Flüchtlinge: ÖVP drängt auf Obergrenze

Innenministerin Mikl-Leitner will Obergrenzen "andenken".
So viele Asylwerber wie heuer "auf Dauer nicht stemmbar", sagen die Schwarzen. SPÖ lehnt ein Limit ab.

Rund 75.000 Menschen haben heuer in Österreich bereits um Asyl angesucht, bis Jahresende dürften es bis zu 95.000 sein, schätzt man im Innenministerium.

Auch im kommenden Jahr wird der Zustrom aller Wahrscheinlichkeit nach anhalten: „Wir gehen nicht davon aus, dass die Zahlen zurückgehen werden“, sagt ein Ministeriumssprecher.

Denn eine baldige Lösung des Syrien-Konflikts ist nicht in Sicht. Und die vielfach angekündigten Registrierungszentren an den EU-Außengrenzen fehlen auch noch.

Und so hat die ÖVP eine Diskussion darüber angezettelt, wie viele Flüchtlinge Österreich verkraften kann. Damit schwappt eine Debatte aus Deutschland nach Österreich über.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte gestern vor dem Ministerrat: „Wir werden eine Obergrenze andenken müssen, weil es eine faktische Obergrenze gibt.“

Diskussion nötig

Auch ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner meint: „Wir werden um eine derartige Diskussion nicht herumkommen.“

Noch konkreter wurde Außenminister Sebastian Kurz in der Tiroler Tageszeitung: „Gibt es diese (gesamteuropäische, Anm.) Lösung nicht, werden wir in Österreich Obergrenzen einführen.“

Wo diese liegen soll, wollten die ÖVP-Politiker nicht sagen. Kurz ließ aber durchblicken, dass es künftig weniger als heuer sein müssen („So viele Flüchtlinge wie dieses Jahr sind für Österreich auf Dauer nicht stemmbar“).

Auf KURIER-Anfrage hieß aus dem Ministerium, dass am Mittwoch eine Feldküche in Spielfeld aufgebaut wird und wahrscheinlich schon am späten Nachmittag die ersten warmen Portionen (pro Tag bis zu 3.000) für die Flüchtlinge zubereitet werden. Von einer Blockade will man allerdings nichts wissen. „Wir handeln und prüfen den Bedarf, wenn eine Anforderung aus dem Innenministerium kommt“, hieß es aus dem Ministerium. Dass die ÖVP die Kapazitätenfrage thematisiert, ist wenig verwunderlich. Einerseits will sie damit Druck auf die EU machen, damit es zu einer fairen Verteilung von Flüchtlingen in Europa kommt. Andererseits spricht sie ihrer Klientel damit aus der Seele, wie eine OGM-Umfrage für den KURIER und das ORF-Bürgerforum belegt.

Mehr als zwei Drittel der Wähler meinen, dass 2016 noch mehr Flüchtlinge zu uns kommen werden. Unter den ÖVP-Wählern sind es 74 Prozent (SPÖ-Wähler 52 Prozent). Und die ÖVP-Anhänger wünschen sich eine restriktivere Vorgangsweise – sowohl im Umgang mit Flüchtlingen als auch bei der Terror-Bekämpfung, ergab die OGM-Umfrage.

So sind beispielsweise 70 Prozent der schwarz-affinen Bürger der Ansicht, Flüchtlinge müssten an der Grenze registriert werden (im Schnitt: 68 Prozent).

Dazu passt der Kurs, den Mikl-Leitner aktuell fährt: Sie fordert ja mehr Befugnisse für die Polizei – und plädiert für Hausarrest und Fußfesseln für Dschihadisten.

OGM-Chef Wolfgang Bachmayer analysiert das so: „Die ÖVP tut etwas, damit sie nicht weitere Wähler Richtung FPÖ verliert.“

„Kriminelle einsperren“

Und was tut die SPÖ? Kanzler Werner Faymann missfällt die restriktive Linie merkbar. Man könne nicht einfach Obergrenzen festsetzen, die Flüchtlingsfrage sei „an nationalen Grenzen nicht lösbar“, sondern nur vor Ort und an den EU-Außengrenzen, sagte der SPÖ-Chef. Auch dem Fußfessel- und Hausarrest-Vorschlag (für Terror-Verdächtige) kann er nicht viel abgewinnen. Mikl-Leitner solle einen Vorschlag erarbeiten. Aber: „Uns ist es am liebsten, wenn man Kriminelle einsperrt.“

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