Deutschland: Durch die Hintertür zur Obergrenze

Auf Konfrontation: Merkel und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff
Sachsen-Anhalt definiert Begrenzung im Alleingang – Merkel und Gabriel wollen Kontingente

Bei 12.000 Flüchtlingen ist Schluss. "Mehr geht nicht", sagt Reiner Haseloff, CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Mit diesem Satz hat er der Debatte um die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin nun noch mehr Schwung verliehen: Haseloff fordert nicht nur eine bundesweite Obergrenze, sondern hat für sein Land gleich eine eigene festgelegt.

Deutschland: Durch die Hintertür zur Obergrenze
epa05028748 Participants march during a rally of far-right group Pegida (Patriotic Europeans against the Islamization of the Occident) in Dresden, Germany, 16 November 2015. Germany's xenophobic Pegida movement expects more protesters than usual to attend its weekly rally in the eastern city of Dresden, three days after the Paris terrorist attacks. Pegida - whose name translates to Patriotic Europeans Against the Islamization of the West - has seen its popularity rise and fall since the group began organizing weekly protests in Dresden a year ago under the claim that Germany was being overwhelmed by foreigners. EPA/ARNO BURGI

Die Botschaft ist unmissverständlich. Mit der Festlegung auf 12.000 Personen hat Haseloff deutlich zu verstehen gegeben, dass es jetzt an der Zeit für einen Stopp sei – ziemlich genau so viele Asylwerber hat Sachsen-Anhalt heuer bereits aufgenommen; dies entspricht 0,53 Prozent der Bevölkerung. Die vom Bund vorgegebene Quote ist damit zwar noch nicht erfüllt – Sachsen-Anhalt hat etwa deutlich weniger Menschen aufgenommen als Übererfüller wie Bayern –, Haseloff sitzt aber wie vielen anderen Landeschefs die Konkurrenz von rechts im Nacken. Bundesweit liegt die AfD in Umfragen bereits an dritter Stelle, und Bewegungen wie Pegida haben großen Zulauf – vor allem in den neuen Bundesländern.

Der nächste Kritiker

Nach CSU-Chef Seehofer ist Haseloff nun der nächste Politiker von Rang, der Merkel die Rute ins Fenster stellt. Er hat seine Amtskollegen aufgefordert, es ihm gleichzutun und beim CDU-Bundesparteitag im Dezember jeweils eigene Obergrenzen vorzulegen – so könnte man auf Umwegen eine nationale Obergrenze schaffen. Das wäre das genaue Gegenteil dessen, was Merkel seit Langem propagiert – und würde sie unsanft zu einer Kurskorrektur zwingen.

Im Kanzleramt ist man deshalb darauf bedacht, den Streit so schnell wie möglich beizulegen. Der ungeliebten Obergrenze will man dabei aus dem Weg gehen; nicht nur, weil sie nicht in Konzept passt, sondern auch weil juristisch nicht klar ist, ob eine solche Limitierung nicht das Grundrecht auf Asyl infrage stellen würde. Merkel und ihr SPD-Koalitionspartner Gabriel setzen deshalb auf Kontingente für Bürgerkriegs-Flüchtlinge: So könnte man eine flexible Begrenzung aussprechen – die Kritiker wären beruhigt, und im Falle einer Überschreitung müssten die Kontingente einfach neu verhandelt werden. Bisher will sich die Koalition jedoch nur auf EU-Kontingente festlegen, nicht auf nationale – möglich ist aber, dass auch diese Einschränkung noch aufgeweicht wird.

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