Viel Kritik gab es an der Überförderung der Unternehmen. Auch die Agenda Austria, der man nicht nachsagen kann, ein Thinktank mit linker Ausrichtung zu sein, meint, wenn geförderte Unternehmen in der Pandemie Gewinne machen, dann zeigt das, dass die Hilfsgelder nicht richtig konzipiert waren. Wird es Rückzahlungsforderungen geben?
Wenn die Hilfen zurecht bezogen wurden, gibt es keinen Grund für eine Rückforderung. Es müssen nur diejenigen die Hilfen zurückzahlen, die Hilfen nicht korrekt bekommen haben. Darauf werden wir ganz genau schauen und prüfen. Über 1200 Unternehmen haben schon freiwillig Geld zurückgezahlt. In einer Pandemie lernt man auch laufend dazu. Beim Umsatzersatz – und um diese Maßnahme geht es bei Kritik meistens – kann man nicht nur einen Monat herauspicken. Da kann es schon in Einzelfällen zu einer Überförderung gekommen sein, aber dafür gab es in anderen Monaten keine. Da muss man den Unternehmen gegenüber fair bleiben. Auch die Wirtschaftsforscher vom WIFO bescheinigen uns, dass es in den allermeisten Fällen zu keiner Überförderung gekommen sein dürfte.
Obwohl 1200 Unternehmen bereits freiwillig zurückgezahlt haben, ist eine Sondersteuer kein Thema für Sie. Das zeigt doch, dass zu salopp gezahlt wurde ....
Davon halte ich wenig, wir haben weit über 150.000 Betriebe unterstützt. Von neuen Steuern halte ich insgesamt wenig, mir geht es um Entlastung. Wir hatten gerade Gespräche mit der OECD und dem Währungsfonds, die uns bestätigen, dass sowohl die Hilfsmaßnahmen als auch die öko-soziale Steuerreform, die kommende Woche beschlossen wird, effizient sind. Die Wachstumsprognose für 2022 liegt in Österreich bei 5,2 Prozent. Da sind wird weit vor unseren Nachbarn Deutschland und Schweiz. Allein die neue öko-soziale Steuerreform wird ein Prozent an Wachstum bringen. Sobald die Krise überwunden ist, werden wir zu einem nachhaltigen Budgetpfad zurückkommen.
Apropos Budgetpfad: Deutschlands neuer Kanzler Olaf Scholz und Italiens Premier Mario Draghi wollen die Maastricht-Kriterien aufweichen. Es gibt Anzeichen, dass auch der niederländische Regierungschef Mark Rutte die Allianz der „sparsamen Vier“ verlässt. Stehen wir vor einer Denkumkehr in Europa?
Das hoffe ich nicht. Aber es hat natürlich einen politischen Wechsel in Europa gegeben. Wir werden uns dafür einsetzen, dass wir beim Stabilitätspakt bleiben. Wenn ich den deutschen Koalitionspakt lese, dann findet man schon Passagen, die in Richtung Stabilitätspakt und stabile Finanzen nach der Krise gehen. Ich werde am Montag zum Ecofin reisen und die Stimmung ausloten. Wenn wir zulassen, dass mehr Schulden gemacht werden, dann heißt das auch, dass mit mehr Schulden Atomkraft unterstützt werden kann. Wer kann das wollen? Das ist ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll.
Sie haben einige Baustellen im Finanzministerium durch die Ära Thomas Schmid geerbt, die der Revisionsbericht zur Inseratenaffäre offengelegt hat. Wie werden Sie im Ministerium nun aufräumen?
Der Revisionsbericht hat enorme Defizite hervorgebracht. Das ist nicht meine Vorstellung, wie man mit Steuergeld umgeht. Der Bericht wurde an die Korruptionsstaatsanwaltschaft geschickt und wenn eine strafrechtliche Relevanz festgestellt wird, werden wir auch Wiedergutmachungsklagen einbringen. Intern wird es eine Strukturreform geben. Aber es braucht auch einen Kulturwandel – da werden wir in Richtung Complianceregeln viel mit den Mitarbeitern arbeiten. Der Vergabeprozess wird neu aufgestellt. Künftig werden wir mit der Bundesbeschaffungsagentur zusammenarbeiten. Einer meiner Vorgänger meinte, dass es Kosten spart, wenn Inserate über Medienagenturen und nicht über die Bundesbeschaffungsagentur gemanagt werden. Kostenersparnis scheint nicht der einzig entscheidende Weg zu sein. Außerdem werden wir das Inseratenvolumen zurückfahren. Wichtig ist aber, dass ein einheitlicher und transparenter Prozess für alle Ministerien geschaffen wird. Diesen Prozess hat die zuständige Medienministerin gerade gestartet.
Kanzler Nehammer hält den Doskozil-Vorschlag, die PCR-Tests kostenpflichtig zu machen, für überlegenswert. Ein Vorschlag, der den Finanzminister freuen müsste, frisst die Teststrategie ja ein Milliardenloch ins Budget ...
Ja, man kann bestimmt darüber diskutieren, aber das muss in eine Gesamtstrategie eingebettet sein. Hier ist nicht das Finanzministerium in erster Linie zuständig. Die Kosten für den Bund betragen bis jetzt rund 2,6 Milliarden Euro. Hier können aber für 2021 vonseiten des Gesundheitsministeriums einige Länderkostenersätze hinzukommen.
Sie sind auch Präsident des Tennisverbandes. Wenn Novak Djokovic tatsächlich trotz Corona-Infektion einen Journalisten und Kinder getroffen hat, müsste ihn die ATP da nicht sperren?
Ich werde mich nicht in die Regeln der ATP einmischen, aber sein Verhalten war unverantwortlich. Ich habe für die australische Bevölkerung Verständnis, die in den letzten zwei Jahren harte Regeln über sich ergehen lassen musste, dass es nun keine Ausnahmeregelung für Djokovic gibt. Das kann es nicht sein, dass ein Vorbild trickst.
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