein Ministerratsbeschluss keine ausreichende Rechtsgrundlage für die verfahrensführende Behörde ist", erklärte der Minister in einer Aussendung. Die Behörde könne aber nur auf gesetzlicher Grundlage handeln. "Daher ist es notwendig, die von der Bundesregierung beschlossene Obergrenze in ein Gesetz zu gießen."

Mit Mayer einer Meinung

Sobotka betonte, dass der Verfassungsjurist Heinz Mayer seine Meinung teile: "Eine Verfassungswidrigkeit der mir vorliegenden Bestimmung ist nicht erkennbar. Das Bundesamt kann nicht auf Grundlage eines Beschlusses des Ministerrats handeln, daher ist eine gesetzliche Verankerung notwendig, um die Obergrenze auch dementsprechend durchsetzen zu können", erklärte Mayer laut Innenressort. Sobotka forderte die SPÖ dazu auf, "den gemeinsamen Beschluss in der Bundesregierung ernst zu nehmen und die Umsetzung mitzutragen".

Vonseiten der SPÖ betonte Niedermühlbichler, man sei bereit, "gemeinsam an einer Asylgesetz-Novelle zu arbeiten, die dazu beiträgt, dass die Exekutive notwendigen Spielraum erhält, um Registrierungen leichter durchführen zu können und die Verfahren beschleunigt werden". Es müsse aber "alles auf juristisch einwandfreien Beinen stehen" - und dazu gehöre die Festschreibung eines Richtwerts in dieser Novelle nicht.

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